Nazis fühlen sich in Spremberg wohl

Nazis fühlen sich in Spremberg wohl. Das gilt es zu ändern.

Dieser Artikel erschien am 01.05.2012 auf „www.linksunten.indymedia.org“. Wir wollen ihn hier wiedergeben, weil er unserer Ansicht die Situation recht passend beschreibt, antifaschistischen Widerstand aber unzureichend darstellt. Im Folgenden geben wir unsere Sicht zur aktuellen Lage im Umgang mit Neonazis in Spremberg wieder.

 

„Seit mehreren Jahren sind Nazis in Spremberg

Die rechtsorientierte Szene im brandenburgischen Spremberg radikalisiert sich in den letzten Wochen und Monaten massiv. Besonders die Jungnazis sind nahezu flächendeckend in der Kleinstadt präsent. In den letzten Tagen erklärte die Naziszene das Lokalblatt Lausitzer Rundschau zum Volksfeind und attackierte unentdeckt in zwei Nächten in Folge die Redaktion in direkter Marktplatzumgebung. Ein antifaschistischer Wiederstand hingegen ist wohl seit der Schließung des Piraten e.V. im Sommer 2011 in der Stadt nicht mehr vorhanden – die Nazis haben freie Bahn…

Ob als Lehrlinge, Fussballer des SC-Spremberg, Garagen oder Dauerdemonstranten trifft man die lokalen Nazis wohl auch in den umliegenden Dörfern und Städten. In Spremberg paart sich nach Aussage der verbliebenen lokalen Antifas die bildungsarme gewaltbereite Knüppeltruppe um Problemkind Franz Datzmann und dessen Lakaien Patrick Wolf mit den vermeintlich intellektuellen Ex-Gymnasiasten und Webseitenschreiberlingen des lokalen Nationalen Wiederstands (spremblog.info) um Rene Thomas und Aufkleberverteiler Charly Munitzk. Munitzk, Wolf und Datzmann waren schon beim Fackelmarsch der Spreelichterkampagnen mehrfach aufgefallen.

Im Januar/Februar trafen sich die lokalen Nachwuchsnazis dann auf dem Georgenberg und posierten maskiert vor dem Bismarckturm. (siehe Foto unten) Dieses Foto veröffentlichten die Nazis dann auf der lokalen Webseite spremblog.info (Domain ist gekapert, Inhalte aber auf logr.org/spremberg weiter abrufbar). Nach wenigen Tagen war aber Foto und Post wieder von der Webseite entfernt. Warum ist unklar, zugleich tauchen aber nun Aufkleber und Plakate im gesamten Stadtgebiet auf, auf dem das Gruppenbild zur Illustration verwendet wurde. Wer entsprechende Personen auf dem unten stehenden Foto erkennt sollte bei der Identifizierung helfen. Nachdem die Lausitzer Rundschau von diesem Gruppenfoto der Nazis erfahren haben muss, druckten sie einen kurzen Artikel einer MBT-Veranstaltung dazu. In Folge dessen wurde die Lokalredaktion durch die Nazis zweimal nachts angegriffen und die üblichen deutlichen Drohungen gegen die Redakteure hinterlassen.

 

 

Zur Zeit eskaliert die Lage in Spremberg, insbesondere aus antifaschistischer Ecke ist absolut gar kein Wiederstand mehr zu vernehmen. In den 7 Tagen die ich in Spremberg war, lief mir nicht einer über den Weg der sich gegen die Naziflut stellen könnte. Kein Aufkleber, keine Symbolik – nur noch rechte Freiräume in der ganzen Stadt!!! „

 

 

Naziproblem in Spremberg auch 2012 nicht gelöst.

 

Die aktive Neonaziszene in Spremberg ist in den letzten Jahren massiv gewachsen. Einerseits ist dies am Stadtbild selbst zu sehen, es wimmelt nahezu an jeder Laterne von Naziaufklebern, zum anderen treten die Neonazis selbstbewusster und aggressiver in der Öffentlichkeit auf. Dies zeigt auch der wie der versuchte Angriff auf unsere Demo am 15.01.2011. Spremberg ist zu einem wichtigen Teil der Infrastruktur und Organisation der Neonazis in Südbrandenburg geworden, wie sich im Folgenden zeigen wird.

 

Neonaziangriffe haben in Spremberg eine lange Tradition. Ein Brandanschlag zu Beginn der 90er Jahre im Stadtteil „Schwarze Pumpe“ brannte ein Asylbewerberheim bis auf die Grundmauern nieder. Angriffe auf antifaschistische Menschen und Einrichtungen, die beinahe wöchentlich erfolgten, prägten die Jahre bis 1997. In der Zeit von 1998 bis 2008 konnte durch antifaschistische Intervention und einem breitem bürgerlichem Bündnis ein Rückgang der Übergriffe erreicht werden. Für einige Zeit bestimmten Neonazis nicht mehr den öffentlichen Raum. Im Jahre 2008 wurden der „Bunker 38“, ansässig auf einem ehemaligen Sanitätsfirma, öffentlich gemacht und „Schwarze Pumpe“ rückte erneut in die Medien. Der „Bunker 38“ diente als kulturelles Zentrum und wichtigster Teil der Infrastruktur für örtliche Neonazis. Schwarz-Weiß-Rote Borten und Landser Porträts schmückten die Clubräume der dortigen Sanitätsfirma.

 

Nahezu monatlich fanden ab Mitte des Jahres 2009 Übergriffe auf den Jugendclub „Piraten e.V.“ und Menschen, die nicht ins „rechte“ Weltbild passen statt. Ein Beispiel wäre der 13.11.2010, als mehrere vermummte Neonazis in den Innenhof des Hauses eindrangen und neben dem Entzünden von Knallkörpern diverse Gebäudeteile beschädigten. Wir sehen dies im Zusammenhang mit dem Übergriff auf das Hausprojekt „Zelle 79“ in Cottbus. Dies wurde zwei Tage vorher, am 11.11.2010, mit Gehwegplatten attackiert, wobei es zu Glasbruch kam. Ein weiteres Beispiel ist der Angriff auf zwei Jugendliche am 07.12.2010. Beide wurden durch Knüppelschlägen und Fausthieben verletzt und erlitten Blutergüsse und Schwellungen.

 

Als Antwort auf die zunehmende Nazigewalt und der fehlenden gesellschaftlichen Debatte, organisierten wir am 15.01.2011 eine lautstarke Demonstration. Am Abschlusspunkt versuchten dann etwa 10 Neonazis die Demo anzugreifen und Menschen zu verletzen. Durch konsequentes und schnelles Handeln auf antifaschistischer Seite, konnte der Angriff abgewehrt werden. Sieben Personen aus der Gruppe der Angreifer wurden, nachdem sie sich in einem Café verschanzten, von der Polizei festgenommen. Die anschließenden Reaktionen auf die Demo ließen zuerst Hoffnung erwecken. Max Göthel meinte „Wir brauchen eine Spremberger Zivilgesellschaft, um uns gegen rechte Repressalien zu wehren.“ und Cordula Engelmann könne sich ein breites Bündnis gegen Rechts vorstellen.

Die Entwicklung in der Stadt seit dem 15.01.2011 führte jedoch dazu, antifaschistischen Widerstand zu kriminalisieren und linke Politik zu diffamieren. Am 27.01.2011 fand in Spremberg eine Gedenkveranstaltung an die Opfer des Faschismus statt, an der wir uns beteiligt haben. Unser Blumengesteck mit der Aufschrift „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Antifa Spremberg“ durften wir dort nicht ablegen. Das Gesteck wurde dennoch, zum Unmut der Behörden, am Denkmal der Roten Armee niedergelegt.

 

Ab April 2011 sprang die Stadtverwaltung Spremberg mit auf die „Extremisten-Schiene“ auf. „Spremberger Polizei nimmt Extremisten unter die Lupe“ und „Spremberg nimmt Kampf gegen Extremisten auf“ waren die Titel von Artikeln der örtlichen Presse. Die Artikel bezogen sich auf die Vorfälle um den 15. Januar. Hartmut Höhna sei z.B. gegen „jeglichen Extremismus“. Mit solchen Aussagen wurde versucht antifaschistischen Selbstschutz zu entkräften. Dies ist aus unserer Sicht oftmals jedoch notwendig, um sich gegen gewaltsame neonazistische Übergriffe zu schützen. Andererseits wurde linke, antifaschistische Intervention mit der menschenverachtenden Politik von Rechts gleichgesetzt. Zumal Andreas Lemke meinte, „Die Demo hätte von der Stadt organisiert werden müssen“. Weshalb die Stadtverwaltung erst im Nachhinein auf diese Idee kam und nicht, als im Vorfeld das offene Gespräch gesucht wurde, hat sie uns bis heute nicht verraten.

 

Am 21.05.2011 führte die NPD-Lausitz mit Unterstützung der sog. „Freien Kräfte“ einen Naziaufmarsch in Spremberg durch. Im Vorfeld, während und nach diesem widerlichen Ereignis, wurde immer wieder betont das Spremberg kein Ort für Extremisten sei. Aussagen wie „Wir wollen uns durch Krawallmacher, egal ob sie aus der rechten oder linken Ecke kommen, nicht wieder alles kaputt machen lassen.“ und „Spremberg ist ein Wachstumskern, die Wirtschaft soll sich hier weiter so gut entwickeln.“ zeigen die waren Beweggründe der Spremberger Führungsriege. Die Stadtverwaltung wie auch viele Bürger sehen das Naziproblem nicht in den menschenverachtenden Herrschafts- und Machtideen, die auch vor systematischem Völkermord nicht zurückschrecken, sondern darin das die öffentliche Präsenz der Nazis das Stadtbild und den „Wirtschaftsstandort„ schädigt. Mit einem „friedlichem Nazikehraus“ und einem „Tag des offenem Unternehmen“ wurde am 21.05.2011 gezeigt „Der Wirtschaftsraum Spremberg ist kein Ort für Nazis.“. Spätestens ab dem 21.05.2011 war klar das die führenden Abgeordneten mehr um ihre Selbstdarstellung bemüht sind, als effektive Maßnahmen gegen Neonazis zu ergreifen.

 

Am 30.06.2011 lief der Mietvertrag des letzten alternativen Domizils, dem „Piraten e.V.“ aus und somit verschwand der letzte nicht rechte Freizeittreff für Jugendliche in Spremberg. Durch die vorrausgegangenen Naziangriffe, sowie Unterstellungen in einen Brandanschlag verwickelt zu sein, war es dem Verein nicht möglich einen entsprechenden Ersatz zu bekommen.

 

Seit Mitte 2011 prägen Neonazis mehr und mehr das Stadtbild und Antifaschisten werden beim geringsten Versuch gesellschaftlicher Intervention als Extremisten gebrandmarkt. Diese Umstände führen dazu dass sich das Stadtbild nach und nach verändert. Aufkleber, Plakate und Sprühereien mit rechtem Hintergrund sind im gesamten Stadtgebiet präsent. Rechtsorientierte Jugendliche treffen sich ganz offen in der Stadt und genießen ihre „Freiräume“. Erfreulicherweise ist antifaschistischer Widerstand in Spremberg nicht verschwunden, sondern sorgt dafür das die Stadt keine „No Go Area“ für Menschen die nicht dem „rechtem“ Weltbild entsprechen ist.

 

Die gesamte Entwicklung ist das Produkt einer verfehlten Stadtpolitik, die es verpasst hat einen gesamtgesellschaftlichen Dialog zu führen und kritische Stimmen als Extremisten verunglimpft hat, anstatt sie anzuhören. Der Angriff auf die „Lausitzer Rundschau“ ist nur die Spitze eines dumm-deutschen Eisberges, nicht nur in Spremberg. Von den führenden Funktionären ist nicht viel zu erwarten. Antifaschistische Praxis beginnt in den Köpfen und ist ein Bestandteil unserer Achtung vor der Würde und dem Leben. Es gilt nicht zu reagieren, sondern aktiv unsere Umwelt zu gestalten.

 

¡Antifa heisst Angriff!

 

[Antifa Spremberg] [Mai 2012]