Demo-Nachspiel im Fürther Stadtrat

Fürths Polizeichef auf dem Stadtratspodium: Peter Messing stand gestern Nachmittag im Saal des Rathauses Rede und Antwort
Erstveröffentlicht: 
29.02.2012

Kontroverse Debatte über den Marsch von Neonazis — Fragen an die Polizei

 

FÜRTH  - Der umstrittene Marsch von Neonazis durch die Fürther Innenstadt hatte gestern ein Nachspiel im Stadtrat. Stadt und Polizei sollten Aufklärung über die näheren Umstände des Geschehens am vorletzten Samstag liefern — manches jedoch blieb in der teils zerfahrenen Debatte weiter diffus.

 

Polizeischutz für eine Stadtratssitzung, das hat man auch nicht alle Tage. Weil sich in den Zuschauerreihen vier stadtbekannte Rechtsextreme, aber auch Vertreter des linken Fürther Spektrums befanden, postierten sich sicherheitshalber einige Ordnungshüter im Schatten des Rathauses.

Oben im Ratssaal stand unterdessen ihr Chef Peter Messing Rede und Antwort — denn bei der von ihm geleiteten Fürther Inspektion war der Eilantrag für die Neonazi-Demo äußerst kurzfristig in der Nacht zum 18. Februar eingegangen. Messing betonte, man habe in den folgenden Stunden polizeiintern „sehr intensiv diskutiert“, was zu tun sei — aber schließlich keine rechtliche Handhabe gesehen, die für Samstagmittag angemeldete Demonstration zu verhindern; lediglich die Dauer wurde erheblich eingeschränkt, der Marsch durch die Fußgängerzone verhindert.

Rückendeckung bekam die Polizei vom städtischen Rechts- und Ordnungsreferenten Christoph Maier. Nach seiner Einschätzung hätte auch das ihm unterstellte Ordnungsamt, zu den üblichen Dienstzeiten für Versammlungen zuständig, nicht anders entscheiden können. Ein Verbot wäre angesichts der „hohen gesetzlichen Hürden für ein Einschreiten“ nur denkbar, wenn Recht und Ordnung bedroht sind; dies sei nicht zu erwarten gewesen.
Frage ungeklärt

Was dennoch unklar blieb, war der — nach den Vorschriften ebenfalls erforderliche — Grund für die Eilbedürftigkeit der von den Rechten angemeldeten Demo. Zwar hatten sowohl Grüne als auch Linkspartei in zuvor eingereichten Fragenkatalogen Aufklärung darüber verlangt, eine schlüssige Antwort blieb in der Stadtratssitzung aber aus — ohne dass noch einmal entschlossen nachgehakt worden wäre. Ein Versäumnis, das auch Ruth Brenner, Sprecherin des Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus, anschließend kritisierte.

Oberbürgermeister Thomas Jung untermauerte stattdessen noch einmal seine Forderung nach einer grundsätzlichen Diskussion über das bayerische Recht, das Eil- und sogar Spontanversammlungen ausdrücklich vorsieht. Er hält dies für zu liberal, weil „nicht mehr kontrollierbar“, und plädiert für angemessene Anmeldungsfristen.

Dies habe er am Montag bereits „mit OB- und Landratskollegen aus Mittelfranken diskutiert“, die ihm zugestimmt hätten. Man plane nun einen Vorstoß beim bayerischen Städtetag, der Lobby der Kommunen. Auch Christoph Maier unterstrich, das Thema bleibe „auf der politischen Tagesordnung, denn vorführen lassen wir uns nicht“.

Während Linken-Stadtrat Ulrich Schönweiß der Polizei unterstellte, gegen die Demo bewusst nicht entschlossener vorgegangen zu sein, warnten Sprecher der beiden großen Fraktionen vor solchen Tönen. Joachim Schmidt (CSU) warf dem Linken vor, er habe „ein Problem mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung“, Sepp Körbl (SPD) rief zum „Schulterschluss mit Polizei und Verwaltung“ auf — um dann doch leise Kritik nachzuschieben: Er wünsche sich von der Polizei „manchmal mehr Mut zum Nichtzulassen“ und bedauere, dass es noch keine Fahndungserfolge hinsichtlich sich häufender rechtsextremistischer Straftaten gebe. „Wir tun unser Möglichstes“, sagte Polizeichef Messing dazu, die Aufklärung sei ja schließlich auch „in unserem Interesse“.

Für einen überraschenden Schlussakkord sorgte der Fürther Rechts- und Ordnungsreferent, der sich vom Podium aus direkt an die vier anwesenden Rechtsextremen wandte: „Sie müssen sich fragen, ob ihr Weg von Hass und Intoleranz der richtige ist oder ob Sie nicht lieber den Weg zurück in die demokratische Gesellschaft wählen wollen.“ Falls nicht, sehe er ihre Zukunft „ziemlich dunkel“, sagte Christoph Maier unter dem donnernden Applaus der Stadträte.