Neustart bei der Endlagersuche?

Die „weiße Landkarte“ hat bereits einen dicken dunklen Punkt: Gorleben
Bundesumweltminister Röttgen hat eine „ergebnisoffen Suche“ nach einem Endlager für hochradioaktiven Müll angekündigt, eine „weiße Landkarte“. Wenn die Bundesregierung den Salzstock Gorleben jedoch im so genannten Topf der möglichen Endlagerstandorte lässt, kann es keine ergebnisoffene Standortsuche in der Bundesrepublik geben. Dafür gibt es geologische, politische und gesellschaftliche Gründe.

 

Grund 1:  Gorleben ist geologisch ungeignet.

Seit Abschluss der obertägigen Erkundung des Salzstocks Gorleben von 1979 – 1981 ist klar, dass Grundwasser direkt auf dem Salzstock liegt. Damit kann der Salzstock ein wichtiges Sicherheitskriterium, das Mehrbarrierensystem, nicht erfüllen.

Bei der so genannten untertägigen Erkundung wurden über 30 Laugenvorkommen gefunden. In jeder Gesteinsprobe zwischen 200 und 900 m Tiefe konnten Gase und Kondensate nachgewiesen werden, die aus Tiefen zwischen 3000m und 4500 m unter dem Salzstock hochgewandert sind.

Der Salzstock Gorleben liegt zudem über dem größten zusammenhängenden Erdgasvorkommen der Bundesrepublik, so riss 1969 eine Gasexplosion bei Probebohrungen im benachbarten Lenzen einen Arbeiter in den Tod.

Grund 2: Der Standort Gorleben ist politisch schwer belastet.

Behördenakten aus über drei Jahrzehnten beweisen: Gorleben ist aus politischen Gründen zum Endlagerstandort erklärt worden. Es hat nie ein wissenschaftliches Auswahlverfahren gegeben.

Nur durch eine Politik der Manipulationen, der Täuschungsmanöver und dem Aussperren der Öffentlichkeit konnte der Atomstandort zu seinen heutigen Dimensionen ausgebaut werden.

So wurde aller Stille auf das Sicherheitskriterium „Mehrbarrierensystem“ verzichtet. Hinweise auf die Gasproblematik verschwanden genauso stillschweigend in den Schubladen der Verantwortlichen und wurden erst kürzlich wieder zutage gefördert.

Eine Beteiligung der Bevölkerung wurde über eine alte juristische Konstruktion ausgehebelt.

So wird täglich weiter gebohrt und gesprengt – in einer für ein „Erkundungsbergwerk“ viel zu großen Dimension. Auf diese Weise entsteht im Salzstock allmählich der Rohbau eines Endlagers.

Und das Zwischenlager Gorleben, in dem bereits mehr als 100 Castoren stehen und immer mehr hinzukommen sollen, liegt wie die Verpackungsanlage (PKA) für Atommüll nur einen Steinwurf vom Bergwerk entfernt.

Die Folge dieser Politik ist eine komplette und unheilbar zerstörte Vertrauensbasis für jedes Verfahren, in dem die Gorlebener Atomanlagen weiter im Topf bleiben. Bei den Bürger/innen in Lüchow-Dannenberg ist die Akzeptanz eines Endlagerstandortes nicht mehr zu erreichen.

Grund 3: Die Verantwortlichen halten weiter an Gorleben fest – das schafft mehr Misstrauen

Tag für Tag schaffen die Baumaschinen in Gorlebener Salzstock neue Fakten. Inzwischen sind dafür mehr als 1,6 Milliarden Euro ausgegeben worden. Parallel dazu sollen Gutachter, die teilweise von der Atomindustrie bezahlt werden, in einer „Vorläufigen Sicherheitsanalyse“ ermitteln, welche Sicherheitskriterien der Salzstock erfüllen kann – und welche nicht. Auf diese Weise soll bis Ende 2012 feststehen, welche Mängel auf technischem Wege umgangen, und welche auf juristischem Wege aus dem Weg geräumt werden müssen.

Mit Hilfe dieser „Vorläufige Sicherheitsanalyse“ können Sicherheitskriterien formuliert werden, die der Gorlebene¬r Salzstockes erfüllt. Noch vor der nächsten Bundestagswahl Mitte 2013 kann Minister Röttgen dann ein auf Gorleben maßgeschneidertes Prüfverfahren vorlegen.

Solange Gorleben mit seinem schon weitgehend ausgebauten Endlager, der PKA und dem Zwischenlager mit den mehr als hundert dort eingelagerten heissen Castoren im Standortvergleich bleibt, solange eine ganze Schar von Experten im Auftrag des Umwelt- und des Wirtschaftsministeriums daran arbeitet, den Salzstock weiter „eignungshöffig“ zu halten, solange kann es keinen neutralen Vergleich der Standorte nach objektiven wissenschaftlichen Kriterien geben.

Wir verlangen einen echten Neustart bei der Endlagersuche.

Ein erster Schritt und unabdingbare Voraussetzung für einen Neuanfang in der Atommülldebatte wäre ein sofortiger Stopp der Bauarbeiten im Gorlebener Salzstock.

Wir fordern die Einstellung der Castortransporte. Zugleich dürfen keine weiteren Castorbehälter mehr über den Salzstock gebracht werden. Sie schaffen massive Sachzwänge, denn sie können nur mit großem technischen Aufwand und erheblichen Gefahren für die Bevölkerung dort wieder weggeschafft werden.

Wir wollen höchstmögliche Sicherheitsstandards. Eine „wissenschaftsbasierte“ Endlagersuche für hochradioaktiven Atommüll muss höchste Sicherheitskriterien anwenden. So erfordert ein Endlager in tiefen geologischen Formationen auch ein Mehrbarrierensystem. Der Atommüll muss durch hochstabile Behälter, durch das Gestein, in dem die Behälter liegen, und schließlich durch wasserabdichtende Tonschichten über dem Wirtsgestein von der Biosphäre sicher abgeschlossen werden. Und diese Barrieren müssen Jahrtausende halten.

Wir erwarten Transparenz und echte Bürgerbeteiligung

Die Lagerung von Atommüll für mehrere hunderttausende Jahre ist zuerst eine gesellschaftliche und erst dann eine technische oder finanzielle Frage. Die Bevölkerung muss über viele Legislaturperioden hinweg die Entscheidungen von Regierungen tragen können. Das ist nur möglich, wenn sie in einen breiten Dialogprozess eingebunden wird, der weder unter Zeitdruck noch unter den Druck von immer größeren Sachzwängen steht.

Was wir tun wollen.

Jedem Versuch, mit Gorleben eine verantwortbare Endlagersuche auszuhebeln werden wir uns entschieden widersetzen. Aber wir Lüchow-Dannenberger sind bereit, unsere in 35 Jahren erworbenen Erfahrungen und Fachkenntnisse in diese gesellschaftliche Debatte einzubringen.


Wir fordern:
- den sofortigen Stop aller Castortransporte nach Gorleben,
- den sofortigen Stop der Bauarbeiten in Gorlebener Salzstock,
- eine Endlagersuche, die ohne Zeitdruck und nach höchstmöglichen Sicherheitsstandards vorgeht,
- eine Endlagersuche, die transparent und mit Beteiligung der Bevölkerung abläuft.



Schulterschluss Lüchow-Dannenberg

Unterzeichner/innen:

Elke Mundhenk, Stellvertretende Landrätin, Fraktionsvorsitzende
Bündnis‘90/Die Grünen im Kreistag und Bürgermeisterin der Stadt
Danneberg / Elbe

Klaus-Peter Dehde, Fraktionsvorsitzender SPD im Kreistag

Wolfgang Wiegreffe, Fraktionsvorsitzender UWG im Kreistag und
Bürgermeister der Gemeinde Trebel

Kurt Herzog, Fraktionsvorsitzender Liste Soli im Kreistag und Mitglied
des Landtages (Die Linke)

Martin Donat, Mitglied des Kreistages (Liste Soli)

Asta von Oppen, Rechtshilfegruppe Gorleben

Bäuerliche Notgemeinschaft Lüchow-Dannenberg

Wolfgang Ehmke, Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg

Rudi Sproessel, DGB Kreisverband Lüchow-Dannenberg

Cay-Robert v. d. Knesebeck, Bäuerliche Notgemeinschaft, Mitglied des
Kreistages (Grüne)

Kertin Rudek, Bürgerinitiative Umweltschutz

Martin Schulz, Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft
Lüchow-Dannenberg

BUND Lüchow-Dannenberg

NABU Lüchow-Dannenberg

Anna Gräfin v. Bernstorff, Mitglied im Vorstand des Kirchenkreises 
Lüchow Dannenberg

Andreas Graf v. Bernstorff, Gräfl. Bernstorff´sche Land- und
Forstverwaltung

Fried Graf v. Bernstorff, Grundstückseigentümer und Eigentümer
umfangreicher Salzrechte

Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament

Johanna Voß, Mitglied des Bundestages (Die Linke)

Andrea Schröder-Ehlers, Mitglied des Landtages (SPD)

Miriam Staudte, Mitglied des Landtages  (Bündnis‘90/Die Grünen),
Wahlkreis „Elbe“ (Lüneburg/Lüchow-Dannenberg)