Strasbourg should be a riot...

Strasbourg should be a riot...
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Die NATO ist kein Kinderspielplatz. Das erfuhren spätestens vergangene Woche tausende autonome AntimilitaristInnen, FriedensaktivistInnen und AnwohnerInnen in der gesamten Region Elsass und Baden.

Dass es in Strasbourg mehrfach brannte und zu Straßenschlachten kam, war nicht nur die logische Konsequenz aus den vorhergegangenen Tagen. Die französischen Bullen waren zu keiner Zeit überfordert - sie hatten jederzeit die "Kontrolle über die Lage" (Strasbourger Präfektur in einem Communiqué zum Polizeieinsatz). Den politischen Verantwortlichen von Stadt und Polizei ging es nicht darum, deeskalierend auf die DemonstrantInnen einzuwirken, sondern einen größtmöglichen Schaden zu ermöglichen und zu provozieren.
Die Bilder, die am Samstag "um die Welt" gingen, waren provoziert und so gewollt. Nicht die Inhalte der GegendemonstrantInnen sollten dominieren, sondern "Chaos, Gewalt und Zerstörung".

 

Bereits im Vorfeld der Auftaktdemonstration in Freiburg am Montag, dem 30. März, provozierte die Freiburger Polizei mit mehreren Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der linken Szene.
Und Freiburgs Polizeidirektor Heiner Amann beschwor ein Bedrohungsszenario eines randalierenden "schwarzen Blocks" herauf, die BILD-"Zeitung" sehnte sich 3000 gewaltbereite Autonome und einen "Chaoten-Krieg" herbei. Was tun sie nicht alles für höhere Verkaufszahlen...

 

Außenwirkung = fast Null. Die antimilitaristische Demo in Freiburg


Schon auf dem Weg zur Demo am Montag in Freiburg wurde deutlich, wie ihre Demokratie aussieht: auf Autobahnzubringern wurden Personen- und Fahrzeugkontrollen von BereitschaftspolizistInnen durchgeführt, die mit Maschinenpistolen ausgestattet waren. Anreisende DemonstrantInnen wurden als Schwerstkriminelle und TerroristInnen abgestempelt. In Freiburg waren die Bullen den ganzen Tag über mit einem überdimensionalen Aufgebot vertreten, soviele wie nie zuvor - seit der Schwarzwaldhof-Räumung 1981.

Doch die Wünsche Amanns und der Mainstreampresse wurden nicht erfüllt: in einem teils siebenreihigen Bullenspalier "demonstrierten" rund 2000 Menschen unangemeldet und friedlich gegen den NATO-Gipfel, für Versammlungsfreiheit und gegen die fortschreitende innere & äußere Aufrüstung. Eine Aussenwirkung gab es praktisch kaum: für BürgerInnen und PassantInnen bot sich ein eher abschreckendes Bild, allein durch die hohe Polizeipräsenz wurde bewusst der Eindruck vermittelt, da ziehe ein gewalttätiger Mob durch die Straßen.

Auch in den folgenden Tagen hörten die Kontrollen und Schikanen gegen GipfelgegnerInnen nicht auf: an der deutsch-französischen Grenze wurden etliche mutmaßliche AktivistInnen mit teils fadenscheinigen Begründungen abgewiesen, erhielten Aus- oder Einreiseverbote. Zur Begründung der "Ausreiseuntersagung gegenüber deutschen Staatsangehörigen" wurde mündlich oder schriftlich auf eine "Gefährdung erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland" verwiesen - die DemonstrantInnen würden das Ansehen der BRD im Ausland gefährden. Diese Gefahr erkannten die BeamtInnen beispielsweise an dunkler Kleidung, Flugblättern oder angeblichen (teils konstruierten) Vorstrafen. Auch wenn einige der Aus- und Einreiseverbote wieder aufgehoben wurden, wurde legitimer Protest behindert und kriminalisiert, wo es nur ging.

 

Tränengasgranaten


Bevor überhaupt "etwas passierte", versuchten deutsche und französische Behörden, den Widerstand gegen den Gipfel als "terroristisch" oder das Werk "ultralinker und anarcho-autonomer Netzwerke" zu kriminalisieren. Das perverse Feiern von 60 Jahre Krieg & Ausbeutung sollte unter keinen Umständen gestört oder kritisch beäugt werden.

 

Das Konzept der Angst...


Auch dem Camp der GipfelgegnerInnen wurde von Anfang an Steine in den Weg gelegt: durch einen inakzeptablen Vertragsentwurf seitens der Präfektur gerieten die Verhandlungen, die beinahe abgeschlossen schienen, kurz vor dem großen Ereignis ins Stocken. Alles deutete auf ein "Squatting-Chaos" hin, doch kurz vor dem 60. NATO-Geburtstag konnte dann glücklicherweise doch m Mittwoch, dem 1. April der Camp-Aufbau eröffnet werden.

Das Camp  wurde jedoch vom ersten Tag an mehrmals täglich und ohne Grund von den Bullen mit CS-Gas- und Schockgranaten angegriffen, es fanden Kontrollen, Schikanen, Festnahmen und Kessel in der näheren Umgebung des Geländes in Strasbourg-Ganzau statt. Bei den Angriffen wurden mehrere Menschen schwer verletzt.

 

Im Krieg verboten, im Frieden erlaubt: CS-Gas


Als Reaktion darauf und in Solidarität mit dem Toten in London wurde versucht, am 2. April eine spontante unangemeldete Solidemonstration durchzuführen. Nachdem eine Militärkaserne und Militärjeeps angegriffen, Mülltonnen in Brand gesetzt und Barrikaden errichtet worden waren, verletzten die französischen Bullen mit deutscher Amtshilfe die Menschenmenge wieder mit Tränengas- und Schockgranaten sowie Wasserwerfern.

Das repressive Klima sorgte letztendlich auch dafür, dass die Anti-NATO-Demonstration am Freitag, dem 3. April, in Baden-Baden mit nur 300 Menschen sehr schlecht besucht war. Auch hier gab es massive Vorkontrollen und schikanöse Auflagen. So waren zum Beispiel Kapuzenpullis, das Rennen und Schminke verboten. Auf eineN DemonstrantIn kamen etwa 10 Bullen. Das Konzept der Angst vor Repressionen ging auf.

Am Samstagmorgen, als in Strasbourg die ersten AktivistInnen aus dem Camp aufbrachen, um in die Innenstadt zu gelangen, dauerte es nicht lange, bis wieder die ersten Tränengasgranaten über den Menschen explodierten. Jede etwas größere Menschenansammlung wurde sofort von den französischen Bullen angegriffen, es war egal, ob es sich dabei um den "schwarzen Block" oder um friedliche PazifistInnen handelte. Jegliche kritische Meinung wurde eingegast, mit Gummigeschossen auseinandergeschossen und mit Schockgranaten bombardiert.

 

We are peaceful - what are you?!


Bewusst wurden von den Bullen schwerstverletzte und gar Tote in Kauf genommen. Um die massiven Angriffe auf Menschenansammlungen zu rechtfertigen, geisterte in der Mainstreampresse das Gerücht über angebliche Waffenfunde bei AktivistInnen herum.

Mit der Verlegung der Großdemonstration in den Hafen wurde legitimer Protest in ein Niemandsland verbannt. Dadurch wurde bei den Ausschreitungen einer der ärmsten Stadtteile Strasbourgs getroffen, was den politisch Verantwortlichen nur recht sein konnte - Hauptsache die Innenstadt und der Tagungsort blieben verschont.

 

Das Leben geht weiter...

 

Die Schuld an der Eskalation in Strasbourg tragen somit keinesfalls die "Autonomen" oder der ominöse "schwarze Block". Doch auch wenn es nicht gekracht hätte, wäre in der bürgerlichen Presse kaum über die Demonstrationen und Inhalte berichtet worden - Inhalte sollen die Masse nicht interessieren.

No border - no nation!
War is no reason to party!

 

Anarchistische Gruppe [:ag] Freiburg

www.ag-freiburg.org

kontakt[ät]ag-freiburg.org