[M] Zu den geplanten Protesten gegen den Burschenschaftskommers

Bash Back Intro

Für das kommende Wochenende (15. und 16. Juli 2011) kündigt die „Burschenschaftliche Gemeinschaft“ (BG) einen so genannten „Festkommers“ anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens in München an. Gegen dieses Treffen des radikal rechtesten burschenschaftlichen Dachverband kündigt das queer-feministische Antifa-Bündnis „Bash Back“ Proteste an. Der folgende Artikel soll einen Überblick über die Proteste und Hintergründe zu dem Treffen der Burschenschafter* geben.


Was ist die „Burschenschaftliche Gemeinschaft“?

 

Die Burschenschaftliche Gemeinschaft wurde 1961 in den Räumlichkeiten der Münchner Burschenschaft Danubia  als Zusammenschluss verschiedener rechter Burschenschaften aus Österreich und Deutschland gegründet. Ausschlaggebend für die Gründung war der Wunsch nach der Gründung eines „großdeutschen“ Burschenschaftsverbandes. Dem vorausgegangen war ein Versuch verschiedener deutschnationaler Burschenschaften, die in der BRD wirkende „Deutsche  Burschenschaft“ (DB) mit der „Deutschen Burschenschaft Österreich“ (DBÖ) zu einem gemeinsamen Dachverband zu vereinigen. Dieser sollte Ausdruck ihres völkischen Nationenverständnis sein, welches die BRD, die DDR, Österreich und einige Gebiete in Polen, der Tschechoslowakei, der Sowjetunion und Italiens als eine „deutsche“ Nation definierte. Nachdem dieser Versuch auf dem Nürnberger „Burschentag“ scheiterte, vereinigten sich 42 pflichtschlagende Burschenschaften aus der BRD und Österreich zur „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“, wobei die Bünde weiterhin in der DB und DBÖ organisiert blieben. Auch 50 Jahre nach ihrer Gründung sind die BG und ihre Mitgliedsbünde eine zentrale Schnittstelle zwischen bürgerlicher und neofaschistischer Rechter. Dies lässt sich anhand einiger Beispiele aufzeigen:

 

  • Der Burschenschafter* Herwig Nachtmann von der Burschenschaft Brixia aus Innsbruck wurde 1970 in Florenz in Abwesenheit wegen Beteiligung am Südtirolterrorismus verurteilt. 1995 wurde Nachtmann wegen NS-Wiederbetätigung in Österreich rechtskräftig verurteilt.

 

  • Im November 2005 lud die Wiener Burschenschaft Olympia den Holocaust-Leugner* David Irving zu einem Vortrag „Die Verhandlungen Adolf Eichmanns mit jüdischen Führern in Ungarn“ ein. Die Veranstaltung konnte jedoch nicht stattfinden, Irving wurde festgenommen und in Österreich wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Der FPÖ-Politiker* und „Alte Herr“ der Burschenschaft Olympia Wien Martin Graf ist 3. Nationalratspräsident in Österreich


Haus der Danubia (Möhlstraße 21)


Insgesamt 4 Burschenschaften der BG kommen aus München:

 

  • Burschenschaft Elektra Teplitz zu München (Augustenstraße 109)
  • Burschenschaft Sudetia (ebenfalls Augustenstraße 109)
  • Burschenschaft Cimbria (Cuvilliéstraße 29)
  • Burschenschaft Danubia (Möhlstraße 21)

Vor allem die Burschen* von  Cimbria und Danubia fallen durch gute Kontakte zu anderen neofaschistischen Gruppierungen in München auf. Ihre Häuser stellen eine wichtige Infrastruktur für die verschiedenen Lager der Münchner Rechten dar.

 

Bei der Burschenschaft Danubia trat zum Beispiel am 6. Mai diesen Jahres der neonazistische Publizist* und Kader des „Freien Netz Süd“ (FNS) Jürgen Schwab  auf, am 30. April traten in der Burschenschaft Cimbria der Redakteur* der neu-rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ Felix Krautkrämmer und Erik Lehnert vom rechten „Institut für Staatspolitik“ auf.

 

Am 24. Juni 2011 fand wieder bei der Burschenschaft Danubia ein so genannter "18. Herrschaftsfreier Dialog" mit Günter Rehak aus Wien statt. Rehak ist "wissenschaftlicher Beirat" der neonazistischen Zeitschrift "Volk in Bewegung" und  war beim neonazistischen Aufmarsch am 1. Mai 2011 im tschechischen Brno als Vertreter* der österreichischen Neonazi-Partei "Nationale Volkspartei" (NVP) aufgetreten.

 

2001 fand der flüchtige Neonazi Christoph Schulte bei der Danubia Unterschlupf, nachdem er an einem rassistischen Übergriff in der Zenettistraße beteiligt war.

 

Was haben die Burschis geplant?

 

Ursprünglich wollten die Burschenschaftler* ihren Festkommers am 16. Juli in den Räumlichkeiten des „Sudetendeutschen Hauses“ (Hochstraße 8) abhalten. Nach antifaschistischen Interventionen wurde ihnen die Nutzung durch die „Sudetendeutsche Stiftung“ untersagt. Einen neuen Veranstaltungsort hat die BG bis dato nicht öffentlich gemacht; es wird vermutet, dass dies der Sorge vor weiteren antifaschistischen Interventionen geschuldet ist. Dennoch sind sich Antifaschist_innen  sicher, dass der Kommers an einem anderen Ort stattfinden soll.
Bei einem Festkommers handelt es sich um eine hochoffizielle Feier von Studentenverbindungen oder -burschenschaften, bei dem traditionellerweise Lieder gesungen und Reden gehalten werden. Der Kommers soll den Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der BG darstellen., zu dem Vertreter* aller 42 BG-Bünde erwartet werden.
Außerdem soll es am Vorabend im Haus der Cimbria ab 20.00 Uhr einen Begrüßungsabend mit Umtrunk geben. Die Danubia lädt zudem am Nachmittag des 16. Juli zu einem „Weiherfest bei ihrem 'Alten Herrn' Dr. Volker Schlenke und Gemahlin“ in Gräfelfing ein.
Des Weiteren ist damit zu rechnen, dass während des gesamten Wochenendes leicht erkennbare Burschenschafter* beim Sightseeing in der Münchner Innenstadt unterwegs sein werden.

 


Danuben* beim Bergsteigen

 

Was bisher geschah...

 

Im Vorfeld zur antifaschistischen, queer-feministischen Demonstration am 16. Juli gab es bereits mehrere Aktionen.
Durch antifaschistische Öffentlichkeitsarbeit konnte - wie bereits erwähnt – die Kündigung der Räumlichkeiten im „Sudetendeutschen Haus“ erreicht werden. Der Vorstand der „Sudetendeutschen Stiftung“ Franz Pany erklärte,

 

„dass für die Durchführung des Festkommerses der 'Burschenschaftlichen Gemeinschaft' keine mietvertragliche Überlassung von Räumlichkeiten im Sudetendeutschen Haus erfolgt. Die Stiftung weist im Schreiben darauf hin, dass sie nur Überlassungen von Räumlichkeiten gewährt, wenn der Mieter deutlich zum Ausdruck bringt, dass die Veranstaltung keine rassistischen, antisemitischen, diskriminierenden oder antidemokratischen Inhalte haben wird. Eine zunächst vom Hausverwalter der Stiftung zugesagte Überlassung von Räumen an die Burschenschaft wurde zwischenzeitlich vom Vorsitzenden des Stiftungsvorstands wieder zurückgenommen.

 

(zitiert nach dem aida-Archiv)

 

Dass sich bei der „Sudetendeutschen Stiftung“ nicht wirklich um überzeugte Antirassist_innen und Antifaschist_innen handelt, bezeugen die vielen rechten Veranstaltungen, die in der Vergangenheit dort stattgefunden hatten. Erwähnt sei hier nur die Ankündigung einer Veranstaltung, die sich mit der „antifaschistischen Schuld am 2. Weltkrieg“ befasste. Dass erreicht werden konnte, dass sich selbst das „Sudetendeutsche Haus“ von der BG distanzieren musste, ist als klarer antifaschistischer Erfolg zu werten.

 

Weiterhin fanden schon eine Reihe von Mobilisierungsveranstaltungen im Kontext der Proteste gegen den Kommers statt, unter Anderem im AntifaCafé (Burschenschaften und Verbindungen in München), an der Uni (Die Deutsche Burschenschaft in München) und im Jugendinformationszentrum (Die Burschenschaftliche Gemeinschaft – Studentenverbindungen am rechten Rand). Darüber hinaus gab es eine groß angelegte Flyeraktion im Rahmen des schwarz-rosa Blocks auf dem Münchner Christina-Street-Day.

 

What else?

 

Im Rahmen der Mobilisierung wird es noch zwei weitere Veranstaltungen geben. Diesen Mittwoch findet ab 20.00 Uhr im Kafe Marat ein Vortrag zum „Wann ist ein Bursche ein Mann?“ statt, der sich mit den patriarchalen Männlichkeitsbildern der Burschenschaften auseinandersetzt. Außerdem wird es auf dem Bildungscamp (LINK) am Geschwister-Scholl-Platz (vor der LMU) am Donnerstag ab 18.00 Uhr einen Workshop zum Thema „Burschenschaften und rechte Propaganda an Schulen“ geben.
Der Demo-Samstag startet bereits um 13.00 Uhr im Kafe Marat mit einem gemeinsamen Schmink- und Styletermin für den queer-feministischen  Block. Dort wird es Schminkzeug, Kleider zum Crossdressen und andere Utensilien geben.
Die Demo startet um 16.30 Uhr am Prinzregentenplatz und zieht dann durch die Stadtteile Bogenhausen und Haidhausen. Das Bash Back-Bündnis schlägt vor, dem heterosexistischen und patriarchalen Auftreten der Burschenschafter* einen antisexistischen und queeren Ausdruck entgegenzustellen. Im queer-feministischen Aufruf zur Demo schreiben sie:

 

Wir möchten die Burschenschaften in all ihren widerwärtigen Facette angreifen! Gleichzeitig soll diese Demonstration ein Raum sein, in dem sich alle – unabhängig davon in welchem Geschlecht wir sozialisiert sind und wie wir uns selbst bezeichnen – wohlfühlen! Der Umgang mit der Kategorie „Geschlecht“ enthält immer auch eine Handlungsperspektive. Geschlecht konstruiert sich maßgeblich durch Normen und normkonformes Verhalten. Durch Kleidung, Körperhaltung, Ausdruck reproduzieren wir jeden Tag Geschlecht auf’s Neue. Aber genau diese Normen können auch immer wieder auf’s Neue gebrochen werden. So soll diese Demo einen Rahmen bilden, der es ermöglicht kollektiv diese Normen zu brechen.


 

Mehr Infos und News: bashback.blogsport.eu
Bündnis-Aufruf: klick
Queer-feministischer Aufruf: klick

 

Mobivideo: http://www.youtube.com/watch?v=8Oel6GSQQRI

 


* Der Stern soll auf die gesellschaftliche Konstruktion von Sex und Gender hinweisen. Wir glauben, dass es gerade im Kontext der patriarchalen und (hetero-)sexistischen Geschlechterbilder der Burschenschafter, insbesondere bzgl. der Thematisierung eigener „Männlichkeit“ besonders wichtig ist, auf deren gesellschaftliche Hervorbringung aufmerksam zu machen.

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