In Erklärungsnot

Burschenschaftler auf der Wartburg in Eisenach (2001)
Erstveröffentlicht: 
17.06.2011

17.06.2011 / Inland / Seite 5


Deutsche Burschenschaft legt Streit um Abstammung als Aufnahmebedingung angeblich bei: Paß und Bekenntnis sollen reichen

 

Von Claudia Wangerin

 

Der Streit um das Abstammungsprinzip bei der Aufnahme von Mitgliedern bei der Deutschen Burschenschaft ist vorläufig beigelegt worden. Antifaschistische Gruppen hatten schon seit Monaten zum Protest gegen den »Burschentag« deutschnationaler Studentenverbindungen aufgerufen, der seit Mittwoch im thüringischen Eisenach stattfindet. Für ein bundesweites Medienecho sorgten allerdings erst die am Eröffnungstag veröffentlichten Tagungsunterlagen. Auf der Internetplattform linksunten.indymedia.org waren in den frühen Morgenstunden Hunderte Seiten interner Burschentagsdokumente verbreitet worden. Demnach sollte der Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) über eine Art »Ariernachweis« (Spiegel online) entscheiden: »Besonders in Zeiten fortschreitender Überfremdung ist es nicht hinnehmbar, daß Menschen, welche nicht von deutschem Stamme sind, in die Deutsche Burschenschaft aufgenommen werden«, heißt es in einem Ausschlußantrag, den die »Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn« gegen die »Burschenschaft Hansea Mannheim« stellte. Letztere hatte einen deutschen Staatsbürger chinesischer Abstammung als Mitglied aufgenommen. »Einen künftigen gemeinsamen Weg« sahen die Antragsteller deshalb »im Sinne gemeinsamer burschenschaftlicher Zielverfolgung als nicht möglich an«.

Das Vorgehen erinnere »unweigerlich an die Nürnberger Rassegesetze«, erklärte dazu die Thüringer Landtagsabgeordnete der Grünen Astrid Rothe-Beinlich. Auch der SPD-Nachwuchs will nicht mehr akzeptieren, »daß ausgerechnet der SPD-Bürgermeister Matthias Doht die Burschenschaften Jahr für Jahr mit offenen Armen in Eisenach empfängt«, erklärte Patrick Ehinger vom Bundesvorstand der Juso-Hochschulgruppen am Mittwoch. »Wir rufen dazu auf, sich an Protestaktionen gegen den Burschentag zu beteiligen. Politische Einstellungen wie Nationalismus, Chauvinismus und Revanchismus, wie sie die ›Deutsche Burschenschaft‹ vertritt, müssen konsequent bekämpft werden.«

In Artikel 9 der als »Verfassung« bezeichneten Satzung der DB heißt es: »Die Burschenschaft bekennt sich zum deutschen Vaterland als der geistig-kulturellen Heimat des deutschen Volkes. Unter dem Volk versteht sie die Gemeinschaft, die durch gleiches geschichtliches Schicksal, gleiche Kultur, verwandtes Brauchtum und gleiche Sprache verbunden ist.« Der Streit bezog sich auf die Formulierung »gleiches geschichtliches Schicksal« und die Auslegung, damit sei die deutsche Abstammung gemeint.

Mit Hilfe der rechten Wochenzeitung junge Freiheit versucht die Deutsche Burschenschaft nun, die Wogen zu glätten: Das Blatt zitierte am Donnerstag ihren Pressesprecher Michael Schmidt, der Rechtsausschuß habe am Mittwoch abend ein Rechtsgutachten verkündet, nach dem künftig jeder männliche Student Mitglied einer zur DB gehörenden Burschenschaft werden könne, »der deutscher Abstammung sei oder über die deutsche Staatsangehörigkeit verfüge und sich zur deutschen Kultur bekenne«. Die »Raczeks zu Bonn« hätten ihre Anträge zurückgezogen.

Am heutigen Freitag wollen die Teilnehmer des Burschentags um 21 Uhr einen Fackelzug zum Burschenschaftsdenkmal auf der Göpelskuppe bei Eisenach durchführen. Am Sonntag soll das Spektakel mit einem Frühschoppen enden. Eine Gegendemonstration ist für Samstag ab 14 Uhr am Hauptbahnhof angemeldet. Den Organisatoren wurden von der Stadt strenge Auflagen gemacht: Ab 200 Teilnehmern müßten sie zusätzliche Ordner stellen und namentlich mit Personalien angeben. Die Länge der Transparente wurde auf drei Meter begrenzt. Gegen diese und weitere Auflagen hat das »Bündnis gegen Burschentage« Klage eingereicht.