[S] Bedenken wegen türkischer Radikaler

Erstveröffentlicht: 
23.05.2011

Nürtingen. Kulturausschuss gegen Vernetzung der Stadt mit dem Lerntreff. Von Wolfgang Berger

 

Sie wollten nicht missverstanden werden. Das betonten Thaddäus Kunzmann (CDU) und Peter Rauscher (Nürtinger Liste/Grüne) ausdrücklich. Die Idee an sich, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund im Rahmen des Projekts „Fit” sich filmisch mit ihren ausländischen Wurzeln beschäftigen, lobten die Stadträte aus Nürtingen (Kreis Esslingen) sehr. Dass die städtische Geschäftsstelle für Bürgerengagement bei der Koordination Kontakte zum Lerntreff und zum Deutsch-Türkischen Freundschaftsverein (DTFV) unterhält, wurde hingegen heftig kritisiert.

Peter Rauscher zufolge handelt es sich dabei um „äußerst problematische Gruppen”. Es sei hinlänglich bekannt, dass der in der Fatih-Moschee beheimatete Freundschaftsverein sich zum extremen türkischen Nationalismus der Grauen Wölfe bekenne. Auch Thaddäus Kunzmann meinte, dass sich der Freundeskreis „klar dem türkischen Rechtsradikalismus zugehörig” fühle. Der Lerntreff steht laut Ragini Wahl, der Asylbeauftragten der evangelischen Kirche, im Verdacht, der Bewegung von Fetullah Gülen verpflichtet zu sein. Dem früheren Prediger wird vorgeworfen, eine verdeckte Variante des Islamismus zu vertreten. Vor diesem Hintergrund fordert Peter Rauscher eine strikte Abgrenzung: „Die Stadt darf mit faschistischen Organisationen nicht zusammenarbeiten”, sagte er. „Ist es nicht ein bisschen naiv, sich solche Projektpartner zu suchen?”, fragte zudem Kunzmann.

Die Namen beider Organisationen waren in einer Übersicht aufgetaucht, die Katrin Fehrle von der Geschäftsstelle für Bürgerengagement an die Wand projiziert hatte. Katrin Fehrle versuchte sich damit zu rechtfertigen, dass der Lerntreff und der DTFV keine Kooperationspartner im strengen Sinne seien, sondern Teil eines Netzwerks. „Fit” ziele darauf ab, auch Jugendlichen aus dem DTFV „unsere Arbeit zu zeigen und ihnen damit auch eine Alternative zu geben. Wir wollen die Jugendlichen erreichen und nicht ausschließen aufgrund ihrer Zugehörigkeit oder ihres Elternhauses.” Daher sei der Kontakt zu den Organisationen gerechtfertigt, so Katrin Fehrle.

Auf der Netzwerksliste ist auch die türkische Schule vertreten, die ebenfalls kritisch beäugt wird. Kunzmann erinnerte daran, dass Schüler dieser Schule beim vergangenen Maientagsumzug mit einer provozierend großen türkischen Nationalflagge „Türkiye, Türkiye” skandierend durch die Straßen marschiert seien. Bei diesem Fest, das auch als Nürtinger „Nationalfeiertag” gilt, habe so etwas nichts zu suchen. Er habe die türkische Schule aufgefordert, beim nächsten Maientagsumzug am 28. Mai „Zurückhaltung zu üben”, sagte der Schulamtsleiter Jörg Widmaier. Und falls nicht? „Dann sind sie das letzte Mal dabei gewesen”, erklärte Jörg Widmaier. Rauscher und Kunzmann wandten sich gegen eine „Kuschelpädagogik”.