Linksextreme bekennen sich zu Berliner Brandanschlag

Ein Fernmeldemonteur sucht nach dem linksextremen Anschlag auf die Berliner S-Bahn die genaue Ursache des Brands. FOTO: DPA/DPA
Erstveröffentlicht: 
23.05.2011

Ein linksextremer Anschlag brachte Berlins S-Bahnverkehr streckenweise zum Erliegen. Im Bekennerschreiben wettern die Täter gegen Krieg und Atomkraft.

 

Nach einem Brandanschlag einer linksautonomen Gruppe auf eine Kabelleitung am S-Bahnhof Ostkreuz ist der Bahnverkehr in weiten Teilen Berlins und im Osten Brandenburgs zusammengebrochen. Betroffen war neben zahlreichen S-Bahnen auch der Regional- und Fernverkehr, Zehntausende Pendler warteten vergeblich auf ihre Züge.

 

Ein Fernmeldemonteur sucht nach dem linksextremen Anschlag auf die Berliner S-Bahn die genaue Ursache des Brands.

Auch Telefonnetze und Internetverbindungen brachen zusammen, weil das Feuer neben den Stromleitungen der Bahn auch Glasfaserkabel Zerstört hatte. Am Nachmittag wurde im Internet ein Bekennerschreiben veröffentlicht, daraufhin wurde der Staatsschutz eingechaltet. Beamte eines Brandkommissariates hatten zuvor am Tatort Reste einer brennbaren Flüssigkeit entdeckt, die vermutlich als Brandbeschleuniger verwendet wurde.

 

Gegen drei Uhr früh hatte ein Mitarbeiter der S-Bahn-Aufsicht am Markgrafendamm in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Ostkreuz Feuer an einer über die Straße führenden Kabelbrücke entdeckt und die Feuerwehr alarmiert. Die Lösch- und Aufräumarbeiten dauerten bis gegen acht Uhr. Weiträumige Absperrungen ließen in dieser Zeit auch den Straßenverkehr rund um den Bahnhof Ostkreuz nahezu zum Erliegen kommen.

 

"Wir haben die Schnauze voll"

 

In dem Bekennerschreiben, das "Welt Online" vorliegt, erläutern die Verfasser detailliert ihre Vorgehensweise, ein Faktor der nach Einschätzung von Ermittlern eindeutig für die Echtheit des Schreibens spricht. Die Begründungen für das Vorgehen der Täter enthalten die üblichen teilweise wirren Floskeln. Sie richten sich in einem heillosen Durcheinander gegen Krieg, Atomkraft, Asylgesetzgebung und „kapitalistische Profitgier“.

 

Die Kernaussage dabei: Die Bahn wurde als Ziel des Anschlags ausgewählt, weil sie Atomtechnik, Atommüll und Waffensysteme transportiert. Derartige Zustände seien nicht zu dulden, die Aktion sei ein Haltesignal, schreiben die Verfasser und stellen lapidar fest: „Wir haben die Schnauze voll“.

 

 

 

Das Bekennerschreiben zu dem aktuellen Anschlag am Ostkreuz war unterzeichnet mit „Das Grollen des Eyjafjallajökull“ in Anlehnung an den Ausbruch des isländischen Vulkans, der vor etwa einem Jahr wochenlang den Flugverkehr in Teilen Europas weitgehend lahmlegte.

 

„Dass Tätergruppen sich skurrile Namen zulegen, ist in der linksextremen Szene nicht ungewöhnlich, jetzt muss geklärt werden, wer dahinter steckt“, sagte ein Ermittler am Montag. Es könne eine neue, bislang noch nicht aufgefallene Gruppe sein, es könnte sich aber auch um „alte Bekannte“ von Staats- und Verfassungsschützern handeln, so der szenekundige Beamte.

 

Bereits im November 2010 verübten militante Atomgegner im Berliner Ortsteil Neukölln einen Brandanschlag auf die S-Bahn. Ob zwischen beiden Fällen ein Zusammenhang besteht, ist noch unklar.

 

"Haupttreffer gelandet"

 

Bahnexperten hielten esfür unwahrscheinlich, dass die Kabelbrücke am Ostkreuz zufällig ausgewählt worden sei. „Wer maximalen Schaden anrichten will, der hat dort einen Haupttreffer gelandet“, sagte ein Insider „Welt Online". An kaum einem anderen Ort verlaufen so viele wichtige Versorgungs- und Kommunikationsleitungen oberirdisch.

 

Das Behelfsbauwerk am Markgrafendamm hatte die Bahn eigens errichten lassen, damit eben jene Leitungen durch die langanhaltenden Bauarbeiten am Bahnhof Ostkreuz nicht beschädigt werden können.

 

Die Deutsche Bahn verurteilte den Anschlag am Nachmittag scharf. „Er trifft nicht nur unser Unternehmen, sondern ist vor allem eine Zumutung für Hunderttausende unserer Kunden“, sagte Gerd Becht, für die Konzernsicherheit verantwortlicher Vorstand. Die Folgen der Tat müssen auch in den kommenden Tagen noch die Fahrgäste tragen, wie ein Unternehmenssprecher bestätigte.

 

Mindestens für den 24. Mai rechnet die Bahn AG noch mit Einschränkungen im S-Bahn-Verkehr im Osten Berlins. Bis alle Leitungen am Ostkreuz repariert sind, können den Angaben zufolge mehrere Tage vergehen.