Solidarität mit dem Gefangenen Werner Braeuner

fist behind bars

Werner Brauener ist seit 2001 im Knast in Sehnde bei Hannover, weil er einen Arbeitsamtdirektor getötet hatte. Die Behörde hatte seine Leistungen gesperrt. Er tritt in einen unbefristeter Hungerstreik in der JVA Sehnde/Niedersachsen ab dem 08.05.2011.

 

Exkremente im Knastessen: Werner Braeuner verlangt vom niedersächsischen Justizministerium Eigenverfügung über Tagesverpflegungssatz für Gefangene zwecks Selbstbeköstigung. Das Ministerium lehnt ab.    

Wir dokumentieren dazu die


ERKLÄRUNG VON WERNER BRAEUNER    

 

„Bereits seit der zweiten Februarwoche 2011 habe ich aus unüberwindlichem Ekel keine in der Knastküche in Kesseln zubereiteten Speisen mehr gegessen; im einzelnen sind dies Salat, das meiste des Gemüses, Suppe, Soße, die überwältigende Mehrzahl der Fleischgerichte ( Gulasch, Frikassée, Geschnetzeltes, Chili ) sowie von der Küche hergestelltes Dessert.    

 

Bei derart eingeschränkter Ernährung stellen sich infolge Mangels an Eiweiß, Vitaminen und Mineralien nach einiger Zeit schwere und bleibende Gesundheitsschäden ein. Um dem zu entgehen, verlange ich vom zuständigen Landesjustizministerium in Hannover, mir den Tagesverpflegungssatz für Inhaftierte in Höhe von circa 7 Euro zu überlassen, um mit diesem Geld beim Knastkaufmann einkaufen und mich selbst beköstigen zu können. Das Ministerium lehnt dies ab. Da ich eine gerichtliche Entscheidung dieses Streitfalls zu meinen Gunsten nicht erwarte und auch die Verfahrenskosten nicht tragen könnte, beginne ich am 08.05.2011 ein Todesfasten.    

 

Im Kampf für meine Gesundheit und Würde setze ich mein Leben ein. Nachdem durch das Fasten bleibende Gesundheitsschäden eingetreten sein werden, werde ich es unabhängig von einem eventuellen Einlenken des Ministeriums bis zum Ende fortsetzen. Wenn ich von Exkrementen freie Nahrung nur um den Preis erhalte, zuvor meine Gesundheit beschädigt zu haben, ist ein Leben in Würde nicht mehr möglich.     

Durch ekelerregende Eintragungen ungenießbar gemachtes Essen ist ein in allen Knästen auftretendes und bekanntes Problem. Die Justizbehörden bestreiten dies mit der Begründung, es werde von jedem Kesselgericht eine Probe genommen, die vom örtlichen Gesundheitsamt auf Eintragungen hin untersucht werde. Tatsächlich werden diese Proben allerdings jenen Kesseln entnommen, in denen die in der Küche arbeitenden Gefangenen das Essen für sich selbst zubereiten. Solche Zweitkessel sind regelwidrig doch verbreitete Praxis, da die Knastküchen andernfalls früher oder später von den Gesundheitsämtern geschlossen werden würden.    

 

Knäste sind Heimstätten der Niedertracht; es gibt dort eine im Vergleich zu draußen weit überdurschnittliche Zahl von persönlichkeitsgestörten bis hin zu verrückten Menschen, die aus geringfügigen Anlässen bisweilen extreme Verhaltensweisen an den Tag legen – z.B. aus allgemeiner Gekränktheit, diffusem Frust, Mißgestimmtheit und auch manchmal ohne irgendwie nachvollziehbare Anlässe. Anlaß für ein motivlos scheinendes wahlloses Schädigen anderer Personen kann schon die seelische Entlastung sein, die eine gestörte Person sich durch eine niederträchtige Handlung zu verschaffen vermag. So kommt es in den Knastküchen nicht selten zur Entdeckung von ekelerrregenden Einträgen im Essen. Die in der Küche tätigen Gefangenen werden dann energisch zum Schweigen verplichtet und für den Fall der Zuwiderhandlung mit Rauswurf, Arbeitsverbot, Disziplinarstrafen, Verlegung in andere Knäste usw. bedroht. Dennoch dringen als zuverlässig zu bewertende Informationen über jene Vorgänge selbstverständlich nach außen. Von den Gefangenen werden sie meist verdrängt, da man dem völlig hilflos gegenübersteht. Man „schluckt's runter“ - buchstäblich - oder es werden bestimmte Speisen gemieden, meist der montägliche Eintopf und die Nachspeisen – die Bewältigungsversuche variieren je nach Person. Der Ekel hängt ständig in der Luft ohne je greifbar zu werden; Äußerungen wie 'der Erdbeerquark hat heute ja richtig Farbe'  können da sehr spezielle Bedeutungen gewinnen.     

 

Ekelerregendes Essen kommt dem Arbeitsregime des Knasts sehr entgegen, da es zusätzliche Motivation zur maximalen Verausgabung der körperlichen und nervlichen Kräfte an den Höchstleistung verlangenden Stücklohn – bzw. Pensumsarbeitsplätzen beisteuert. Den dennoch geringen Verdienst 'investieren' Gefangene wahlweise entweder in Genuß- und Betäubungsmittel oder eben in Nahrung. Würde den Gefangenen der justizbehördlich festgelegte Tagesverpflegungssatz von täglich ca. 7 Euro zwecks Selbstbeköstigung überlassen, würden sich mit dem Ausbeutungsdruck zugleich die Einnahmen der Justizbehörde aus Gefangenenarbeit fühlbar verringern ( Eine Vielzahl der Gefangenen erwirtschaftet in sogenannten Unternehmerbetrieben innerhalb der Anstalt Einnahmen für die Justizbehörde).    

 

Mit dem beinahe allseitigen, politischen Kehrtmachen der 1948 an die Regierung gekommenen Repräsentanten der qualifizierten Lohnarbeiterschaft sowie der diese qualifizierenden Lehrerschaft wurden die Knäste der BRD zu knallharten Arbeitslagern rückgeformt, und dies sehr zügig kurz nach Verkündigung der 'Agenda 2010' im Jahre 2003. Das Strafvollzugsgesetz wurde massiv unterlaufen und von einigen Bundesländern auch neu gefaßt. Die Justiz hat dem assistiert; heute ist der Strafvollzug ein weitgehend rechtsfreier Raum, eine Spielwiese für Kriminelle, allerdings für kriminelle Bedienstete des Strafvollzugs. Mittlerweile geben sich Gefangene, die sich hilfesuchend an die Justiz wenden, der Lächerlichkeit preis. So werde ich die Gerichte beim Streit mit dem Ministerium nicht hinzuziehen. Justiz war gestern, heute ist direkter Schlagabtausch mit dem Feind – auf Biegen und Brechen.    

 

Ich werde siegreich aus diesem Kampf hervorgehen, gleichgültig wie er ausgehen mag. Bisweilen ist es besser, im Kampf zu sterben, denn als Geschlagener zu leben. Die Herrschenden und ihre Büttel können nur noch bestehen, indem sie demonstrieren, zu jeglicher ruchlosen Tat und zu jedem Verbrechen gewillt zu sein. Sich solchem Abschaum bis in den Tod nicht zu ergeben, ist ein großes Ja zu Kampf und Leben.  

 

Werner Braeuner“   

 

P.S. 1: Werner Braeuner berichtete in einem Telefonat aus dem Knast im April 2011, darüber, dass in der zweiten Jahreshälfte 2010 die Küche der JVA Hannover wegen Eintrags von Exkrementen in das Gefangenen-Essen geschlossen worden ist.

P.S. 2: Im Falle einer Zwangsernährung während des Hungerstreiks kündigt Werner Braeuner in einem Schreiben vom 27.04.11 die Selbsttötung an, da die Zwangsernährung keine Lösung des Konflikts resultierend aus der jetzige Situation sei. Werner Braeuner schreibt, dass er nichts zu verlieren habe und die Selbsttötung dann nur die konsequente Fortsetzung seines Kampfes sei.

P.S. 3: Solidaritätserklärung des Gefangenen Thomas Meyer-Falk aus Bruchsal     

 

Solidarität!  

 

Werner Braeuner hat gehandelt, wo viele sonst nur reden, fluchen und sich allenfalls zu der Phantasie hinreißen lassen: „MAN sollte mal was zu tun......“ Werner polarisiert - heute auch noch, aber das ist gut so. Denn in einer Zeit in der es scheinbar darauf ankommt, möglichst „glatt“ zu erscheinen, da zeigt er Kante. An einem Ort wie dem Gefängnis, wo der menschliche Leib instrumentalisiert wird, denn mensch ist dort „Gefangener“, Objekt für angebliche Resozialisierungsmaßnahmen, hat der Gefangene zur Wertschöpfung durch Zwangsarbeit beizutragen und vieles mehr. Auch doch handelt Werner, dort wo viele sonst nur mit der Faust in der Tasche reden, fluchen und sagen: „Mensch, MAN sollte mal was tun...“  

 

Werner braucht unsere Solidarität – heute, morgen und in den kommenden Monaten!   Thomas Meyer-Falk

zu Zeit in Bruchsal in Haft  

 

April/Mai 2011

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Ein Radiointerview zu Werner Braeuner  gibt es am Diesntag, den 3.Mai zwischen 18-19 Uhr zu hören beim Webradio "Radio Flora" aus Hannover per Livestream: www.radioflora.de zu hören.
Die Sendung wird am wiederholt am Donnerstag, den 5. Mai von 11 - 12 Uhr.

... manchmal sei es besser, nichts zu tun! Es ist der Beweis, dass hier keine Menschen arbeiten, sondern funktionieren. Wäre eine Umverlegung in ein anderes Gefängnis nicht zumindest ratsam, noch dazu von sozialer Rechtsprechung dringendst erforderlich?

 

Jetzt frage ich mich gerade, was man tun kann, dort in Bruchsal. Ich stelle mir diese Frage wohl seltener als es notwendig ist, aber vielleicht fällt mir ja was ein, wer weiß. Man könnte ja mal wieder sozial-kritische Briefe schreiben, um den Apparat aufzuwecken, hm, oder aber gleich die Gesetze kritisieren, diese scheinen einer Allgemeingültigkeit zu folgen und keinen Bezug auf den einzelnen Menschen zuzulassen.

 

By the way, die Ekelfolter war im Mittelalter, ich denke bis weit ins Ende des 18. Jahrhunderts eine gängige Methode, allerlei Repressionen durchzuführen, sozusagen als Nebenstrafe. Damit haben die Gefangenen ihre Würde sehr schnell verloren und waren fortan, auch nach einer Entlassung in die Freiheit, zum Beispiel nach spätestens zwei Jahren (§361 StGB gültig bis 1974), nicht mehr fähig, zu der Menschenwürde zurückzufinden.

 

Ich will nichts heraufbeschwören, aber hat man hier SozialarbeiterInnen instrumentalisiert, und ihnen damit den Titel Diplom vergoldet? Mal schaun, was die anderen Hochschulen Sozialer Arbeit zu dem Thema sagen!

 

Halte durch, Mensch!!!

 

mAG

R.M.

So, ich habe den ganzen Text hier reinkopiert, damit Ihr Euch keine Flöhe einfangt!

 

Der gefangene Erwerbslose Werner Bräuner stellt in einem Brief vom 27. Mai 2002 einige falsche Behauptungen eines Artikels im Stern richtig. Bitte verbreitet dieses Schreiben weiter.

Gegen das Knastsystem ! Klasse gegen Klasse !

Beginn Brief

Offener Brief von Werner Braeuner Stifthofstrasse 10 JVA Verden D-27283 Verden

Eine Erwiderung auf den Stern - Artikel

An meine FreundInnen und UnterstützerInnen

Im Stern Nr.18 vom 25.4.2002 war ein Artikel , wo es um meine Person geht; Titel: Ein tödliches Hintergrundrauschen. Der Journalist Kuno Kruse hat die wesentlichen Zusammenhänge gut dargestellt, dabei aber auch gewisse Klischees bedient, in denen ich mich nicht wiederfinden kann: Der eilige Leser will eingängige Geschichten. Meinen FreundInnen, UnterstützerInnen und nicht zuletzt auch der Wahrheit über die soziale Wirklichkeit bin ich es schuldig, einiges in dem Artikel wenigstens kurz zu kommentieren. Ich bitte euch alle , das hier möglichst breit zu streuen und unter die Menschen zu bringen:

Zuhälter der sozialen Misere... - Damit meinte ich vor allem die Weiterbildungsunternehmen und ähnliches, von denen sehr viele im Besitz von Gewerkschaften und Unternehmerverbänden sind. Die Angst, dass sich meine Lebensverhältnisse weiter verschärfen... - Genauer: die Angst, mit dem Abstieg in die Sozialhilfe der völligen Willkür der Zwangsarbeitsapparaturen schutzlos ausgeliefert zu sein. Da ist das restlose Zerstörtwerden nur noch eine Frage kurzer Zeit ! Und er will doch der Ernährer sein!... - Es ging um weit mehr: Hätte ich meinen sozialen Abstieg nicht aufhalten können, hätte kein Familiengericht mir ein Besuchsrecht für meine Tochter (immerhin war das nicht mein Hund!) zubilligen können. Dann hätte ich sie niemals zu Gesicht bekommen. "Keiner durfte erfahren, dass er arbeitslos ist."... - Das ist Quatsch. Ich habe meine Arbeitslosigkeit nie als persönliche Schuld oder als persönliches Versagen gesehen. Dazu war ich ein viel zu sachlich und politisch klar denkender Mensch. Eine Arbeitsberaterin hat mir meine Nonchalance einmal empört vorgehalten. Bin ich deswegen schamlos? äWerner hat sich über Arbeit definiert".... - Arbeit war Mittel zum Zweck, um nicht in behördliche Zwangsarbeitsmühlen zu geraten. Ich wusste, was mir da blühen würde. Und tatsächlich... Weiterbildung in Berlin zum PR-Referenten... - Diese wurde mir vom Arbeitsamt Hannover unter Androhung einer Sperre aufgezwungen. ...wollte den anderen nicht glauben, die sich nur geparkt fühlten... - Geglaubt hatte ich denen schon. Hatte bloss keinen Bock auf Stürme im Wasserglas; habe da lieber blaugemacht. Die Welt lichtdurchfluteter Wohnungen erfolgreicher Akademiker... - ... habe ich immer gemieden wie die Pest! Dann vergrub Braeuner sich in Nietzsches "Jenseits von Gut und Böse"... - ... und in etliche andere Schriften dieses Autoren. "Ich hatte endlich jemand gefunden, der mich aus meiner Lethargie riss"... - Oder war es umgekehrt ? Jedenfalls kann Liebe schön sein. ... übersetzte Artikel aus der französischen Tageszeitung Libération... - ... nur in AusnahmefSllen, also genau ein einziges Mal... ber seine Kindheit spricht er bis heute nicht... - ... jedenfalls nicht mit jedem. War viel unterwegs, und das war nicht uninteressant. So wurde ich Wikinger...immer auf intellektuelle Beute aus. Die Furcht zu versagen, Erwartungen nicht zu erfüllen... - Die Furcht, von dem Bürokratenpack endgültig plattgemacht zu werden ! Diese grausame Furcht vor einem möglichen Erfolg.. - In welchem Kino, bitte, sind wir hier gerade ? "Mit 2000 Mark Arbeitslosengeld war er doch privilegierter Arbeitsloser..." - Offenbar weiss Gerald Herzberg nicht, dass gerade Langzeitarbeitslose mit guter Stütze den Arbeitsämtern ein Dorn im Auge sind. Besonders, wenn sie dazu auch noch politisch aktiv sind. Dann geht der Terror richtig los... Denn: Allen soll es gleich schlecht gehen (Ihre SPD) ...war er wieder freundlich, kooperativ, ein Lamm.. - Vielleicht war Braeuner auch einfach zermürbt und fertig, und merkte, dass Bultmann eine besonders hartnäckige Sau ist ! ...."schrieb Bewerbungen, stellte sich vor..." - Lieber Bultmann, das waren Bewerbungsaufforderungen von Ihnen, die nichts taugten, und mit denen Sie mir Druck machen wollten, damit ich in eine dieser völlig hohlen "Trainingsmassnahmen" bei Ihrem Partnerunternehmen NBW in Achim gehe. Bultmann, Bultmann, plötzlich die Hosen voll ? Nähe zerstörte Werner Braeuner, weil er sie nicht ertrug... - Als faustisches Wesen, das herausfinden will, was den Kapitalismus im Innersten zusammenhält, konnte ich Spiessbürger tatsSchlich nur schwer ertragen. Hier drinnen schätzt er die fast paradiesische Ordnung... - Stimmt sogar, keine Post vom Arbeitsamt mehr!

- Für die sofortige Schliessung der Arbeitsämter !!!

- Für Sozialleistungen ohne Verpflichtung zur Arbeitsaufnahme oder Teilnahme an Weiterbildungen usw. !!!

- Für die grundgesetzliche Ächtung des Satzes: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen !!!

- Nie wieder Faschismus !

- Nie wieder Krieg !

- Nie wieder Sozialdemokratie !

JVA Verden, den 27. Mai 2002

Werner Braeuner

weitere Infos zu und Texte von Werner Braeuner finden sich unter http://www.fau-bremen.de.vu

Artikel hier erfasst: 09.06.2002

http://www.thur.de/philo/gast/werner.htm

werner

seine Adresse:

Werner Braeuner
JVA Sehnde
Schnedebruch 8
31319 Sehnde
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