Gorleben-Castor 2011: Atomkraftgegner sehen Polizei in der Bringepflicht

Gorleben Demokratie

Der Sozialwissenschaftliche Dienst der Polizeidirektion Hannover lädt die Anti-Atom-Initiativen, die sich maßgeblich beim Castor 2010 im Wendland engagiert haben, zu einem Nachbereitungsgespräch ein. Schließlich steht uch im Jahr 2011 wieder ein Castortransport nach Gorleben auf dem Dienstplan. Allerdings möchte sich weder die Bäuerliche Notgemeinschaft noch die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI), aber auch nicht widerSetzen, X-tausendmal quer oder die Kampagne "Castor? Schottern" mit den Wissenschaftlern der Polizei zusammen oder auseinandersetzen.

 

"Ausführlich haben wir beraten, ob eine Auswertung des polizeilichen Einsatzes zur Durchsetzung des Castortransportes nach Gorleben zielführend oder sinnvoll ist", sagte die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek. Auch wenn hier und da ein besonnenes Polizeiverhalten gegeben war, wie zum Beispiel für die relativ glimpfliche Räumung der Sitzblockade vor dem Zwischenlager, so hätten doch die vielen Negativerfahrungen überwogen.


WiderSetzen beispielsweise beklagt die Vielzahl von angewandten Schmerzgriffen sowie die Androhung von körperlicher Gewalt bei der Räumung der Schienenblockade in Harlingen in der Nacht vom 8. auf den 9.11.2010: "Laut UN-Antifolterkonvention ist jede Handlung als Folter zu werten, bei der Träger staatlicher Gewalt einer Person "vorsätzlich starke körperliche oder geistig-seelische Schmerzen oder Leiden" zufügen oder androhen, um eine Aussage zu erpressen, um einzuschüchtern oder zu bestrafen."


Vor allem der Reizgaseinsatz in der Göhrde, Prügelszenen wie die eines polizeilichen Sanitäters, der mit seinem Rucksack auf Demonstranten einschlug und dabei von seinen Kollegen nicht gehindert wurde, aber auch der Einsatz eines französischen Bereitschaftspolizisten, die "Freiluft-Gesa" - eine Gefangenensammelstelle unter offenem Himmel bei Minustemperaturen - sowie mutwillig beschädigte Traktoren hätten dazu beigetragen, dass sich in der Runde der Protestler niemand für eine Auswertung bereit fand: "Wir sehen die Polizei in der Bringepflicht, haben deshalb unsere Negativerfahrungen gut recherchiert und übersenden diese dem Sozialwissenschaftlichen Dienst."

 

Aus der Mitteilung der Niedersächsischen Landesregierung von Mitte November zum Auftreten internationaler Polizeikräfte beim Castor-Transport gehe zudem die Mitarbeit des SWD im Programm "Good practice for dialogue and communication as strategic principles for policing political manifestations in Europe" (GODIAC) hervor. Weder die deutschen noch die europäischen Projektbeteiligten hätten den Start dieses Programms und dessen Feldforschungstätigkeit beim Castor-Transport vorher bekannt gegeben.

 

Die unterzeichnenden Initiativen lehnen es ab, als "unfreiwillige Objekte internationaler polizeilicher Untersuchungen herzuhalten". Zielführend sei vielmehr, ergänzt die BI, die Gespräche mit der Gewerkschaft der Polizei fortzusetzen, denn die Gewerkschafter hätten für die politischen Ziele des Widerstands Verständnis geäußert, letztlich sei der Gorleben-Konflikt nicht polizeilich, sondern politisch zu lösen.

 

Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06

 

Der Brief an den SWD wurde von folgenden Gruppen und Initiativen unterzeichnet:
Bäuerliche Notgemeinschaft, Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, widerSetzen, X- tausendmal quer, widerStandsNest Metzingen, Ermittlungsausschuss Wendland, Kampagne Castor? Schottern!

Dokument: Der Brief siehe unsere Homepage www.bi-luechow-dannenberg.de

 

 

"Illustrer Zeuge" Kurt-Dieter Grill (CDU) vor dem Gorleben-Untersuchungsausschuss

 

Am gestrigen Donnerstag hat ein "illustrer Zeuge" vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Gorleben ausgesagt: Kurt-Dieter Grill (CDU). Dem damaligen niedersächsischen Landtagsabgeordneten und späteren Bundestagsabgeordneten, langjährigem Mitglied im Atomforum und Ehrenmitglied der Kerntechnischen Gesellschaft, entfuhr am 4. November 1984 während einer Talk-Runde in Hitzacker mit dem Pastor Egon Maierhofer, wie die kommunalen Gorleben-Befürworter den Widerstand einst als gewalttätig hochstilisierten: "Dramatisierungen im Verteilungskampf" nannte Grill dieses Vorgehen.

 

Die regionalen CDU-Politiker hatten ihre Zustimmung zum Atommüllkomplex an die Zahlung der sogenannten Gorleben-Gelder gekoppelt, erst als 1979, zwei Jahre nach der Standortwahl Gorlebens als "Nukleares Entsorgungszentrum" (NEZ), grünes Licht für die Gorleben-Millionen gegeben wurde, stimmten sie zu. "Diesen Zusammenhang wird Grill bestimmt leugnen oder relativieren", ist sich die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) sicher.

 

Kolportiert wird aber bis heute, dass die damalige niedersächsische Finanzministerin Birgit Breuel (CDU) angesichts der drängelnden Kommunalpolitiker, allen voran Kurt-Dieter Grill, sagte: "Was sollen wir denn machen, wenn die andauernd vor unserer Tür stehen."


Damals, 1979, wirkte sich das Demonstrationsgeschehen noch günstig für finanzielle Verhandlungen aus. Die "Schlacht um Gorleben" stehe bevor, warnten die CDU-Leute und die Verwaltungsspitze des Kreises. "Das Schlachtengemälde diente der eigenen Verhandlungsposition. Schon 1978, noch bevor »Gorlebengelder« bezahlt wurden, hatte der Landkreis eine Wunschliste erstellt mit Forderungen in Höhe von 75 Mio. DM an Bund und Land.

 

"Internationale militante Gruppen" sah die Kreisverwaltung auf Gorleben vorrücken. Waldgebiete würden möglicherweise von den Gegnern der Anlagen in Brand gesteckt. Deshalb müssen die Feuerwehren ausgebaut werden. Wegen der Demonstranten könnten Handel, Handwerk und Gewerbe unterbrochen werden, auch das müsse entschädigt werden.

 

Eine Vielzahl von Verletzten bei "gewalttätigen und aufrührerischen Demonstrationen" seien zu erwarten, deshalb müsse das Kreiskrankenhaus ausgebaut werden. Und auch die Kreisverwaltung sollte profitieren: weil mit den Bauarbeitern des Nuklearen Entsorgungszentrums (NEZ) sich Geschlechtskrankheiten, Prostitution, Alkohol- und Rauschgiftsucht ausbreiteten, deshalb brauche man Geld für das Gesundheitsamt, schrieb der Landkreis in sein Verhandlungspapier." (Quelle: "Gorleben-Millionen. Wie man mit Steuergeldern Zustimmung kauft", Karl Kassel und Jürgen Rehbein).

 

BI-Sprecher Wolfgang Ehmke hat nur noch einen Wunsch: "Der PUA Gorleben könnte bei der Gelegenheit einmal aufklären, wie viele Millionen jener Akzeptanzgelder - offen und versteckt - bis Anfang der 90er Jahre in die Region geflossen sind: Ein sichtbarer Effekt ist bis heute die Pro-Haltung zu Gorleben in der Samtgemeinde Gartow, die davon in großem Umfang profitierte und die in Stellung gebracht wird, wenn die CDU sich auf die angebliche Zustimmung zu Gorleben in der Region beruft."

 

Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06
Weiterlesen: http://www.castor.de/material/millionen.html

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Also ich finds gut das sie sich nicht darauf einlassen. Vor allem da der Sinn dieser "Forschung" ist, herauszufinden wie sich Leute noch leichter kontrollieren lassen.

Allerdings wird es Zeit, das man auch mit den Gewerkschaften der Polizei jede Zusammenarbeit ablehnt!!

danke leute

auf euch ist noch verlass

 

sogar in der etablierten sozialpädagogik gibt es einen wissenschaftlichen passus der sagt daß die sozialarbeit und die repressive arbeit der polizei etc strikt voneinander zu trennen sind

 

ironischerweise ersuchen aber stets die repressionsorgane selbst das zu durchdringen

komisch wa? aber eigentlich auch nur all zu logisch