Nato-Gipfel 2009: Britischer Spitzel bei Freiburger Polizei

Erstveröffentlicht: 
12.02.2011

Verdeckter Ermittler: Ein britischer Spitzel hat beim Nato-Gipfel im April 2009 im Auftrag einer Sondereinheit der Freiburger Polizei die linke Szene ausgespäht. Die Praxis soll Straftaten verhindern – ist aber umstritten.

 

STUTTGART (dpa). Dies teilte Innenminister Heribert Rech (CDU) auf eine Landtagsanfrage der Grünen mit. Rechs Angaben sind den Grünen und der SPD noch zu dünn. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Ulrich Sckerl kritisierte am Freitag: "Die wesentlichen Fragen bleiben unbeantwortet." So hülle sich Rech zu näheren Einzelheiten des Einsatzes und die Bezahlung des verdeckten Ermittlers in Schweigen.

Rech hatte vor bereits den Einsatz eines Spitzels in der studentischen Szene in Heidelberg eingeräumt. Inzwischen gibt es Hinweise auf weitere verdeckte Ermittler.

Auch die SPD forderte Aufklärung. In der nächsten Sitzung des Innenausschusses an diesem Mittwoch müsse Rech offenlegen, in welchem Umfang es in Baden-Württemberg Einsätze verdeckter Ermittler in studentischen Szenen gibt, sagte der SPD-Abgeordnete Rainer Stickelberger. Er will auch wissen, wie viele ausländische Polizeibeamte in Baden-Württemberg eingesetzt werden und was die genauen Rechtsgrundlagen für den Einsatz während des NATO-Gipfels waren.


Die Staats- und Regierungschefs der Nato hatten am 3./4. April 2009 in Baden-Baden, Kehl und Straßburg das 60-jährige Bestehen des Bündnisses gefeiert. Dabei war es auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Nato-Gegnern gekommen, die gegen den Gipfel demonstrierten. Der Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, hatte vor kurzem im Bundestags-Innenausschuss berichtet, dass der Brite Mark Kennedy auch in Diensten der baden-württembergischen Polizei gestanden habe.

Mischte der Spitzel bei Vorbereitungstreffen der linken Szene mit?


Das Innenministerium erklärte daraufhin, es sei bei verschiedenen Gipfeln in der Vergangenheit erforderlich gewesen, auch durch den Einsatz ausländischer verdeckter Ermittler Erkenntnisse über geplante gewalttätige Aktionen der linken Szene aus dem Ausland zu gewinnen. Vor dem Nato-Doppel-Gipfel in Baden-Württemberg habe es zahlreiche Vorbereitungstreffen gegeben, bei denen auch britische Aktivisten eine Rolle spielten. Nun teilte das Ministerium auf die Grünen-Anfrage mit, aus einsatztaktischen Gründen könnten keine Einzelheiten zum Einsatz des britischen Ermittlers veröffentlicht werden. Minister Rech werde aber im Landtagsausschuss unter Wahrung der nötigen Geheimhaltung darüber berichten, sagte seine Sprecherin der dpa. Hinweise über Straftaten ausländischer verdeckter Ermittler in Baden-Württemberg lägen dem Ministerium nicht vor.

Nach Angaben der Antifaschistischen Intitiative Heidelberg sind auch nach der Enttarnung des verdeckten Ermittlers mit dem Decknamen Simon Brenner eine Frau und ein Mann als Spitzel des Landeskriminalamtes in der linken Studentenszene aktiv. Die "unsägliche" Bespitzelung müsse aufhören und verbliebene V-Leute müssten abgezogen werden, forderte der Aktivist Michael Csaszkoczy. Die Begründung des Innenministeriums, wonach mit dem Spitzeleinsatz schwere Straftaten verhindert werden sollen, sei eine Floskel. "Die Begründung ist völlig aus der Luft gegriffen". Das Innenministerium wollte sich dazu nicht äußern.