Massenprotest gegen die NPD: Kundgebung gegen Aufmarsch in Magdeburg

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Erstveröffentlicht: 
17.01.2011

Am 16. Januar 1945 wurde Magdeburg schwer bombardiert. Ähnlich wie in Dresden versuchen Rechtsradikale, diesen Termin für sich zu instrumentalisieren. Am Samstag stellten sich ihnen 6000 Bürger entgegen. Auch der Widerstand hat bereits Tradition.

 

Mehrere Tausend Menschen haben am Sonnabend in Magdeburg gegen einen Neonazi-Aufmarsch mit etwa 1000 Teilnehmern protestiert. Im Mittelpunkt der Gegenkundgebung stand eine »Meile der Demokratie« in der Innenstadt mit mehreren Bühnen und Informationsständen, die von gut 6000 Menschen besucht wurde. Zudem verzögerten nach Polizeiangaben etwa 300 Anhänger der linken Szene mehrmals den Neonazi-Aufzug mit Sitzblockaden.

Ein Polizeisprecher bezichtigte anschließend »zwei Drittel« der linken Gegendemonstranten der Gewaltbereitschaft. Polizisten seien mit Steinen und Knallkörpern beworfen worden. Verletzt wurden nach Polizeiangaben aber nur zwei Polizisten, die Verletzungen seien leicht gewesen, hieß es. Die Polizei habe Platzverweise ausgesprochen und mehrere Gegendemonstranten vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Zum Auftakt rief der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, dazu auf, »diejenigen in die Schranken zu weisen, die die Uhr zurückdrehen wollen«. Anlass für den »Trauermarsch« der Neonazis war der 66. Jahrestag des Luftangriffs auf Magdeburg am 16. Januar 1945. Dabei wurden mehrere Tausend Menschen getötet und 90 Prozent der Innenstadt zerstört. Der Jahrestag ist zu einem festen Termin im Kalender der Neonazis geworden. Rose hielt der Propaganda entgegen, die deutsche Gesellschaft sei vor 66 Jahren nicht zerstört, sondern von einer menschenverachtenden Ideologie befreit worden, die sechs Millionen Juden und Hunderttausenden Sinti und Roma das Leben gekostet habe. Er warnte zudem vor einem »Schüren von Vorurteilen« gegenüber Minderheiten, das den Boden für das Eindringen von rechter Gewalt in die Mitte der Gesellschaft bereite.

In Magdeburg befinden sich zwei Denkmale für die in der NS-Zeit verfolgten Sinti und Roma. Die 1998 unweit des Doms eingeweihte Plastik war das erste Mahnmal, das in den neuen Bundesländern für die verfolgte Minderheit errichtet wurde.

An dem bis zum Abend dauernden Programm beteiligten sich mit Informationsständen, künstlerischen Darbietungen und Podiumsdiskussionen 150 Vereine, Schulen, Gewerkschaftsgliederungen, kirchliche Einrichtungen, Parteien und Geschäftsleute. Aufgerufen zu der Aktion, die bereits zum dritten Mal stattfand, hatten das Magdeburger »Bündnis gegen Rechts« und die Stadtverwaltung.

Bei der »Meile« bildeten außerdem mehrere hundert Menschen entlang der Strecke ein »Band der Demokratie«. Unter den Teilnehmern waren Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Dieter Steinecke (CDU) und Minister der Landesregierung – und Vertreter der Opposition wie Linkspartei- Spitzenkandidat Wulf Gallert. Zudem wurde am Alten Rathaus eine Gedenkstele enthüllt, die 68 Politikern der Stadt gewidmet ist, die vom NS-Regime ermordet und verfolgt wurden.

Am eigentlichen Gedenktag, dem 16. Januar, finden traditionell auf dem Westfriedhof ein Schweigemarsch und eine Kranzniederlegung am Mahnmal für die Opfer der Bombenangriffe statt. Außerdem sind für den Abend drei Sonderkonzerte geplant.