Angekündigte Feldbesetzung in Üplingen

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In Üplingen soll es dieses Jahr, zum zweiten Mal einen Gentechnik Schaugarten geben, in dem genveränderte Pflanzen ausgestellt werden sollen und Führungen angeboten werden sollen um für die "grüne Gentechnik" zu werben. Um diese einseitige Propaganda zu verhindern, besetzten GentechnikgegnerInnen am 12. März 09 die Fläche des Schaugartens um diesen zu verhindern. Die Bio-Tech-Farm (Betreiberin des Schaugartens) zeigte wie sie den Dialog über die Gentechnik, den sie sich auf die Fahnen schreibt, führen will: Mit Polizeigewalt! Gleich am ersten Tag wurde das Feld geräumt. So leicht soll die Bio-Tech-Farm aber nicht davon kommen. Deßhalb rufen die Ex-BesetzerInnen zu einem Aktionswochenende vom 17. bis zum 19. April auf. Neben Workshops, Konzerten und einer Podiumsdiskussion soll der Höhepunkt eine Fahrradtour nach Üplingen sein, um dort das Feld, angekündigt, wieder zu besetzten.

 

Üplingen, die Bio-Tech-Farm und der Schaugarten

 

Ganz neu und gemeinsames Projekt des Filzes in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern: Die Biotech-Farm in Üplingen. Neu eröffnet im Juli 2008, dient sie nach eigener Darstellung der Beeinflussung des Denkens über Gentechnik. Doch nicht nur Gehirnwäsche ist angesagt, offenbar ist der Ort auch wichtig zur Geldwäsche von Steuergeldern in ein unübersichtliches Gewirr von Firmen - wie beim AgroBiotechnikum bereits seit einigen Jahren länger. Bemerkenswert ist auch, wie schnell für die Fläche recht viele Versuchsfelder angemeldet wurden - hier wirkten sich die bestehenden Seilschaften aus. Die Biotech-Farm ist die Fusion der beiden wichtigsten Seilschaften bei Freisetzungsversuchen, Fördermittelveruntreuung und Firmengründungen: Dem IPK in Gatersleben und dem AgroBiotechnikum in Groß Lüsewitz. Für 2009 waren Versuchsflächen folgender Firmen und Universitäten beantragt:

  • Pioneer: Mais

  • BASF: Kartoffeln

  • Monsanto: Mais (2x)

  • Uni Rostock (Prof. Broer): Weizen, Kartoffeln

Das Besondere: Es sind überwiegend Zweitstandorte – die Hauptfläche liegt am AgroBiotechnikum. Die Verbindung ist kein Zufall, sondern Ergebnis der Verbindung zwischen zwei Seilschaften: Kerstin Schmidt ist Geschäftsführerin beider Einrichtungen (siehe AgroBiotechnikum).

Geschichte
Die Entstehung der Biotechfarm wirft ein bizarres Licht auf die Kaltblütigkeit der Gentechnik-Seilschaften und auf die Schwäche aktueller Umweltschutzstrategien. Ausgangspunkt und wesentliche Geldquelle ist nämlich ausgerechnet eine PR-Kampagne für die Nachhaltigkeit. Das Dorf Üplingen wurde zu einem der globalen Projekte für eine nachhaltige Entwicklung der Welt. Der Titel des UN-Dekadeprojektes: “Das Dorf Üplingen als Agenda 21 Siedlung und Motor der nachhaltigen Entwicklung im ländlichen Raum - Üplingen 2049” (Internetseiten). Es war die zu dieser Zeit übliche wachsweiche Umweltschutzstrategie der Agenda 21. Als eines der Projekte wurde die Renovierung und der Ausbau des Stiftsgutes Üplingen vorangetrieben. Das alles solle ein "Leitprojekt des Bördekreises für die Integrierte ländliche Entwicklung" ergeben (Faltblatt aus 2005). Damit war noch das Wuppertal-Institut Projektpartner.
Zwei Jahre später plätscherte das Nachhaltigkeitsprojekt noch in der ursprünglichen Form vor sich hin - Teilprojekte wurden umgesetzt, z.B. die Renovierung des Stiftsgutes. Mitte 2007 wurde ein Papier mit vier Zielen verfasst. Eine Biogasanlage als neues Projekte kam hinzu, deren Restwärmenutzung sollte zu diesem Zeitpunkt aber noch dem Umweltschutz dienen.

Auszug aus den Zielen im Projektpapier vom 20.8.2007:
Einzelmaßnahmen
1. Nutzung der Restwärme der Biogasanlage in Üplingen: ...
2. Einrichtung eines Büros für die Forschung, Betreuung und Entwicklung von regenerativen Energiesystemen: ...
3. Tagungs- und Weiterbildungszentrum erneuerbare Energien: ...
4. Transnationale Zusammenarbeit: ...

Dann aber griffen die Gentechnik-Seilschaften zu. Uwe Schrader, einer der Macher aus dem IPK-Filz, gründete die Biotechfarm und setzte sich selbst in die Geschäftsführung ein. Im April 2008 gab er diesen Posten wieder ab ... an die Überall-Geschäftsführerin Kerstin Schmidt. Damit war das neue Projekte eine Gemeinschaftsproduktion aus den anhaltinischen und mecklenburgischen Seilschaften. Zeitgleich zerstörten AktivistInnen im IPK die letzten Genfelder, das Projekt in Gatersleben war im Laufe der Jahre immer mehr in die Kritik geraten. Interner Druck auf die verstrickten Funktionäre der beteiligten Kirche führte zum Wechsel: Das neue El Dorado für Geldwäsche und Gentechnik sollte in Üplingen entstehen. Die im Zuge des Nachhaltigkeitsprojektes entstandene Instrastruktur wurde handstreichartig übernommen. Innerhalb eines Jahres wandelte sich deren Zielsetzung - geschickt und kaum merklich. Das zitierte Papier aus 2007 wurde umgeschrieben. Der Punkt vier des Projektplanes wurde ausgetauscht, aus "4. Transnationaler Zusammenarbeit" wurde "4. Zentrum für Pflanzenzüchtung". Die Biogasanlage geriet in den Blickwinkel als Kraftwerk für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen. Plötzlich las sich die Liste so:

Auszug aus den Zielen im überarbeiteten Projektpapier vom Mai 2008:
1. Nutzung der Restwärme der Biogasanlage in Üplingen: ...
2. Einrichtung eines Büros für die Forschung, Betreuung und Entwicklung von regenerativen Energiesystemen: ...
3. Tagungs- und Weiterbildungszentrum erneuerbare Energien: ...
4. Zentrum für Pflanzenzüchtung: ...

Ein unscheinbarer, aber weitreichender Austausch. In einem Rundbrief, dem der veränderte Text als Ergebnis einer Besprechung angefügt war, behaupten die Autoren dreist: "Im Ergebnis wurden die bereits definierten Entwicklungsziele bestätigt ..." Die Übernahme des Nachhaltigkeitsprojektes durch die Gentechnikmafia zunächst aus Sachsen-Anhalt und dann auch aus dem AgroBiotechnikum in Groß Lüsewitz wurde so weitgehend vertuscht. Aus einem - fraglos politisch schwächlichen - Nachhaltigkeitsprojekt wird so geräusch- und übergangslos eines der aggressivsten Gentechnikprojekte in Deutschland. Der gesamte Text des neuen, letzten Absatzes:

Auszug aus den Zielen im überarbeiteten Projektpapier vom Mai 2008:
4. Zentrum für Pflanzenzüchtung
Es soll ein Zentrum für Pflanzenzüchtung nach einem modularen System entstehen. Als erster Schritt soll eine Verbindung von Pflanzenzüchtung und Öffentlichkeitsarbeit realisiert werden. Auf einer Ackerfläche neben dem Gutshof erfolgt im Rahmen eines wissenschaftlichen Züchtungsprojektes der Freilandanbau gentechnisch veränderter Pflanzen, der ein Bestandteil des nach Bundesrecht durchzuführenden Zulassungsverfahren ist.
Auf einer zweiten Fläche entsteht ein Schaugarten, in dem innovative Pflanzen für den Energiebereich präsentiert werden. Dieser kann während der Vegetationsperiode besichtigt werden. Im Schaugarten werden sowohl herkömmlich gezüchtete Pflanzen als auch gentechnisch veränderte angebaut, für die eine entsprechende Genehmigung der zuständigen Bundesbehörde vorliegt.

Das Ergebnis: Ein Wolf im Schafspelz - Gehirnwäsche für Gentechnik unter dem Banner der Nachhaltigkeit
Rücksichtlose und profitorientierte GentechnikbefürworterInnen bestimmen nun das Handeln. Das Nachhaltigkeitsprojekt wurde transformiert zu einem Bildungs- und Öffentlichkeitszentrum für Agrogentechnik, inzwischen werden BesucherInnen von Bildungsveranstaltungen im Stiftsgut Üplingen durch Gentechnik-Pflanzungen geführt und das gutgemeinte, aber von Beginn an schlecht gemachte Engagement für eine gute Sache der harten Gentechnik geopfert. Diese absurde Verbindung wird im Prospekt des Gentechnik-Schaugartens sogar deutlich benannt: "Der Ort Üplingen wurde von der UNESCO und dem Deutschen Nationalkomitee 2005 im Rahmen der UN-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" ausgezeichnet. Damit ergeben sich für die Schaufarm zahlreiche Anknüpfungspunkte zur Fortentwicklung dynamischer Bildungsprojekte." Wie das praktisch aussieht, ließ sich im September 2008 bestaunen:

Unter dem Deckmantel von Nachhaltigkeit und Regionalentwicklung (Quelle: Einladungsschreiben)
Das 6. Symposium 'Bildung für nachhaltige Entwicklung' am 27.09.2008 im Stiftsgut Üplingen, als Beitrag zum 'Tag der Regionen' und zu den 'Aktionstagen Bildung für nachhaltige Entwicklung' der Deutschen UNESCO-Kommission / Nationalkomitee ... Geplante Programmpunkte sind: ... Darstellung des 'Schaugartens Üplingen' mit den 'Pflanzen der Zukunft'

Auszug aus dem Bericht über die Eröffnung in der Magdeburger Volksstimme, 9.7.2008
Der 'Schaugarten Üplingen' im Landkreis Börde wurde gestern offiziell eröffnet. ... Landwirten, Verbrauchern sowie Schulklassen werden Führungen angeboten. ... Zu sehen sind Bt-Mais MON 810 von Monsanto (mit Hilfe eines Gens des Bacillus thuringiensis gegen den Maiszünsler resistent), ein herbizidtoleranter Mais (Round up ready) und Sticks (gentechnisch veränderte Maissorten, in die beide Eigenschaften eingebaut sind). ... Auf dem Kartoffelfeld steht neben der konventionellen Stärkekartoffel Kuras die Amflora von BASF PlantScience, die aufgrund ihrer gentechnischen Veränderung nur eine Sorte Stärke bildet.

 

 

Der 12. April – die Besetzung

 

Wer Gentechnik verhindern will muss früher aufstehen“ dachten sich die AktivistInnen, oder schrieb zumindest später die Junge Welt. Jedenfalls stand die folgende Szenerie als die Sonne aufging: 15 GentechnikgegnerInnen hatten ein Camp errichtet, wo die Bio-Tech-Farm ihre Wunderpflanzen vorführen wollte. Zelte wurden aufgebaut und Transparente flatterten im Wind. Als Blockadetechnik wurden zwei Betonfässer, im Boden verankert, verwendet, an denen sich vier AktivistInnen mit den Armen festketteten.

Eine andere Blockadetechnik war der Turm von Üplingen: Im Prinzip ein Jägerstand auf Rädern, wurde er am Rande des Genfeldes aufgestellt um von ihm aus, dieses später überwachen zu können. Denn die Bio-Tech-Farm entwickelt und vertreibt nebenbei Überwachungstechnologie für Genfelder. Das diese Überwachungstechnologie nun zum Blockadeelement der Besetzung verwandelt wurde, dürfte wohl keine gute Werbung sein. Denn der Turm stand nun mitten auf dem Feld, mehrere AktivistInnen bewohnten ihn und ein Transparent beschmückte ihn mit der Aufschrift: Besetzt!

Nachdem die Besetzung von Polizei und der Führung der Bio-Tech-Farm entdeckt wurde stand für diese sofort fest: Das Feld muss heute noch geräumt werden. Zu groß wäre die Gefahr, dass sich AnwohnerInnen mit der Besetzung solidarisieren, die BesetzerInnen überregional Aufmerksamkeit bekommen oder sich ein wirklicher Dialog über die Gentechnik auf dem Feld entwickelt.

Diese Entscheidung mag aus Sicht der Bio-Tech-Farm sinnvoll sein, macht aber deutlich was ihre Interessen sind: Nicht ein offener Austausch über Chancen und Gefahren der Gentechnik, sondern deren Ansehen aufzupolieren und Gegenargumente polizeilich entfernen zu lassen.

 

So wurden also die technischen Einheiten der Polizei geordert welche dann um 12:30 anfingen das Feld zu räumen. Zuerst war der Turm dran: Die Leute die ihn besetzt hielten wurden über eine Leiter hinuntergeholt und eine Aktivistin, die sich um die Achse des Fahrgestell mit einem Metallrohr festgekettet hatte wurde losgeflext. Anschließend wurden die 4 AktivistInnen aus dem Betonfass herausgeholt. Insgesamt dauerte dieses Unterfangen bis um 19:36 Uhr

 

Die Aktivistin Betina Setzer sagte nach der Räumung: „ vier fünftel der Menschen in Deutschland wollen keine Gentechnik. Dennoch wird sie angebaut. Und wer sich dagegen zur Wehr setzt bekommt polizeiliche Repression zu spüren. Deßhalb will ich nicht nur gegen die Gentechnologie weiter kämpfen, sondern auch gegen einen repressiven Staat in dem der Wirtschaftsstandort wichtiger ist als die Bedürfnisse der Menschen“

Die AktivistInnen bemerkten dass auf dem Feld kurz zuvor wohl eine Gegensaat mit Bio-Kartoffeln stattgefunden haben musste. Diese lagen zumindest überall auf dem Feld herum. Anscheinend ist dieses Feld also vielen ein Dorn im Auge. Die genmanipulierte Saat wird in diesem Jahr auf jeden Fall durchwuchert von Bio Kartoffeln sein.

 

 

 

17. bis 19. April – Aktionswochenende und Wiederbesetzung

 

Nach der Räumung war schnell klar: So schnell werden wir der Bio-Tech-Farm das Feld nicht überlassen! Darum wurde ein Aktionswochenende geplant. Vom 15. bis zum 17. April. Denn der 17. April ist der Aktionstag von Via Campensina, der Landlosenbewegung in Brasilien, und zeitgleich ist das Aktionswochenende von Gendreck-Weg in Kitzingen, wo eine Öffentliche Gegensaat angekündigt ist. Dieses Wochenende soll also zu einem deutschland- oder weltweitem Widerstandswochenende gegen die Gentechnologie werden.

 

Ab Freitag treffen wir uns bei einem Bauern in der Scheune in Erxleben. Dort wird es dann das Wochenede über Programm geben und am Sonntag treffen wir uns um 12 Uhr in Marienborn am Bahnhof um gemeinsam nach Üplingen zu fahren. Wir werden in den Dörfern in denen wir vorbeikommen halt machen um Programm und Redebeiträge abzuhalten. In Üplingen wollen wir das Feld dann wiederbesetzten.

 

Das restliche Programm:

Freitags:Vortrag über die BioTech Farm

Genfeldbesetzungs- und befreiungsworkshop

Bildershow „Gentechnikwiderstand 2008“

Samstags:„Seed-Bomb“ Workshop

Podiumsdiskussion mit Befürwortern und

Gegnern der Gentechnik

Genfeldbesetzungs- und befreiungsworkshop

Konzert: Trikeorchester (Balkan-Volk/Ska)

 

Adresse: Ab Freitag und dann das ganze Wochenende zum Schlafen, für Vorträge,

Workshops und weiteres: Bauernstr. 8, 39343 Erxleben (bei Marienborn)

Sonntags zur Fahrradkarawane um 12 Uhr in Marienborn am Bahnhof.

Dann in Üplingen 15 Uhr zur Feldbesetzung mit VoKü(vegane Küche).