Ein Überfall im Stühlinger mit Folgen

Erstveröffentlicht: 
08.05.2017

Eine 44-jährige Ladenbesitzerin wurde in ihrem Geschäft angegriffen – der Mann ist im Stadtteil und bei der Polizei bekannt.

 

Von Simone Lutz

 

Einfach so in ihren Laden spazieren, das geht jetzt nicht mehr. Seit Susanne P.* in ihrem Geschäft im Stühlinger überfallen wurde, ist die Tür gesichert; Kunden müssen klingeln.

 

Der Überfall war Mitte Februar. Sie schildert es so: Die 44-Jährige telefonierte gerade, als eine Frau in den Laden in der Klarastraße stürmte, ihre Tochter im Teenageralter im Schlepptau, laut brüllte "Lass ihn in Ruhe!", und auf die Telefonierende stürzte. Ein weiterer Teenager wartete vor dem Geschäft. Susanne P. wusste erst gar nicht, was los war, bis sie im Türrahmen einen Mann und seinen Hund sah – da wusste sie Bescheid.

 

Der Mann ist im Stühlinger bekannt, man sieht ihn oft in Militärklamotten und mit Barrett, "ein Fascho", sagt Susanne P. Vor etwa zwei Jahren war sie mit ihm aneinandergeraten: Er hatte ein T-Shirt der rechtsextremen, vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation "German Defence League" an, sie sprach ihn an: "Hau ab, du Nazi, du hast hier nichts verloren."

 

Nun kam er in den Laden, schildert Susanne P., seinen Rottweiler an der Leine, während die Frau versuchte, Susanne P. zu treten und zu schlagen. Es kam zu einem Handgemenge, Susanne P. landete in einem Kleiderständer, der Rottweiler ging bellend auf die Hinterbeine, nur zurückgehalten von der Leine, die Frau kreischte Beschimpfungen – Chaos.

 

Inzwischen waren Passanten aufmerksam geworden, und der Freund, mit dem Susanne P. telefoniert hatte, hörte sie rufen: "Die Faschos sind da, ruf die Polizei." Mann und Hund, Frau und Teenager liefen daraufhin aus dem Laden, Susanne P. im Schock hinterher. Da habe der Mann gerufen: "Hau ihr in die Fresse", die Frau drehte sich um und schlug Susanne P. mit der geballten Faust aufs Auge. Die Angreifer verschwanden, Susanne P. blieb zurück mit einem Schleudertrauma, einem Brillenhämatom und einem Schock. Natürlich erstattete sie Anzeige.

 

Die Polizei wusste sofort, um wen es sich bei dem Militaria-Fan handelt, und fand die Frau und die zwei Teenager später auf Facebook. Daraufhin bekam Susanne P. eine SMS von einer öffentlichen Telefonzelle, darin stand: "Wir töten deine Kinder und nehmen dir alles, was du liebst." Wer sie abgeschickt hat, lasse sich nicht feststellen, sagte die Polizei zu Susanne P. Ob es zum Prozess kommt, ist laut Polizei ebenfalls unklar, da es "nur" zu Körperverletzung, "nur" zu Drohungen, "nur" zu Nötigung kam.

 

"Die Staatsanwaltschaft entscheidet, was passiert", sagt Polizei-Pressesprecherin Laura Riske auf Nachfrage. Der Mann mit dem Hund und die Frau seien polizeilich einschlägig bekannt, er sei wohl der Anstifter der Körperverletzung und so werde das auch der Staatsanwaltschaft vorgelegt. "Es war bestimmt eine furchtbare Situation für die Ladenbesitzerin", sagt Riske, aber rechtlich sei es halt nur einfache Körperverletzung. Der Anwalt von Susanne P. hatte sich dann ans Amt für öffentliche Ordnung gewandt und beantragt, dem Mann den Rottweiler wegzunehmen. Nachdem auch die Polizei "bedrohliche Wirkung" attestiert hatte, hat die Stadtverwaltung dem Mann die Haltung von Hunden untersagt und den Rottweiler abholen lassen. Der Mann hat Widerspruch eingelegt und behauptet nun, er sei gar nicht der Besitzer.

 

Anfangs konnte es Susanne P. nicht fassen, dass das, was sie als Nazi-Überfall erlebte, nur Körperverletzung sein sollte. Sie schläft immer noch schlecht, ist in Behandlung. "Ich fühle mich allein gelassen", sagt sie. Inzwischen hat sich die Stühlinger SPD mit ihr solidarisiert, die Autonome Antifa hat den Vorfall recherchiert und ins Netz gestellt. Susanne P. will – als politischer Mensch und zu ihrem eigenen Schutz – den Überfall öffentlich machen. Irgendwann, hofft sie, werde sie sich wieder sicher fühlen können.

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Autonome Antifa Freiburg, 23.04.2017

Naziangriff auf ein Ladengeschäft in Freiburg