„Reichsbürger“ hortet Waffenarsenal

Erstveröffentlicht: 
13.04.2017

Junger Familienvater bestellt Gewehr im Internet – Polizei findet Nazi-Devotionalien

 

Landkreis Neu-Ulm  Eigentlich führte der 33-jährige Mann ein geordnetes Leben: Mit Frau und Kleinkind lebt er in einer Gemeinde im nördlichen Landkreis Neu-Ulm, in der er einer geregelten Arbeit nachgeht. Doch das, was er im Keller hortete, hätte niemand erwartet: Dort lagerten Dutzende Säbel, Äxte, Schwerter und viele andere Waffen. Auf dieses gefährliche Arsenal stieß die Polizei Anfang April bei einer Hausdurchsuchung – und noch auf einiges mehr.

 

Wie Ulrich Polzmacher, Sprecher der Neu-Ulmer Kriminalpolizei mitteilt, ist der Mann bis dato nicht durch Straftaten aufgefallen. Erst ein illegaler Waffenkauf im Internet entlarvte das dunkle Geheimnis des 33-Jährigen, der offenbar den sogenannten Reichsbürgern zuzuordnen ist. Nach Angaben der Polizei orderte er ein in Ungarn produziertes Gewehr für etwa 380 Euro. Als „Migrantenschreck“ werde dieses in manchen Foren im Internet gehandelt“, sagt Polzmacher. Mit dieser Waffe lassen sich Kunststoffkugeln verschießen. Diese seien durchaus geeignet, schwere Verletzungen zu verursachen. Für den Besitz und zum Führen sind waffenrechtliche Erlaubnisse erforderlich, die der Mann nicht hatte, so der Kripo-Sprecher.

 

Bei der Durchsuchung wurde nicht nur der gesuchte Revolver sichergestellt – die Polizisten stießen auf ein ganzes Waffenarsenal. Die Wohnung war voll mit Messern, Dolchen, Schwertern und Macheten – bis hin zum Sportbogen, außerdem Armbrüste, ein Luftgewehr und große Mengen Pfeile und Munition, teilen die Ermittler mit.

 

Auch Nazi-Symbole wie eine Reichskriegsflagge, Wehrmachtsutensilien und eine Bierflasche mit Hitlers Konterfei waren dort gehortet. Doch nicht nur Waffen sammelte der 33-jährige Familienvater: auch jede Menge illegaler Drogen. Denn im Keller des Hauses fanden die Fahnder zwei Aufzuchtanlagen für Marihuanapflanzen. Diese seien bereits abgeerntet gewesen. Stattliche 220 Gramm brachte der Beutel mit Restmaterial, wie welke Blätter und Stängel, noch auf die Waage.

 

Die Polizei geht davon aus, dass der 33-Jährige der Gruppe der „Reichsbürger“ zuzuordnen ist, die die Existenz des Staates verneint, sondern Deutschland für eine Firma hält und sich daher auch Polizisten oder Richtern widersetzt. Der Waffensammler hatte nicht nur Nazi-Symbole gesammelt, sondern in seiner Geldbörse einen auf seinen Namen ausgestellten „Personenausweis Deutsches Reich“. So ein falsches Dokument wird regelmäßig von Menschen verwendet, die sich Reichsdeutsche nennen.

 

Nach Polzmachers Angaben sei bei dem 33-Jährige eine „gewisse Staatsverdrossenheit vorhanden“. Eine, wie sie oft bei „Reichsbürgern“ vorkomme. „Davon gibt es im Landkreis unglaubliche viele“, sagt der Kripo-Sprecher. Jedoch sei nicht sofort davon auszugehen, dass alle gewalttätig sind. Auch in dem aktuellen Fall des 33-Jährigen geht die Polizei nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht davon aus, dass der Mann eine Straftat plante. „Er hatte eine gewisse Waffenaffinität, er sammelte die Sachen“, sagt Polzmacher. Das Kommissariat Staatsschutz hat die „Reichsbürger“ im Visier. Sobald dort ein Bürger auffällt, der Waffen bestellt, oder sich eine Erlaubnis beantragt, bekomme er Besuch von der Polizei.

 

Den wird auch der 33-Jährige die nächsten Tage noch erhalten. Denn die Staatsanwaltschaft Memmingen und die Neu-Ulmer Kriminalpolizei ermitteln in dieser Sache.