[Jena] Spontandemonstration gegen das neue AfD-Büro

Keine Alternative

Um ihren Protest gegen das neu eröffnete AfD-Büro zum Ausdruck zu bringen kamen am frühen Abend des 06.04. ca. 70 Menschen auf dem Uni-Campus zu einer Spontandemonstration zusammen. Direkt neben dem Campus, in der Krautgasse 26, feierten die Neofaschisten am 27.03. die Eröffnung ihres neuen Büros. Dies machten sie vorher nicht öffentlich, um möglichem Protest dagegen aus dem Weg zu gehen. Das Büro der Landtagsabgeordneten Wiebke Muhsal stellt – auch an dieser Stelle – ein konkretes Problem dar: In dieser Lage eine Basis zu haben, bedeutet im Thüringer Raum insgesamt angekommen zu sein, sich etabliert zu haben und Akzeptanz zu finden. Die AfD kann künftig von dort aus, auf direktem Weg Burschenschaftler und andere Rechte für sich gewinnen und in ihr Projekt einbinden. Daneben handelt es sich aber auch um einen materiellen Stützpunkt in dem aktuell Unmengen an Propagandamaterial lagern.

 

Dagegen richtete sich der Protest der spontan Demonstrierenden, den sie mit den Parolen „Kein AfD-Büro, nicht in Jena, nirgendwo“, „AfD, Rassistenpack: Wir haben euch zum Kotzen satt“ und „Mutig in die Zukunft schauen: Alternativen zu Deutschland aufbauen“ zum Ausdruck brachten.

Ziel war es, ein Problembewusstsein zu schaffen und Gedanken daran anzustoßen, wie dieses Büro in absehbarer Zeit geschlossen werden kann.

 

Auf der kurzen Route passierten die Demonstranten am Johannisplatz eine Bullenwanne. Die Cops forderten selbstverständlich sofort Verstärkung an, folgten der Demo und postierten sich in der Umgebung. Während der Aktion wurde an Passant_innen und in die Briefkästen der anliegenden Wohnungen und Geschäfte Flyer verteilt.

Eine Weile nach der Auflösung konnten es sich die Bullen nicht nehmen lassen, von mindestens vier Personen die Personalien aufzunehmen und sie einer „Erkennungsdienstlichen Behandlung“ zu unterziehen. Die „Vorwürfe“ lauten auf Vermummung (was bei einer unangemeldeten Demo unsinnig ist), dem angeblich verbotenen Laufen auf der Straße sowie der Teilnahme an einer unangemeldeten Versammlung. Da im Zusammenhang mit der Sponti jedoch keine Aktionen bekannt sind, die eine strafrechtliche Relevanz haben, handelten die Cops damit - wie so oft - rechtswidrig, insofern sie keine konkreten Vorwürfe vorbringen konnten.

 

Um das AfD-Büro weg zu bekommen, sind selbstverständlich viele andere Schritte erforderlich als eine Sponti bei Tageslicht. Die Auseinandersetzung mit ihr muss auf verschiedenen Ebenen geschehen und verlangt die Formulierung eigener emanzipatorischer und antiparlamentarischer Perspektiven anstatt die Verteidigung einer Gesellschaft, welche die Neofaschisten erst hervorbringt. An der sogenannten linken Szene zu kritisieren sind die reaktiven Handlungsmuster und die Konsummentalität - auch was politische Aktionen angeht - an Stelle eigener Initiativen und Visionen. Es braucht emanzipatorische Umgangsweisen mit der Politik der Gewalt, Angst und Hetze, welcher sich die AfD und andere Rechte bedienen. Statt sich von dieser einschüchtern zu lassen und zu resignieren, ist die Frage zu stellen, wie Menschen sich dagegen ermächtigen und gemeinsam organisieren können.

 

Der Text eines der verteilten Flyer:

 

„Kein AfD-Büro, nicht in Jena, nirgendwo!

 

Wahrscheinlich haben es viele von euch schon bemerkt: In der Krautgasse hat die AfD am 27.03. ein Büro eröffnet.

Die AfD ist eine offen rassistische, von ihrer Ideologie her neofaschistische Partei, welchen den Sozialstaat abschaffen, die Löhne senken und die Arbeitsbedingungen gravierend verschlechtern will. Die AfD betreibt wie auch andere rechte Parteien in Europa eine gewaltsame Politik der Ausgrenzung und nationalen Abschottung. Insbesondere in Thüringen strebt sie unter der Führung von Björn Höcke nicht nur Veränderungen auf demokratischem Wege an. Ihr Ziel ist es, ein autoritäres Gesellschaftssystem zu etablieren und die emanzipatorischen Errungenschaften jahrzehntelanger sozialer Kämpfe zu vernichten.


Das Büro von Wiebke Muhsal in Jena stellt für ihre Partei nicht nur eine weitere Machtbasis auf dem Weg zu Herrschaft dar. Hier anzukommen heißt, sich allgemein zu etablieren und Akzeptanz zu finden. Der Zugang zur Innenstadt Jenas bedeutet für sie enorme politische Legitimität in Thüringen sowie eine Ansprechbarkeit vor Ort. Damit kann die AfD Burschenschaftler und andere Rechte einbinden, auf die sie genauso angewiesen ist, wie auf die Schlägernazis, die ihnen zur Seite stehen.

 

Wir protestieren energisch gegen die AfD und konkret gegen die Eröffnung ihres Büros in der Krautgasse, weil sie den beängstigenden Auswuchs einer sozial gespaltenen Gesellschaft darstellt. Damit verteidigen wir nicht die Politik der linken Landesregierung, welche sich genauso verantwortlich zeigt für Abschiebungen, lächerliche Reformen und die Verhinderung emanzipatorischer Alternativen.

 

Stattdessen können wir in unseren täglichen Leben Unterschiede machen und eine lebenswerte Gesellschaft mitgestalten in der alle Menschen wirklich gleich und frei sind. Mit kapitalistischer Ausbeutung, staatlicher Unterdrückung, nationaler Abschottung und patriarchaler Unterwerfung wird dies allerdings nicht gelingen.

 

Dennoch gibt es viele erlebbare Möglichkeiten, wie wir in andere Beziehungen zueinander treten können: In unseren Freundschaften, unseren Nachbarschaften, unseren Gruppen und Vereinen sehen wir, wie Menschen sich freiwillig zusammenschließen und selbst organisieren; wie sie gemeinsam Vorstellungen entwickeln, was und wie sie etwas tun wollen; wie sie ihre Schwierigkeiten ohne Gewalt und Gerichte regeln; wie sie sich auf Augenhöhe begegnen können...

 

Die autoritäre AfD steht jedoch für das genaue Gegenteil einer sozialen Gesellschaft der Freien und Gleichen. Wir müssen diese Scheiße nicht dulden und akzeptieren!


Darum: Weg mit dem AfD-Büro in der Krautgasse!

 

Mutig in die Zukunft schauen: Alternativen zu Deutschland bauen!“

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"Die „Vorwürfe“ lauten auf Vermummung (was bei einer unangemeldeten Demo unsinnig ist)"

 

Stimmt nicht. Bin selbst schon verurteilt worden für. Begründung damals: Auch während einer unangemeldeten, illegalen Demo (die an sich also bereits einen Verstoß darstellt) können derartige Verstöße gegen das VersG geahndet werden. 

Unangemeldete Demonstrationen sind nicht illegal, solange der Spintancharakter nach Sicht der Behörden gewahrt ist. Werden die Behörden auf eine Spontandemonstration aufmerksam, so fordern Sie, dass diese angemeldet wird - sich eine verantwortliche Person zu erkennen gibt - gibt sich niemand als "Versammlungsleiter" zu erkennen, kann eine Versammlung aufgelöst werden (3 Ansagen, wenn ich mich nicht täusche). Erst danach gilt das weitere Verweilen vor Ort bzw. die weitere Teilnahme an der Versmmlung als strafbar.

 

Vermummung stellt allerdings auch auf unangemeldeten Demonstrationen einen verstoß gegen das Versammlungsgesetz dar. Eben das gelten des Versammlungsgesetzes auch auf unangemeldeten Demonstrationen ermöglicht ja nach staatlicher Diktion, dass eine Demo angelemdet werden kann, anstatt es den Bullen gleich zu erlauben, ohne weiteres drauf zu dreschen (es sei denn, die Demo ist nach Ansicht der Behörden erkennbar "unfriedlich", dann wird auch nach keinem Anmelder mehr gesucht).

Das sind natürlich allgejeine rechtliche Herangehensweisen. Wie die Polizei hier konkret gehandelt habe, ist dann nochmal etwas anderes. Haben sie Leute auf der Demo gesehen, und beweissicher Festnehmen können, die vermummt waren, ist das für die Betreoffenen doof. Die restlichen Vorwürfe dürften sich dagegen als Haltlos erweisen - solange die Spontandemo eben unter dem relativen "Schutz" des Versammlungsgesetzes stand, nicht überwiegend unfriedlich war und von der Polizei nicht offiziell aufgelöst wurde. Solange ist es legal auf der Straße zu laufen und an so einer Versammlung teilzuenhmen. Dreistigkeit, dass sie das trotzdem als Vorwurf nennen - aer woher sollten Thüringer Buletten auch was von bürgerlicher Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verstehen. Noch weniger, als Bullen im Allgemeinen.