Machtkampf – nicht Richtungsstreit

Erstveröffentlicht: 
16.02.2017

Die gegenwärtigen Auseinandersetzungen in der Alternative für Deutschland sind weniger Debatten um die inhaltliche Ausrichtung der Partei. In erster Linie ist es ein Streit um Einfluss.

 

Niemand glaubt ernsthaft, dass ein möglicher Ausschluss des thüringischen AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke ein Ausdruck der inhaltlichen Distanz von Rassismus und Antisemitismus wäre. Zudem steht in den Sternen, ob dieser Ausschluss überhaupt stattfinden wird. Diejenigen, die das Verfahren angestrengt haben verfolgen damit zwei Ziele: Zum Einen soll dadurch der Eindruck erweckt werden, die politische Führung der AfD habe ein ernstes Problem mit den rechtsextremen Positionen, die Höcke unter anderem in seiner Dresdener Rede vom 17. Januar vertritt. Dieses Vorgehen entspricht der Strategie, mit der die AfD bislang recht erfolgreich war: Auf meist präzise kalkulierte Vorstöße durch offen nationalsozialistische oder besonders brutale Statements folgen Abwiegelungen und angedrohte bzw. initiierte Disziplinierungen. Beispiele für dieses Schema sind Höckes Rede zu vermeintlichen evolutionären Unterschieden zwischen Europa und Afrika oder Petrys Äußerungen zum Schießbefehl an der Grenze.

 

Diese Strategie bindet auf der einen Seite die Anhänger eines völkischen Rassismus ein, während sie gleichzeitig den Anschein der Mäßigung zu erwecken versucht. Dass die Strategie aufgeht liegt auch daran, dass sie so selten benannt wird und AfD-Politiker und Politikerinnen kaum damit konfrontiert werden.

 

Das andere Ziel, das die parteiinternen Gegnerinnen und Gegner Höckes verfolgen ist die Absicherung ihres Einflusses gegen die Ansprüche von Höcke und seinen Verbündeten wie André Poggenburg. Als Petry 2015 den erfolgreichen Angriff gegen den AfD-Gründer Bernd Lucke und dessen Anhänger führte, gelang ihr dies auch durch die Unterstützung von Höckes „Flügel“, einem völkischen Zusammenschluss innerhalb der AfD, dem unter anderem auch Poggenburg und der Brandenburger Abgeordnete Andreas Kalbitz angehören. In den neuen Vorstand zog Poggenburg für den „Flügel“ ein. Seitdem bauten Höcke und dessen Mitstreiter stetig ihren Einfluss aus und versuchten, die Position von Petry zu schwächen. Öffentlich spitzte sich dies zuletzt in dem Beschluss des Parteivorstands zu, statt Petry als alleinige Spitzenkandidatin eine „Spitzenmannschaft in den Bundestagswahlkampf 2017“ zu entsenden.

 

Es wäre verfehlt, in den gegenwärtigen Kämpfen innerhalb der AfD eine Debatte über die inhaltliche Programmatik der Partei zu sehen. Mit einem Ausschluss von Björn Höcke wäre die Alternative für Deutschland keinen Deut demokratischer, kein bisschen weniger rassistisch. Möglicherweise geht es um Fragen strategischen Auftretens: Ist es taktisch klug, offen völkisch-rassitsische Ideologie zu vertreten oder empfiehlt sich mit Blick auf die Bundestagswahl ein moderateres Auftreten?

 

In jedem Fall geht es um die Frage, welche Kräfte künftig in der AfD einflussreich sein werden. Unabhängig davon, wie dieser Streit ausgeht, die Fraktion, die sich schließlich durchsetzen wird, wird mit der selben Herausforderung konfrontiert sein, vor der auch Frauke Petry und vor ihr Bernd Lucke stand: Sie muss den Charakter der AfD als Sammelbecken verschiedener rechter Strömungen erhalten um sie weiterhin für möglichst viele Anhänger/innen attraktiv zu machen. Dabei besteht eine besondere Aufgabe darin, die Konflikte so zu moderieren, dass sie die Partei nicht blockieren oder die Autorität der Führung in Frage stellen.

Gleichzeitig muss sie politisch und programmatisch handeln. Damit läuft sie Gefahr, die Eigenschaft des Sammelbeckens einzubüßen.


Für den Umgang mit der AfD ist entscheidend, die Inszenierung als demokratische Partei, die es vermag, gegen rassistische und antisemitische Ausfälle ihrer Vertreter vorzugehen nicht für bare Münze zu nehmen. Stattdessen müssen sowohl die Konkurrenzkämpfe der AfD als auch ihre Gegnerschaft zur Demokratie als solche benannt werden.