Der Kampf gegen Rechts geht auch ohne NPD-Verbot weiter

Erstveröffentlicht: 
17.01.2017

Die rechtsextreme NPD wird nicht verboten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied, dass die Partei zwar eine verfassungsfeindliche Gesinnung hat, aber nicht über ausreichende Einfluss verfügt, um die Demokratie beseitigen zu können. Die politischen Reaktionen reichen von Bedauern über Schuldzuweisungen, Kampfansagen und Schweigen bis zu großer Freude bei der NPD selbst.

Das sagen die Vertreter der politischen Parteien in Sachsen


Markus Ulbig, CDU, sächsischer Innenminister und Vorsitzender der Innenministerkonferenz
"Ich verhehle nicht: Das ist nicht das von den Ländern erhoffte Ergebnis. […] Die NPD erfüllt derzeit zwar nicht die Voraussetzungen eines Verbots. Sie bleibt aber eine rechtsextremistische, verfassungsfeindliche Partei und sie wird als solche weiter von den Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern beobachtet werden. Geboten waren und sind weiterhin effektive Präventionsmaßnamen, z. B. eine umfassende Aufklärung über die menschenverachtenden Ziele von Rechtsextremisten, vor allem in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, aber auch das Auflegen vielfältiger Aussteiger- und Deradikalisierungsprogramme, um Extremisten jeder Couleur für unsere Demokratie zurückzugewinnen. Gefordert sind aber nun nicht allein politische Reaktionen, sondern ein gesamtgesellschaftliches Engagement aller Bürger."

Henning Homann, SPD, Vize-Fraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag
"Ich bedaure die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Die NPD bleibt, zumindest ein Teilen der ostdeutschen Bundesländer, eine Gefahr. Insofern kann ich der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts, die NPD sei zwar verfassungsfeindlich aber irrelevant, nur begrenzt folgen. […] Der Kampf gegen Rechts wird aber auch ohne ein Parteiverbot weitergehen. Wir sind für eine Auseinandersetzung mit der NPD und anderen extrem rechten Parteien gut gerüstet. Wir stärken unsere demokratischen Werte und fördern die Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und anderer Formen von Menschenfeindlichkeit."


Rico Gebhardt, Die Linke, Landeschef und Fraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag
"Nach dem Urteil ist vor dem Urteil – die Bekämpfung der extremen Rechten ist und bleibt gerade auch in Sachsen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, kein Gericht kann das ersetzen. Trotz herber Mitgliederverluste und Strukturverfalls selbst in früheren Hochburgen ist die NPD nach wie vor die größte und bedeutsamste neofaschistische Organisation in Deutschland. […] Die Gefahr von rechts geht zurzeit aber auch von vielen anderen Gruppierungen wie den Parteien 'Die Rechte' und 'Der III. Weg' aus. Und die politischen Positionen, denen die NPD den Boden bereiten half, haben sich auch außerhalb von ihr erschreckend weit verbreitet […] Selbst wenn eine Partei verboten wird, bleibt das Denken in den Köpfen. Der Kampf gegen die Menschenfeindlichkeit der alten wie neuen Nazis ist nicht vor Gericht zu gewinnen."


Valentin Lippmann, Bündnis '90/Die Grünen, innenpolitischer Sprecher der Fraktion im Sächsischen Landtag
"Das Bundesverfassungsgericht hat sich nicht von den abwegigen symbolischen Erwägungen der Länder bei ihrem Verbotsantrag leiten lassen und die Rechtsprechung zu Parteiverboten weiterentwickelt. […] Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich und die gesamte Staatsregierung tragen für beides Verantwortung – zum einen für das Scheitern des Verbots und den damit für die NPD ausgestellten Persilschein, zum anderen für einen nun endlich zu verstärkenden Kampf gegen Rechtsextremismus in Sachsen. […] Ich fordere Ministerpräsident Tillich auf, sich rechtsextremen, antidemokratischen und menschenverachtenden Ideologien und Tendenzen endlich konsequent entgegenzustellen und zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus zu fördern und anzuerkennen."


Die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag teilte auf MDR-Anfrage mit, sie sehe unabhängig vom Ausgang des NPD-Verbotsverfahrens keine Veranlassung, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu kommentieren.


Der NPD-Landesverband Sachsen erklärte in einer Pressemitteilung:
"Am 21. Januar 2017 wird der sächsische NPD-Landesverband das neue Jahr und das Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens mit einer hochkarätigen Rednerveranstaltung einläuten. Mit der Stadthalle 'stern' konnte dafür in Riesa ein repräsentativer Veranstaltungsort angemietet werden. […] Auch das zweite NPD-Verbotsverfahren ist gescheitert! Der konsequente Einsatz für Volk und Vaterland kann weitergehen!"