Der Fall Peggy und der NSU: Was wir wissen und was nicht

Erstveröffentlicht: 
14.10.2016

Mehr als 15 Jahre haben die Ermittler nach Spuren im Fall der getöteten Peggy gesucht. Nun wurden DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt wurden am Fundort von Peggys Skelett festgestellt.

 

München/Lichtenberg. - Mehr als 15 Jahre haben die Ermittler nach Spuren im Fall der getöteten Peggy gesucht. Nun machen sie einen spektakulären Fund: DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt wurden am Fundort von Peggys Skelett festgestellt. Doch viele Fragen sind ungeklärt - was wir wissen und was nicht: 

 

WAS WIR WISSEN:


- Die neunjährige Peggy aus dem bayerischen Lichtenberg verschwindet am 7. Mai 2001 auf dem Heimweg von der Schule. Wochenlange Suchaktionen bleiben ohne Erfolg. Am 2. Juli 2016 findet ein Pilzsammler in einem Wald im thüringischen Saale-Orla-Kreis Skelettreste, die von Peggy stammen.

 

- Das Polizeipräsidium Oberfranken und die Staatsanwaltschaft Bayreuth teilen am Donnerstagabend mit, dass am Fundort der sterblichen Überreste des Mädchens DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt gefunden worden seien. Der DNA-Treffer erfolgte in dieser Woche. Noch ist unklar, in welchem Zusammenhang die dabei gefundene DNA-Spur Böhnhardts steht und ob sie in Verbindung mit dem Tod von Peggy steht.

 

- Fest steht nach den Worten des Bayreuther Oberstaatsanwalts Harald Potzel nur, dass die am Fundort entdeckten DNA-Spuren Böhnhardts an einem Gegenstand gefunden wurden. Nach „Spiegel“-Informationen handelt es sich dabei um ein Stück Stoffdecke. Der Bayerische Rundfunk berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, dass es sich um ein Stück Stoff von der Größe eines Fingernagels handele. 

 

Kindersachen im NSU-Wohnmobil


- Uwe Böhnhardt starb am 4. November 2011 – mutmaßlich durch Schüsse seines Mittäters Mundlos, bevor dieser sich in einem Wohnmobil selbst tötete. Die mutmaßlichen Rechtsterroristen Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe sollen laut Bundesanwaltschaft jahrelang unerkannt gemordet haben. Das Trio aus Jena tauchte demnach nach einer Razzia in seiner Bombenwerkstatt 1998 ab und gründete die Terrorgruppe. Zwischen 2000 und 2007 erschoss die Gruppe nach Erkenntnissen der Ermittler zehn Menschen, neun davon ausländischer Herkunft. Mit Sprengstoffanschlägen sollen sie zudem Dutzende Menschen verletzt haben. In München läuft seit mehr als drei Jahren der Prozess gegen Zschäpe - als einziges noch lebendes Mitglied des sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU).

 

- Im Zuge der Aufklärung eines anderen Kindsmordes wird Böhnhardt 1993 vernommen, wie Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow am Freitag sagt. Bei der Tat handelt es sich um die Ermordung eines neunjährigen Kindes in Jena.

 

- An Kindersachen aus dem ausgebrannten Wohnmobil der mutmaßlichen NSU-Terroristen ist keine DNA-Spur der toten Peggy - jedoch das Genmaterial eines anderen, bislang unbekannten Mädchens. Das Bundeskriminalamt untersuchte unter anderem eine Sandale aus dem Camper, wie BKA-Präsident Holger Münch am Freitag sagt. 

 

WAS WIR NICHT WISSEN:


- Zwar wurden DNA-Spuren Böhnhardts am Fundort der sterblichen Überreste von Peggy gefunden - wie sie dorthin gelangten, ist aber weiter unklar. Ob die gefundene Spur möglicherweise in Verbindung mit dem Tod von Peggy steht, muss noch geklärt werden. Die Untersuchungen stehen noch ganz am Anfang.

 

- Zwar wurden im vergangenen Mai Knochen gefunden, die die Ermittler Peggy zuordnen - das Skelett sei aber nicht vollständig. Weitere Knochenreste wurden bislang nicht gefunden. „Dies lässt sich mit dem Lebensraum und den Gewohnheiten von Waldtieren erklären“, sagte der Leiter der Sonderkommission Peggy, Uwe Ebner, im vergangenen Juli. Die Ermittler suchten aber dennoch weiter nach Knochen. Außerdem fehlten Kleidungsstücke und der Schulranzen des Mädchens.

 

- Wie sich die neuen Erkenntnisse auf den NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe vor dem Oberlandesgerichts in München auswirken, ist noch unklar. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin am Freitag geht der Prozess zunächst „ganz normal“ weiter. Sie verwies aber darauf, dass Nebenklage-Anwälte bereits Beweisanträge angekündigt hätten. Diese werde das Gericht dann prüfen und darüber entscheiden müssen.