NSU-Opferanwälte stellen Strafantrag gegen Bundesanwälte

Erstveröffentlicht: 
26.09.2016

Die Nebenkläger im NSU-Prozess werfen Bundesanwälten und Ermittlern des LKA Berlin vor, mögliche Beweismittel zu dem Fall vernichtet zu haben. Der Strafantrag basiert auf Recherchen der „Welt“.

 

Zwei Nebenklage-Anwälte im Münchner NSU (Nationalsozialistischer Untergrund)-Prozess haben Strafantrag gegen Bundesanwälte und Ermittler des Landeskriminalamtes Berlin gestellt. Sie werfen ihnen vor, mögliche Beweismittel vernichtet zu haben. Es geht um ein Notizbuch des früheren Anführers der rechtsextremen sächsischen Organisation Blood & Honour. Im NSU-Prozess steht die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe als Hauptangeklagte vor Gericht.

 

Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, einer der Verfasser der Anzeige, sagte, gegen die Bundesanwälte und Polizeiermittler bestehe der Verdacht der Strafvereitelung im Amt oder eines Urkundsdelikt.

 

Gerichtet ist die Anzeige an die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, wo die Bundesanwaltschaft ihren Sitz hat. Die örtliche Karlsruher Staatsanwaltschaft hat nach einem Bericht von „Heise Online“ bereits von sich aus Vorermittlungen wegen eines Anfangsverdachts eingeleitet. 

 

Notizbuch wurde auf Weisung aus Karlsruhe vernichtet


Der in Rede stehende Vorfall war durch einen Bericht der „Welt“ bekannt geworden. Demnach haben zwei Staatsanwälte der Bundesanwaltschaft die Vernichtung des Notizbuchs angeordnet. Gegen den früheren Anführer von Blood & Honour ermittelt die Bundesanwaltschaft. Er wird verdächtigt, Waffen für den NSU beschafft zu haben. In dem Notizbuch hätte es Hinweise darauf geben können, genauso wie zu den Taten des NSU oder deren Kontakten.

 

Das Notizbuch soll beim Berliner Landeskriminalamt aufbewahrt worden sein. Dort sollen Mitarbeiter das Beweisstück auf Weisung aus Karlsruhe vernichtet haben.

 

Die Bundesanwälte sollen geltend gemacht haben, sie hätten die Relevanz des Notizbuchs für die Ermittlungen nicht erkannt. Sie sollen die Vernichtung am 3. November 2014 angeordnet haben. Drei Wochen davor war der Blood-&-Honour-Mann als Zeuge vor dem Münchner NSU-Prozess aufgetreten, wo er jede Aussage verweigerte.