Klozeitung Rheinland Klimacamp (Debatte um Aktionsrahmen)

Symbolbild Feuer, Quelle: Wikipedia

Folgender Text wurde als Klozeitung auf dem rheinländischen Klimacamp verbreitet:

Zu dieser Klozeitung...

 

Auf dem diesjährigen Klimacamp in der Lausitz gab es eine Klozeitung, die wir als sehr bereichernd empfunden haben (auch wenn es bedauerlicherweise nur zwei Ausgaben davon gab, beide sind als KliCaKloZe auch auf indymedia nachzulesen; darin zu finden sind Texte zu NGO-Kritik und Hauptamt, Zum Umgang mit Polizei, Und zur Diskussion um Militanz, siehe https://linksunten.indymedia.org/de/node/178727 und https://linksunten.indymedia.org/de/node/178593). Wir haben uns spontan entschlossen, daran anzuknüpfen und auch auf diesem Camp mindestens eine Ausgabe Klozeitung zu produzieren. Wir werden auch diesen Text auf linksunten.indymedia.org posten und falls es dort Kommentare dazu gibt ggf. eine weitere Klozeitungsausgabe aus den Kommentaren zusammenstellen.

 

Ein paar Gedanken zum Aktionsrahmen

 

Unter dem Motto „Vielfalt an Aktionsformen“ widmet sich der Aktionsrahmen verschiedenen aktionsrelevanten Themen. Wir haben an der ein oder anderen Stelle Kritik und wollen diese gerne teilen. Wir hoffen darauf, dass diese Kritik als solidarisch-konstruktiv aufgefasst wird und Debatte anregt.

 

Im sogenannten Aktionsrahmen heißt es unter „Konfrontation mit Arbeiter*innen und der Polizei“: „Polizei und Securities versuchen regelmäßig, uns von unseren Aktionen abzuhalten. Um unsere Aktionen dennoch durchführen zu können, müssen wir sie teilweise ablenken und umfließen. Wir wollen, dass dabei von uns keine körperliche Konfrontation ausgeht.“

 

Wir halten diese Formulierung für unzutreffend und aus mehreren Gründen für strategisch nicht sinnvoll.

 

Es wird ein Bild von „uns“ gezeichnet, dass offenkundig nichts mit der Realität zumindest des vergangenen Jahres zu tun hat. 2015 wurde das Wegschieben von Polizeiketten (mit Umfließen hatte das sehr wenig zu tun) mit Hilfe von z.B. Strohsäcken in direkter körperlicher Konfrontation trainiert und auch erfolgreich angewendet.

Unerfahreneren Menschen wird durch obige Formulierung ein falsches Bild vermittelt davon, wie das Durchbrechen von Polizeiketten ablaufen kann und in der Vergangenheit abgelaufen ist. Unserer Ansicht nach haben die Formulierenden eines solchen Aktionsrahmens die Verantwortung darüber nachzudenken, was sie mit dem Geschriebenen insbesondere bei Neu-Aktiven bewirken und worauf sich Menschen dementsprechend verlassen.

 

Darüberhinaus wundern wir uns über die Ausführungen unter „Vermittelbarkeit von Aktionen“.

 

1. Verständlichkeit für Außenstehende

 

Es wird (in unseren Augen zutreffenderweise) beschrieben, dass die Vermittelbarkeit von Aktionen mit deren Ästhetik zusammenhängt. Wir teilen die These jedoch nicht, dass sich Militanz nicht ebenfalls vermitteln lässt und glauben vielmehr, dass den meisten Menschen die Motivation hinter dem kompromisslosen Zerstören von Kohleinfrastruktur klar ist. Dass daraus nicht zwingend Sympathie für die Aktionsform folgt ist eine andere Frage. Zwischen Verständlichkeit (die durch die Formulierung des Aktionsrahmens abgesprochen wurde) und Sympathieerzeugung gilt es hier zu unterscheiden.

Gerade deswegen halten wir es aber für umso spannender sich mit der Frage der Legitimität und den Chancen und Vermittelbarkeit militanter Aktionen in einer kritisch-solidarischen Debatte auseinanderzusetzen, statt sie grundsätzlich und kategorisch abzulehnen.

 

2. Effektivität von Aktionsformen,

Aktionen die auf eine Militanzästhetik von Feuer und zerstörten Polizeiautos verzichteten könnten laut Aktionsrahmen „genauso effektiv in ihrer Blockadewirkung sein“. Es wirkt in dieser Formulierung, als sei „Effektivität“ per se das sinnvollste Beurteilungskriterium für Aktionen. Das sehen wir nicht so, sondern würden für eine Abwägung plädieren (Risiko, Effektivität, Vermittelbarkeit, Anschlussfähigkeit etc). Wenn Effektivität aber schon herangezogen wird, so halten wir obige Behauptung für schlicht falsch angesichts der Betriebsausfälle und Schäden, die in den letzten Monaten beispielsweise durch Brandanschläge verursacht wurden (u.a. ein mehrtägiger mindestens Teil-Stillstand eines Tagebaus). Selbstverständlich folgt daraus nicht, dass offene Blockade nicht hochgradig sinnvoll wären. Allein an ihrer blockierenden Effizienz gemessen, sind sie jedoch wirkungsärmer, dafür allerdings auf anderen Ebenen wie Anschlussfähigkeit, Sympathie in der Öffentlichkeit etc. deutlich stärker.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Spannend ist ja auch die Sache mit dem Strommast am Tagebau Inden. Im Bekennerschreiben heißt es:

„Ich habe heute nacht, vom 11.04.16 auf den 12.04.16, versucht dem tagebau Inden die lichter auszuknipsen. Um meiner wut ueber den fortschtreitenden braunkohleabbau und die repression gegen die menschen die sich dagegen einsetzen ausdruck zu verleihen habe ich einen strommast zwischen fronhoven und dem Kraftwerk weisweiler angefangen zu faellen. Dieser mast traegt die leitungen die den tagebau mit strom versorgen und so ein arbeiten erst moeglich machen. Auch wenn der mast zur zeit noch steht ist er doch so weit beschaedigt, dass RWE ihn jetzt voraussichtlich selber umlegen muss. Ich war mir der risiken fuer mich bewusst, halte es aber fuer noetig zu drastischen mitteln zu greifen im kampf fuer eine bessere welt.“

Allenthalben wird behauptet, wäre der Mast umgefallen, hätte das schon fast sicher Leute auf der A4 getötet. Dabei ist gar nicht klar, wo der eigentlich stand. Und es gibt hinweise, dass er nicht besonders nah an der Autobahn gestanden haben kann. In der einzigen halbwegs präzisen Quelle, die ich zur Örtlicheit gefunden habe, nämlich dem Bekenni auf linksunten, steht, dass die Leitung vom Kraftwerk Weißweiler Richtung Frohnhoven verlaufe. Ein Blick auf google maps verrät, dass sich beides nördlich der A4 befindet, das Kraftwerk noch recht nah dran, Frohnhoven in fast vertikaler Linie einige Kilometer nördlich. Und wenn nun der Strom tatsächlich aus dem Kraftwerk kommt, die Leitung also da anfängt, dann überspannt sie die A4 gar nicht. Wie da ein Mast dann auf die Autobahn fallen können soll ist mir ein Rätsel. Oder anders ausgedrückt: Blöde Propaganda, auf die leider nicht wenige Leute, die sich die geringe mühe das mal kurz zu hinterfragen nicht gemacht haben, reingefallen sind.
Und auch ein Blick in die Geschichte würde Helfen: In den 1980ern sind im Rahmen der AntiAtom-und Stratbahnwestbewegung an die 200 Hochspannungsmasten umgefallen. Bei all diesen Aktionen wurde eine Aktivistin schwer verletzt (was dann auch der Grund dafür war, das diese Aktionsform nicht weiterverfolgt wurde), jedoch keine Unbeteiligten. Das soll nicht heißen, dass die Sache nicht gefährlich ist (das ist sie auf jeden Fall!), es ist aber auch nicht so, dass Unglücke schon quasi vorprogrammiert sind.
Was mensch nun vom Strommast absägen halten mag: Erstmal bitte die Fakten und Umstände klar kriegen, dann eine Meinung bilden! Andersrum ist entweder saugefährlich (wenn das abgefeiert und sogar nachgeahmt wird, ohne zu wissen was man tut) oder es hilft den Bullen und Stromkonzernen (wenn unüberlegt denunziert und distanziert wird).