„Das Thema ’Arier’ ist wieder aktuell“

Erstveröffentlicht: 
04.05.2016

Rassismus ist allgegenwärtig, Rechtsextreme und Neonazis brüllen ihren Hass immer lauter heraus. Dem muss man sich entgegenstellen, sagt Mo Asumang. Sie war nun in der Badestadt zu Gast.

 

Vormittags im Gespräch mit Schülern, am Abend im evangelischen Gemeindezentrum - Mo Asumang hatte einen langen Tag. Doch die 52-Jährige nimmt Anstrengungen in Kauf, hat sie doch eine wichtige Botschaft: Rassismus und Hass müsse man sich entgegenstellen. Wie sie das erläutert, beeindruckt und macht Mut. Die rund 120 Besucher gingen gestärkt aus der Veranstaltung.

 

Film gezeigt

 

Aufgerufen hatten "Mergentheim gegen Rechts", die Friedrich-Ebert-Stiftung und auch die Stadt zu einem Film-, Lese- und Diskussionsabend. Gezeigt wurde Mo Asumangs Film "Die Arier", zudem las sie aus ihrem neuen Buch "Mo und die Arier" und stellte sich den Fragen des Publikums. Für die Kirchengemeinde begrüßte Dr. Mathias Borst die Besucher. "Es ist uns ein Anliegen, diese Veranstaltung mit Mo Asumang hier in unserem Gemeindezentrum zu haben. Wir stellen den Raum gerne zur Verfügung", sagte Borst. Das Thema sei wichtig, er freue sich auf einen "schönen und interessanten Abend".

 

Auch der stellvertretende Bürgermeister Klaus-Dieter Brunotte sah den Aufklärungs- und Diskussionsbedarf. "Wer hätte das gedacht? Das Thema Arier ist immer noch, ja leider schon wieder, aktuell." Er erwarte "viele gute Argumente gegen Rechts", sagte Brunotte. Und, um es vorwegzunehmen, die gab es dann auch. Bojena Zivkovic vom Landesbüro Stuttgart der Friedrich-Ebert-Stiftung verwies auf die nötige Aufklärung über Neonazis. "Das Erstarken der Rechtsextremen ist besorgniserregend", entschiedenes Handeln sei nötig, das wolle die FES unterstützen, betonte Zivkovic.

 

Als Mo Asumang 2014 mit ihrem Film "Die Arier" die Denkweisen von Rechtsextremen und Neonazis öffentlich machte, sorgte das für eine breite Diskussion. Und nicht umsonst ist der Film allen Opfern rechter Gewalt gewidmet. Den alltäglichen Rassismus hat Mo Asumang am eigenen Leib gespürt - und ist nach wie vor damit konfrontiert. Die Tochter einer Deutschen und eines Ghanaers war in der Schule "die einzige Schwarze", die Großmutter "war bei der SS und wollte sich umbringen, als ich zur Welt kam". Später aber hat sie die kleine Mo bestärkt, "da wurde sie zur Großmutter".

 

Logisch, dass das Thema Rassismus immer wieder aufkam, wie sie auch mit ausgesuchten Beispielen aus ihrem neuen Buch deutlich machte. Ob persönliche Erlebnisse in der Straßenbahn - "da hat mich ein Neonazi rausgetragen, und alle haben weggeschaut" - oder eben die Erfahrung mit Neonazis bei einem Theaterprojekt im Knast. Schnell wird deutlich: Mo Asumang ist bei allen Anfeindungen und Bedrohungen Mensch geblieben. Sie strahlt Haltung, ja regelrecht Wärme aus, wenn sie mit ruhiger, gleichwohl fester Stimme aus ihrem Buch liest oder Fragen des Publikums beantwortet. Überaus sympatisch kommt ihre Botschaft rüber, und die ist felsenfest: "Rechtsextremen, Neonazis und Rassismus muss man konsequent entgegentreten."

 

Nicht nachlassend

 

Im Film "Die Arier" tut sie das mit nicht nachlassendem Engagement, ja Mut. Ob Befragungen der Akteure einer Neonazi-Demo, im Interview mit einem Klu-Klux-Klan-Mitglied in den USA, der abstreitet, Rassist zu sein und zunehmend unsicherer wird, oder etwa im Gespräch mit der 92-jährigen Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano - deutlich wird das engstirnige Denken von Rechtsextremen und Neonazis, vor allem aber die ganze Dummheit des Rassenwahns. Bei manchen Antworten von Menschen, die sich zum Begriff Arier äußern sollen, muss das Publikum lachen, outen sich im Film doch einige als Vollpfosten. "Das ist aber auch eine Folge mangelnder Bildung, und zwar in allen Schulen", erklärt Mo Asumang. Vielfach wurde "blond und blauäugig" als arisch vermittelt und damit abgehakt.

 

Während des Films ist "die Mo" aus dem Saal gegangen. Draußen, im Foyer, spricht sie mit den jungen "Mergentheim gegen Rechts"-Aktivisten. Sie wird sie später loben, denn "die passen auf, dass hier nichts passiert. Sie beschützen uns", sagt Mo Asumang. Da brandet Applaus auf. "Es ist mehrfach ein Auto vorbeigefahren, darin Mitglieder der Kameradschaft Main-Tauber", berichtet Timo Büchner von "Mergentheim gegen Rechts" später. Und er verweist auf die im September erscheinende Info-Broschüre der Initiative. Darin werden Struktur und Aktivitäten von Neonazis und Rechtsextremen in der Region dargestellt.

 

Der Film hinterlässt bei den Besuchern einen starken Eindruck. Viele haben ihn schon einmal gesehen, aber so manche Szene wirkt beim nochmaligen Betrachten noch intensiver. "Der Weg ist noch lange nicht zu Ende, der Kampf gegen Rassismus ist eine dauernde Aufgabe", verdeutlicht Mo Asumang auf eine entsprechende Frage. Für sich selbst habe sie die Identitätssuche abgeschlossen, gleichwohl gibt es viele Erlebnisse, die sich regelrecht eingebrannt haben ins Gedächtnis. "Wir sind aus der Wohnung rausgeschmissen worden, weil ich schwarz war" ist da nur ein Beispiel.

 

Was ihr bei ihren Recherchen aufgefallen ist: Die Struktur der Rechtstextremen und Neonazis ist auch davon gekennzeichnet, dass es neben überzeugten Anführern und Brutalos auch Kanonenfutter und "Nazi-Touristen" gibt. Aber: "Das Ganze hat durchaus System, die Machtergreifung ist fest im Blick." Auch ausgebildete Juristen gehören zur Neonazi-Szene, "die schreiben heute schon an Gesetzen, die sie dann nutzen werden."

 

Sie gibt auch Hoffnung

 

Mo Asumang gibt auch Hoffnung, wenn sie sagt: "Wir kriegen das in den Griff!" Das ist mehr als das bekannte "Wir werden es schaffen", denn sie fordert damit gesellschaftliches Engagement. Gegen "extrem viel Hetze" seien "Begegnung und Gespräche" wirksam, aber auch individuelles Handeln.

 

Nochmals spannend wird es, als sie über einen Dating-Chat mit Neonazis liest. Die Herren, ihrer Namen sind Programm und enthalten Neonazi-Phrasen wie "88" , befragen dabei die "Monika", um herauszufinden, ob sie denn auch ideologisch gefestigt ist.