Verbotsverfahren in Karlsruhe: "Von der NPD geht geistige Brandstiftung aus"

Erstveröffentlicht: 
03.03.2016
Steht die NPD in der Tradition des Nationalsozialismus? Ja, sagt Bayerns Innenminister Herrmann am letzten Tag der mündlichen Anhörung zum Verbotsverfahren. Auch Sachsens Ministerpräsident Tillich argumentiert für ein NPD-Verbot. Doch die Richter lassen Zweifel erkennen.

 

Am letzten Tag der mündlichen Verhandlung des NPD-Verbotsverfahrens hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann vor dem Bundesverfassungsgericht ausgesagt: Er sieht die NPD in der Tradition des Nationalsozialismus. Ihre Ideologie der Volksgemeinschaft stehe im Gegensatz zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sagte der CSU-Politiker in Karlsruhe.

 

Die NPD spiele auch ohne Wahlerfolge in Bayern eine führende Rolle in der rechtsextremistischen Szene. "Es geht um die geistige Brandstiftung, die von der NPD ausgeht." In der aktuellen Diskussion um Zuwanderung schüre die NPD Ängste in der Bevölkerung. "Ich habe immer respektiert, dass die Hürde hoch ist", sagte Herrmann zu den Voraussetzungen für ein Verbot. Aber die Demokratie müsse, "wenn es überhandnimmt", die Möglichkeiten auch nutzen. "Deswegen halte ich es für notwendig, dass diese Partei verboten wird."

 

NPD-Verbotsverfahren: Letzter Tag der mündlichen Verhandlung

 

NPD zunehmend handlungsunfähig?

 

Verfassungsrichter Peter Müller verwies auf Erkenntnisse aus verschiedenen Verfassungsschutzberichten, nach denen die NPD als zunehmend handlungsunfähig beschrieben werde. Dagegen wies Herrmann darauf hin, dass es bereits Ausweichbewegungen aus der NPD in andere Gruppierungen gebe. Die Partei suche das Bündnis mit anderen rechtsextremen Gruppierungen.

 

Auch Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich warb erneut für ein NPD-Verbot. Die Gefährlichkeit der NPD bemesse sich nach ihren Überzeugung nicht nur an ihrer Größe. Die rechtsextreme Partei habe neben Landtagsmandaten in Mecklenburg-Vorpommern auch Mandate in 300 Kommunalparlamenten.

 

Chronologie: NPD-Verbotsverfahren – Vom Antrag bis zur Hauptverhandlung

 

Es gebe Regionen, in denen sie die Möglichkeit habe, ihrem Ruf als aggressiv-kämpferische Partei, die alles Fremde ablehnt, nachzukommen, sagte Tillich vor Beginn des dritten Verhandlungstages. Sie schüchtere Bürger ein und bedrohe sie. "Deswegen ist es nicht eine Frage der Größe der Mitgliedschaft, sondern es ist die Frage: Was tut sie?"

 

Enge Schranken für Verbot

 

Das Grundgesetz setzt einem Parteienverbot enge Schranken. Das Verbreiten verfassungsfeindlicher Ideen allein reicht nicht aus. Das Bundesverfassungsgericht war beim letzten Parteiverbot in den 1950er-Jahren davon ausgegangen, dass eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der demokratischen Grundordnung dazukommen muss. Nun stehen die Karlsruher Richter vor der Herausforderung, diese Kriterien für die heutige Zeit weiterzuentwickeln.

 

Ein Verbot müsste inzwischen auch vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof Bestand haben. Nach dessen Rechtsprechung muss ein Parteiverbot zum Schutz der demokratischen Ordnung auch wirklich notwendig sein.