[B] Pflastersteine für Mietspekulanten

Autonome Bastelaktion

Im Zuge der “besinnlichen Zeit” zu Weihnachten haben wir uns entschlossen, einem der schlimmsten Mietspekulanten in Berlin einige „Grüße“ zum Nachdenken zu übersenden. Wir haben eine größere Anzahl Postkarten mit einem weihnachtlichen Pflasterstein-Motiv in Umlauf gebracht, die hoffentlich bald der Claus-Hausverwaltung zugestellt werden. Während auf der Vorderseite der Karten ein Pfalsterstein mit Geschenkband in weihnachtlichem Ambiente abgebildet ist, steht auf der Rückseite folgender Text: “Finger Weg von der Koloniestraße, sonst hagelt es im neuen Jahr Geschenke!” ergänzt um die Anschrift der Hausverwaltung „Am Borsigturm 53 / 13507 Berlin“. Einige der Karten wurden in einer „Autonomen Bastelaktion“ mit weiteren Slogans versehen. Wir hoffen, dass die Hausverwaltung und vor allem ihr Geschäftsführer Stefan Claus, diesen ersten symbolischen Pflasterstein-Regen zum Anlass zu nimmt, um sich und ihre unsozialen Geschäftspraktiken gehörig zu überdenken. Wenn nicht, können wir auch noch anders!


Mieter*innen-Solidarität
Mit der Aktion bekunden wir unsere Solidarität mit allen Mieter*innen, die vom menschenverachtenden Treiben des Unternehmensgeflechts um die Claus-Hausverwaltung und der D.V.I., Deutsche Vermögens- und Immobilienverwaltung GmbH, um Lior Mamrud und Josif Smuskovics betroffen sind. Aktuell sind dies in diesem Zusammenhang vor allem die Menschen aus der Koloniestraße im Wedding. Zum 01.12. hat die Vierte D.V.I. als Eigentümerin, mithilfe der Claus-Hausverwaltung die Mieten in den ihnen gehörenden Blöcken mit den Hausnummern 2, 2a, 6, 6a 6b 7 und 8 um rund 100% , das sind knapp 12Euro pro Quadratmeter, erhöht. Betroffen von dieser absurden Erhöhung sind 157 Wohneinheiten, in denen momentan rund 500 Menschen leben. Sie alle haben nun Angst um ihre Wohnung, in denen sie teilweise seit Jahrzehnten leben.

Das Kostenmietensystem als Ausdruck einer unsozialen Wohnungspolitik
Möglich ist eine solche Erhöhung, da es sich bei den Häusern in der Koloniestraße um Objekte des ehemaligen Sozialen Wohnungsbau in Berlin handelt. Nachdem in diesem Segment der Wegfall der Anschlussförderungen (2003) beschlossen wurde, wurde den Eigentümern die Möglichkeit eingeräumt, die Mieten nach dem Ende der Grundförderung bis zur sogenannten Kostenmiete anzuheben. Da die Kosten für die entsprechenden Gebäude bei der Entstehung jedoch systematisch überhöht wurden, kommt es so zur absurden Situation, dass in Wohnungen, die mal für Menschen mit weniger Chancen auf dem regulären Wohnungsmarkt gebaut wurden, nun auf einmal Mieten verlangt werden können, die weit über den örtlichen Vergleichsmieten im frei finanzierten Wohnungsbau liegen. Noch unglaublicher wird die Lage, wenn zwischenzeitlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat, so wie in der Koloniestraße. Hier hat die D.V.I. beim Kauf der Gebäude aufgrund der Insolvenz des Voreigentümers lediglich rund ein Drittel der ursprünglichen Kosten bezahlt. Aufgrund des sogenannten Einfrierungsgrundsatzes können bzw. müssen jedoch die ursprünglichen Kosten zur Grundlage der Mieterhöhung genommen werden. Das heißt, die Menschen in der Koloniestraße sollen nun aufgrund der eingefrorenen Kostenmiete mit ihren Mietzahlungen Kosten decken, die den jetzigen Eigentümern nie angefallen sind. Und das alles ist auch noch vollkommen legal.

Entmietung als Geschäftsstrategie
Die Claus-Hausverwaltung und die D.V.I. als Eigentümergesellschaft haben sich darauf spezialisiert, diese rechtliche Schieflage konsequent auszunutzen, um speziell im ehemaligen Sozialen Wohnungsbau fett Asche zu machen und gerade die Menschen auszunehmen und zu verdrängen, die ohnehin weniger als andere haben. „Das Geschäftsmodell der beiden scheint unter anderem auf Wertsteigerungen im Sozialen Wohnungsbau durch Entmietung oder Mietsteigerung abzuzielen [...]“ [1]. Bei der Koloniestraße handelt es sich nicht um einen bedauernswerten Einzelfall, sondern was hier geschieht hat Methode und wurde von den gleichen Akteuren bereits 2011 in den 70 Wohnungen der Pohlstraße 43-53 in Berlin-Tiergarten durchgezogen [2]. Dabei sind die Besitzer und Hausverwaltung in einem verwirrenden Firmengeflecht miteinander verbunden, so hat „zum 1. Januar 2014 [...] die Claus Hausverwaltung die Verwaltung wesentlicher Teile des Immobilienbestandes der Berliner Family Office Mamrud Smuskovics-Gruppe übernommen. Im Gegenzug hat die D.V.I.[...] 50 % der Gesellschaftsanteile der Claus Hausverwaltung GmbH erworben“ [3]. Darüber hinaus teilen sich Claus und D.V.I. auch eine Anschrift in Berlin-Tegel. Beide Akteure sind seit Jahren gemeinsam für ihr fragwürdiges Geschäftsverhalten bekannt und müssen damit als besonders starke Motoren einer Verdrängung von weniger finanzkräftiger Menschen in die Berliner Randgebiete betrachtet werden. Doch wir haben jetzt genug!

Selbstorganisierter Mieter*innen-Protest
Unsere Grüße gehen vor allem an die Menschen in den betroffenen Wohnungen der Koloniestraße, denen wir mit der Aktion Mut machen wollen. Auch wenn viele von ihnen bereits aufgrund des Drucks ausgezogen sind, halten andere unermüdlich die Stellung. Sie organisieren sich in ihren Häusern und tragen ihre Wut nach außen. Sie kämpfen gegen die Mieterhöhung und gegen eine total verfehlte Wohnungspolitik in Berlin.
In dieser Situation hilft es ihnen auch wenig, wenn sich das Bezirksamt Mitte und vor allem der Sozialstadtrat Stephan von Dassel sich jetzt in einer Pressemitteilung vom 22.12.2015 als vermeintliche “Retter in der Not” aufspielen [4]. Der Hintergrund dazu ist ein Rechtsstreit zwischen dem Amt und den Besitzern, in dem entschieden werden soll, ob die Objekte durch den Verkauf den Status “öffentlich gefördert” verloren haben. Wäre dies, wie vom Bezirksamt behauptet, der Fall, wäre eine Mieterhöhung nach dem Grundsatz der Kostenmiete nicht mehr möglich. Im Angesicht dieses Rechtsstreits sieht der Eigentümer den Mieter*innen gerade vorläufig von den erhöhten Zahlungen ab. Doch in einem bedrohlichen Brief an die Mieter*innen wurde bereits angekündigt, dass bei Gewinn des Rechtsstreits die höhere Miete rückwirkend verlangt wird. Damit sind die Mieter*innen vielleicht im Moment entlastet, allerdings für die Zukunft von enormen Schulden bedroht. Auch wenn das Bezirksamt allen Mieter*innen verspricht, die anfallenden Kosten zu übernehmen, ist dies kein zufriedenstellendes Ergebnis. So können vielleicht die Menschen erstmal in ihren Häusern bleiben, aber unsoziale Mietspekulation wird vom Staat finanziert. Eine tragfähige soziale Wohnungsbaupolitik sieht anders aus. Aber auch wenn sich im bestehenden Rechtsstreit das Bezirksamt durchsetzt, sind die Aussichten eher düster. Dann gehen nämlich alle Wohnungen ins Vergleichsmietensystem über, was vielleicht die zulässigen Mieterhöhungen begrenzt, langfristig jedoch nicht unterbindet. Was dann stattfinden würde, ist lediglich eine Verdrängung auf Zeit.

Gemeinsam Kämpfen!
Die Situation der Häuser in der Weddinger Koloniestraße zeigt klar die Probleme der bestehenden Wohnungsbaupolitik in Berlin auf. Geldgeile Wohnungseigentümer können sich legal abgesichert am Wohnungsbestand bedienen und die Politik schaut hilflos zu bzw. schmeißt den Schweinen die Knete noch nach. Wenn wir wollen, dass sich daran etwas ändert, hilft nur der gemeinsame Kampf – mit welchen Mitteln auch immer er geführt werden muss! Wir haben wenig Hoffnung, dass sich die Claus-Hausverwaltung von unserer Aktion tatsächlich zu einem Wechsel ihres Geschäftsverhaltens bewegen lässt. Aber die Chance wollten wir ihnen zumindest geben.

Die Häuser denen, die sie brauchen!


[1] http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2011/detailansicht/article/neue-ge...
[2] https://gentrificationblog.wordpress.com/2011/01/06/berlin-vom-sozialen-wohnungsbau-zum-spekulationsobjekt/
[3] http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/koloniestr.html
[4] https://www.berlin.de/ba-mitte/aktuelles/pressemitteilungen/2015/pressem...

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Hier ist die Claus Hausverwaltung GmbH auch schon unangenehm aufgefallen, siehe den Text hier https://linksunten.indymedia.org/de/node/144089

 

ZITAT DARAUS:

PS: Das die Claus Hausverwaltung GmbH mit Geschäftsführung Stefan Claus und Melani Schnell so ohne jeden Streß davongekommen ist, ist natürlich ein Wermutstropfen bei der ganzen Sache. Aber im Kapitalismus sitzen die Eigentümer_innen halt am längeren Hebel. Aber das muss ja nicht so bleiben (der Kapitalismus) und ausserdem sieht man sich immer zweimal (Stefan und Melani)...

 

Bündnis Zwangsräumung Verhindern