Bericht zu den Protesten gegen Pegida am 13.12. in Aachen

Alle Rassisten...

500 Gegendemonstrant*innen, 150 Leute bei Pegida – Kooperation von belgischen, niederländischen und deutschen Pegida-Ablegern - Mehrere Verletzte durch Polizeigewalt – Pegida kündigt an, ab Ende Januar 2016 regelmäßig nach Aachen zu kommen.

Für Sonntag den 13.12. war in Aachen eine Kundgebung der rassistischen Organisation Pegida angekündigt. Organisiert wurde die Kundgebung von dem niederländischen Ableger Pegida Nederland um Edwin Wagensfeld, der unter dem Namen „Ed der Holländer“ bereits einige Male als Redner bei Pegida in Dresden aufgetreten ist. Dazu waren Pegida-NRW, Pegida Vlaanderen und Pegida Liegé (Lüttich) an der Organisation beteiligt. Auch der selbsternannte Aachener Pegida-Ableger „Acgida - Pegida Fans aus Aachen“ wendete sich an die Veranstaltenden und bot seine Mithilfe an. Bei Acgida handelt es sich um eine der zahlreichen Internetgruppen der Rassistin und Neonaziaktivistin Melanie Dittmer, die in Aachen einen Ableger der von ihr erfundenen „Identitären Aktion“ gegründet hat. Aufgrund des schwierigen Verhältnisses zwischen Dittmer und den Strukturen von Pegida NRW war „Acgida“ aber nicht oder kaum in die Organisation der Kundgebung eingebunden.
Die Kundgebung fand nach einigem Hin- und Her am Aachener Fußballstadion Tivoli statt. Es handelt sich um ein übersichtliches Gelände, mit Nähe zum Aachener Polizeipräsidium.

An der Pegida-Kundgebung nahmen um die 150 Rassist*innen teil. Als Redner*innen traten auf: „Alex“ aus Duisburg, der auch die Moderation machte, Michael Diendorf von Pegida NRW, Raffie Chohan von der „Dutch Defence League“ aus den Niederlanden, die auch bei der ersten Pegida-Aktion dort, am 11.10.2015 in Utrecht sprach. Weiterhin redeten Chris Jassens, Vorstandsmitglied des belgischen „Vlaams Belang“, Lionel Baland aus Lüttich, wichtigster Vertreter von Pegida in der belgischen Wallonie, sowie als Stargast der Pegida-Gründer Lutz Bachmann aus Dresden. Bachmann führte aus, dass es die Stategie von Pegida sei, sich erst zu vernetzen und im Anschluss anzugreifen. Alle Redenden wiesen auf die Bedeutung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit der einzelnen Pegida-Ableger hin. Während die Pegida-Kundgebung zahlenmäßig schwach und der Kundgebungsort keinerlei öffentliche Wirkung hatte, scheint es, als das der Aufmarsch vor allem der regionalen Vernetzung und des Kennenlernens diente. Auch wurde wohl ausgelotet, in wie weit die Polizei in Aachen dazu bereit ist, rassistische Versammlungen durchzusetzen. Sie war offensichtlich ziemlich bereit dazu.

Neben den offiziellen „Gegenprotesten“ der Stadt Aachen am Elisenbrunnen, an denen etwa 1500 Menschen teilnahmen und sich weit vom Geschehen gegen Rassismus positionierten, wurden vom Bündnis „Antirassistische Offensive“ zwei antirassistische Demonstrationen angemeldet, die sich von zwei Seiten der Pegida-Kundgebung zuwenden wollten. Ziel war es, die Anreise der Pegida-Teilnehmenden zu stören sowie ihre Kundgebung soweit wie möglich zu blockieren oder zu verhindern. Damit sollte versucht werden, Pegida keine weitere Plattform für ihre rassistische Hetze zu bieten. Beide Demos wurden von der Aachener Versammlungsbehörde mit absurden Routen und Auflagen belegt. So führte die 1. Demo, die am Westbahnhof startete, durch kaum bewohnte Gewerbe- und Industriegebiete abseits von größeren Straßen zum Tivoli. Die Demo, die am Hauptbahnhof starten sollte, sollte laut Versammlungsbehörde einen Umweg von einer Stunde durch teilweise menschenleere Straßen gehen. Ganz nebenbei ist es in Aachen inzwischen Standard geworden, die Personalien der Ordner*innen zu erfragen oder das Zusammenknoten von Transparenten zu verbieten. Die Demonstration, die am Hauptbahnhof starten wollte, entschied sich nach einem gescheiterten Verhandlungsgespräch über eine Routenänderung, in Kleingruppen direkt Richtung Pegida-Versammlungsort zu gehen und keine Demonstration durchzuführen, Dies ging problemlos und bald konnte sich eine größere Anzahl von Anti-Rassist*innen am Tivoli versammeln.

Pegida hatte im Vorfeld dazu aufgerufen, den relativ abgelegenden Kundgebungsort per PKW zu besuchen. Offenbar wurde mit der Polizei abgesprochen, dass Pegida-Anhänger in einer nahegelegenden Straße in Empfang und von den Parkplätzen aus zu ihrer Kundgebung geleitet werden würden. Zudem wurden die Pegida-Leute von den Organisierenden dazu angehalten, bis  um 13h anzureisen, auch wenn die Kundgebung erst um 14h beginnen sollte. Die Anreise zog sich aber dennoch bis 14h hin. Auch danach kamen immer wieder kleine Pegidagrüppchen an und versuchten, teilweise durch die antifaschistische Kundgebung hindurch, durch zu ihrer Kundgebung zu gelangen. Dabei wurden sie von der Polizei abgeschirmt. Dies war eine deutliche Provokation der Antifaschist*innen durch die Polizei und hatte nichts mit der von der Polizei postulierten „Deeskalationsstrategie“ zu tun.

Insgesamt versammelten sich um die 500 Gegendemonstrant*innen direkt am Tivoli. Gegen 13.30 versuchte eine größere Gruppe Antifas sich von der Rückseite der Pegida-Kundgebung zu nähern. Einige Aachener Bereitschaftspolizisten folgten der Gruppe, wobei sie sinngemäß über Lautsprecher äußerten: „Wenn ihr Scheisse baut, dann reiße ich euch den Arsch auf“. Die Polizisten stiegen aus und folgten der Gruppe. Diese wurde dann von vorne von einer Gruppe Polizisten aus Wuppertal angegriffen, die unmittelbar ihre Schlagstöcke einsetzten. Begleitet wurden sie von einigen Polizeipferden, die bisher im Hintergrund bereit gehalten worden waren. Mehrfach wurde versucht, Knie und Schultern der Antifas mit Schlagstöcken zu treffen. Hier und auch im späteren Verlauf tat sich die Polizei durch besondere Brutalität hervor. Einem Antifaschisten wurde die Kniescheibe gebrochen, ein weiterer wurde von einem Polizisten durch einen von hinten ausgeführten Schlag auf den Kopf zu Boden geworfen, ein weiterer wurde bei seiner Verhaftung gegen einen Polizeibus geschlagen und mehrfach in den Bauch geboxt. Auch wurden Menschen durch Pfefferspray verletzt. Diesen wurde Erste Hilfe (Augenspülen) verweigert. In einem weiteren Fall wurde eine Person zu Boden gebracht und gefesselt. Sie wies dabei auf ihr verletztes Knie hin, woraufhin einer der Beamten sich zusätzlich auf das betroffene Gelenk kniete. Außerdem wurden mehrfach Menschen mitten in der Kundgebung von der Polizei rausgegriffen, was mehrfach zu Auseinandersetzungen führte. Insgesamt wurden laut Polizei vier Ingewahrsamnahmen und zwei Festnahmen, sowie ein Dutzend Personalienfeststellungen durchgeführt. Da die Polizei auch verlauten ließ, man habe 16 Strafverfahren eingeleitet, ist bald mit einigen Vorladungen zu rechnen. Niemand ist verpflichtet, auf Vorladungen der Polizei zu reagieren. Stattdessen solltet ihr euch bitte beim Aachener Ermittlungsausschuss melden.

Pegida-Anmelder Michael Diendorf kündigte während seiner Rede an, dass Pegida von Januar an jeden Montag nach Aachen kommen würde. Allerdings wurde Montagabend von Pegida-NRW gepostet, dass man vorhabe, das nächste Mal Ende Januar in Aachen aufzulaufen und von da an jede Woche Montags Kundgebungen in Aachen durchzuführen. Wir möchten alle Antifas und Antirassist*innen schonmal einladen, sich dann an den Gegenprotesten zu beteiligen.

Zuletzt wollen wir uns bei allen Gegendemonstrant*innen ihr Erscheinen bedanken.

Lasst uns gemeinsam verhindern, dass Pegida in der Region Fuß fasst und durch den Aufbau eines rassistischen Grundkonsens weiteren Nährboden für Pogrome und gewalttätige Übergriffe auf Migrant*innen/Asylsuchende, politische Gegner*innen und Journalist*innen bereitet. Egal ob Duisburg, Dresden oder Aachen:

Pegida entgegenstellen! Rassismus bekämpfen!

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Eine Ergänzung: Im Polizeipräsidium Aachen war u.a. der Polizeihauptkommissar Uwe Bahmann darin involviert, die ingewahrsamgenommenen Personen zu "betreuen". Uwe Bahmann war bis Mai 2014 der Vorstandsmitglied der Aachener Alternative für Deutschland. Noch im Juli 2014 zeichnete er sich für Anfragen der Partei als Vorsitzender verantwortlich. Im neuen Vorstand der AfD ist Bahmann aber nicht mehr aktiv und es ist unklar, ob er noch Mitglied der AfD ist. 

Die AfD in Aachen ist als extrem rechts zu betrachten, sie teilt laufend Beiträge der extrem rechten Zeitschrift "Junge Freiheit" und solidarisierte sich jüngst mit dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke, nachdem dieser wegen rassistischer Äußerungen selbst in der AfD Probleme bekommen hatte.