EU-Gipfel sieht Grenzschutz als richtigen Schritt

Erstveröffentlicht: 
18.12.2015
Streit um europäische Flüchtlingspolitik: Wenig Einigkeit in Brüssel – doch die Türkei fordert Umsiedlung von Syrern

Von Christian Böhmer

 

Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs der EU bleiben auch beim letzten Gipfel des Jahres in wichtigen Fragen zur Flüchtlingskrise gespalten. Am Rande des Gipfels, der heute zu Ende geht, versammelte sich der „Club der Willigen“ aus elf europäischen Ländern, die der Türkei Flüchtlingskontingente abnehmen wollen. Zahlen wurden bisher nicht genannt.

 

Der türkische Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu forderte, mit der Umsiedlung von Syrern aus der Türkei in EU-Staaten zu beginnen und insgesamt großzügiger vorzugehen. Zuvor hatte er zugesagt, den Zustrom aus Syrien mit einer Visumspflicht bremsen zu wollen.Zum „Club der Willigen“ kamen außer Merkel und Davutoglu auch Spitzenvertreter aus Österreich, Luxemburg, Griechenland, Schweden, Belgien, Finnland, Slowenien, Portugal, Frankreich und den Niederlanden.

 

In einem Punkt herrschte am Donnerstagabend offenbar Einigkeit: Die meisten Regierungschefs begrüßten Pläne für einen verstärkten Schutz der Außengrenzen. Die Vorschläge der EU-Kommission dazu seien „in einem weiten Sinn“ gutgeheißen worden, sagte ein hochrangiger EU-Vertreter am Donnerstagabend in Brüssel. Es gebe aber „einige“ Länder, die Vorbehalte wegen eines drohenden Eingriffs in die nationale Souveränität geäußert hätten.

 

Die EU-Kommission hatte am Dienstag vorgeschlagen, auf Basis der bisherigen Behörde Frontex einen gemeinsamen europäischen Grenz- und Küstenschutz aufzubauen. Er soll neben 1000 festen Mitarbeitern über eine Reserve von 1500 Grenzschützern verfügen, die in Krisensituationen binnen drei Tagen entsandt werden können. Die Kommission will „in dringenden Fällen“ und insbesondere, wenn die Funktionsfähigkeit des Schengenraums gefährdet ist, die Beamten auch gegen den Willen einer Regierung in den Einsatz schicken. Es habe beim Gipfel Einigkeit gegeben, auf Basis des Kommissionsvorschlags im ersten Halbjahr 2016 einen endgültigen Vorschlag auszuarbeiten, sagte der EU-Vertreter. Es wäre aber „keine Überraschung“, wenn dieser sich von den Kommissionsvorstellungen unterscheide.

 

Der britische Premier David Cameron stieß unterdessen bei einer Debatte vor allem mit dem Plan auf Widerstand, dass zugewanderte EU-Bürger mindestens vier Jahre in Großbritannien gearbeitet haben müssen, bevor sie einen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen bekommen. „Wir können nicht hinnehmen, dass unsere Bevölkerung diskriminiert wird“, warnte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite. Viele EU-Zuwanderer auf der Insel kommen aus Osteuropa. Die EU lässt sich auf Reformverhandlungen ein, um Großbritannien in der Union zu halten. Cameron will seine Landsleute bis Ende 2017 über den Verbleib in der EU abstimmen lassen.