Neonazi-Zeuge enthüllt NSU-Innenleben

Erstveröffentlicht: 
17.09.2015

Prozess in München: Neue Hinweise zur Mordwaffe

 

Von Christoph Lemmer


München. Im Münchner NSU-Prozess hat ein früheres Mitglied der "Kameradschaft Jena" laut Prozessbeteiligten den letzten fehlenden Beweis für die Beschaffungskette der "Ceska"-Mordwaffe geliefert. Mit dieser Pistole sollen die mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt neun ihrer zehn Mordopfer erschossen haben. Der Zeuge bestätigte gestern, dass die von der Bundesanwaltschaft verdächtigten Männer, die die Waffe über mehrere Stationen von der Schweiz nach Jena gebracht haben sollen, sich persönlich kannten. "Alle Fäden" seien in einem Szeneladen in Jena "zusammengelaufen". Laut der Anklage soll der wegen Beihilfe zum Mord mitangeklagte Ralf Wohlleben die Bestellung der Waffe in diesem Geschäft veranlasst haben. Beate Zschäpe war 1998 mit Mundlos und Böhnhardt abgetaucht. Sie ist als mutmaßliche Mittäterin angeklagt.


Detailliert schilderte der Zeuge, der auch Sänger der Rechtsrock-Band "Vergeltung" war, die Vorgeschichte des NSU und die Rollen seiner mutmaßlichen Mitglieder und Unterstützer. Mundlos und Böhnhardt seien "völlig unterschiedlich" gewesen. Er habe sich gefragt, wie sie so lange miteinander leben konnten. Mundlos beschrieb er als "intelligent und zynisch". Die Morde hätte er ihm nicht zugetraut. Böhnhardt hätte auch "Linksterrorist" werden können, wenn seine Clique zufällig links gewesen wäre. Gewundert habe er sich auch darüber, dass Zschäpe mit den beiden Männern in den Untergrund gegangen sei. Sie habe in der Gruppe selten etwas gesagt und keine "Parolen geschrien". Er habe sie 1992 als Freundin von Mundlos kennengelernt. Das Gericht unterbrach die Vernehmung; sie soll am 7. Oktober fortgesetzt werden.