[Saarbrücken] Feminism? Hell Yeah! Nachttanzdemo am 28.8.2015

Feminism? Hell Yeah!28.8. 2015 Saarbrücken

Aufruf zur antisexistischen Nachttanzdemonstration am Freitag, den 28.8.2015 in Saarbrücken!

Am 7. März gingen wir gemeinsam mit unseren Genoss*innen von Ciwanen Azad Saarland zum Frauenkampftag auf die Straße. Wir haben damals, gemeinsam mit vielen Feminist*innen, auf den gesellschaftlichen Zustand geschlechtsabhängiger Hierarchien aufmerksam gemacht und in einer kraftvollen Demonstration für feministische und kommunistische Alternativen zum bestehenden Ausbeutungssystem geworben. Viele Passant*innen konnten mittels Flyern und Redebeiträgen erreicht werden. Die Demo kann als Erfolg gewertet werden.

 

Jedoch wollen wir uns nicht nur auf einzelne „Kampftage“ im Jahr beschränken um feministische Theorie und Praxis in kommunistische Politik einfließen zu lassen. Wir werden deshalb in der kommenden Zeit verstärkt dazu arbeiten und mit einigen Vorträgen und anderen Auseinandersetzungen mit der Thematik aufwarten. Den Anfang machen wir am Freitag, den 28.8.2015 mit einer Nachttanzdemo durch Saarbrücken. Erneut wollen wir geschlechtsabhängige Hierarchien, sowie heterosexistische Strukturen benennen und angreifen. Wir wollen uns dabei nicht mit den Knochen, die der Staat uns zuwirft zufriedengeben. Wir wollen mehr als einen staatlich verordneten Feminismus, dessen höchste Errungenschaften Frauenquoten sind. Wir wollen einen revolutionären, antikapitalistischen Feminismus, der sich nicht mit schrittweisen Verbesserungen innerhalb des Systems zufrieden gibt, sondern dessen Ziel die Zerschlagung des Kapitalismus und aller mit ihm einhergehenden Unterdrückungsmechanismen ist.


Deshalb kommt am Freitag, den 28.8.2015 um 19:30 Uhr zur feministischen Nachttanzdemo an den Max-Ophüls-Platz.


Täglich kategorisieren wir Menschen in Männer und Frauen, Jungen und Mädchen. Ein Automatismus, der sich durch das Leben im Patriarchat wie ganz natürlich entwickelt und von dem auch eine radikale Linke nicht befreit ist. Dabei halten wir es für ganz selbstverständlich den Menschen, die wir da kategorisieren, bestimmte Eigenschaften zuzusprechen. Sind das zum Teil noch positiv besetzte Vorurteile, welche jedoch nicht weniger falsch sind, so wird aus diesen Ressentiments sehr häufig eine abwertende und menschenverachtende Doktrin geschustert.


Besonders Frauen* sehen sich immer wieder mit sexistischen Angriffen konfrontiert, welche häufig auch in physische Gewalt umschlagen. Die Auswirkungen dieses Konstrukts aus Chauvinismus, Mackertum und Gewalt haben sich dabei im Kapitalismus nicht etwa verbessert, sondern haben sich nur den Verhältnissen angepasst. Sie resultieren aus einer Spaltung in einen „öffentlichen“ und einen „privaten“ Bereich innerhalb der kapitalistischen Verwertungslogik. Der „öffentliche Bereich“ indem sich einerseits die Reichtumsproduktion vollzieht und andererseits die bürgerliche Herrschaft staatlich organisiert und verwaltet wird, wird immer mit „typisch männlichen Attributen“ wie Durchsetzungskraft, Stärke und Mut assoziiert. Ganz im Gegenteil zum „privaten Bereich“ welcher als schwächlich und (zu) emotional betrachtet wird und somit „typisch weiblichen Attributen“ unterliegt.


Doch ein progressiver Feminismus darf sich nicht nur auf die Bekämpfung von Unterdrückungsmechanismen gegen Frauen* konzentrieren, sondern muss auch den Kampf gegen heterosexistische Strukturen führen. Unter Heterosexismus verstehen wir ein gesellschaftlich institutionalisiertes Denk- und Verhaltenssystem, welches Heterosexualität anderen Formen sexueller Orientierung als überlegen klassifiziert und jede nicht-heterosexuelle Form von Identität und Verhalten ablehnt und stigmatisiert.


Bestes Beispiel für die Dringlichkeit dieses Kampfes ist die aktuelle Debatte um die „Ehe für Alle“. Immer offener zeigt, neben faschistischen Frauenhassern, auch die „bürgerliche Mitte“ ihre widerliche und heterosexistische Seite. So erklärte Annegreth Kramp-Karrenbauer (Saarländische Ministerpräsidentin) zu einer Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare: Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen„. Gleichzeitig demonstrieren immer mehr „besorgte Eltern“ und christliche Fundamentalisten gegen den Sexualkundeunterricht mit Einbeziehung von Homo- und Transsexualität. Unseres Erachtens ist Heterosexismus und Homophobie ein zentraler Antrieb für die Proteste der Bildungsplan-Gegner*innen, auch wenn sie selbst es leugnen und “nur um das Wohl ihrer Kinder besorgt sind. Die heteronormative Form des Zusammenlebens (Vater, Mutter, Kinder) findet selbstverständlich und selbstbewusst im öffentlichen Raum statt. Andere Konzepte des Zusammenlebens hingegen haben sich im Privaten abzuspielen – und dort auch zu bleiben. Dieses Messen mit zweierlei Maß zeigt sehr deutlich die diskriminierende Haltung der Bildungsplangegner*innen. Das Verschweigen und die Nicht-Anerkennung bestimmter Identitäten ist auch in anderen Bereichen (z.B. Rassismus) ein machtvolles Ausgrenzungs- und Unterdrückungsinstrument. Die Angst zu schüren, durch die bloße Erwähnung alternativer Sexualitäten und Geschlechterrollen seien Kinder und Familie bedroht, gründet auf Vorurteilen und falschen Unterstellungen, sie ist heterosexistisch und homophob. Dieser Verbreitung diffuser Ängste und Unterstellungen wollen wir uns entgegenstellen und für gegenseitige Wertschätzung und eine selbstbestimmte Sexualität eintreten.1


Es muss jeder*m bewusst sein, dass durch die vermeintlich gesetzliche Gleichstellung unterdrückter Gruppen, wie Frauen* oder Homosexuellen keine grundlegende Verbesserung der Zustände erreichbar sind. Diese Unterdrückungsmechanismen sind Teil der kapitalistischen Verwertungslogik. Jobs werden nach klassischen Rollenbildern, in Zeiten in denen man Homo- und Transsexuelle nicht mehr auf dem Scheiterhaufen verbrennen kann, um die sexuellen Vorlieben der jeweiligen Jobsucher*innen erweitert, vergeben.

Unter den Vorzeichen sich ändernder Anforderungen des Kapitals betreibt der Staat munter seine Geschlechter- und Familienpolitik. Gegenwärtig bedeutet das einerseits, dass weiblich sozialisierte Menschen als gleichberechtigte Lohnarbeiter*innen und Kapitalist*innen gebraucht werden. Denn prinzipiell sollen sich alle Menschen in allen Berufsfeldern als nützlich und produktiv erweisen. Andererseits muss der Staat weiterhin die äußeren Bedingungen der Reproduktion der Arbeitskraft und der Vermehrung der Bevölkerung sicherstellen. Die “Heterokleinfamilie“ bleibt zumeist der Ort, an dem das geschieht. Ausgehend von diesem Widerspruch verlaufen die ideologischen Konfliktlinien innerhalb der Politik, die mal zu Gleichstellungsprogrammen und Frauen-Quoten, mal zum Betreuungsgeld und Ehegattensplitting führen.“2


Eine emanzipatorische, linksradikale Politik kann nur erfolgreich sein, wenn sie den Kampf gegen Sexismus, Heterosexismus, Rassismus, Nationalismus und Kapitalismus als einen Kampf erkennt und führt. Die sexuelle Befreiung, sowie die Befreiung der Frau* kann nicht unabhängig von einer Zerschlagung des Kapitalismus von statten gehen, sondern muss als ein gleichlaufender Prozess wirken.


Für ein Leben, Lieben und Lernen in Freiheit! - Für den Kommunismus!


Freitag, den 28. August 2015, 19:30 Uhr Max-Ophüls-Platz


1. http://lbquadrat.org/grundsatztext-zu-diskriminierung-und-heterosexismus/

2. http://makingfeminismathreat.blogsport.eu/aufruf/