Prozess gegen Anti-Atom-AktivistInnen

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+++ 2008 Castorblockade über 12 Stunden +++ 3 Strafbefehle wegen Nötigung über je 80 Tagessätze a 10 Euro +++ Einsprüche gegen rechtswidrige Strafbefehle +++ öffentlicher Prozess am Amtsgericht Kandel, voraussichtlich Mitte Januar +++ Aktionstage geplant +++

 

Inhaltsverzeichnis

  • Aktion während des Castors 08
  • Dezentrale Aktionen
  • Hintergrund Atomkraft
  • Atomkraft und Klimawandel
    nicht gegeneinander ausspielen
  • Repression
  • Cnasttor-Tage
  • Unterstützung
  • andere Prozesse

Bisherige Indyartikel: 1, 2, 3
Blog über die Aktion und den Prozeß: blogXberg.blogsport.de

 

Die Blockade

In den Gleisen festgekettet.


Aktion während dem Castortransport 2008

 

Am 08.11.08 stoppten AktivistInnen den Castortransport von La Hague nach Gorleben, an der deutsch-französischen Grenze mittels einer Lock-On-Aktion. Drei von ihnen ketteten sich an einen in den Gleisen befindlichen Betonklotz. Die Bullen brauchten zwölf Stunden um sie aus dem Klotz zu hämmern und zu flexen, und eine weitere Stunde um den Tatort zu sichern und das Gleis wieder befahrbar zu machen. Diese Ankettaktion war eine der längsten Einzelblockaden, die es bei Castortransporten je gab. Dank vieler anderer teils spektakulärer Aktionen im Wendland, hatte der Castor 2008 mehr Verspätung als jeder zuvor. Einen Indymedia-Bericht zu der Aktion gibt es hier: Indymedia

 

Nochmal die Blockade

13 Stunden Arbeit bis der Zug wieder fahren kann.


Dezentrale Aktionen

 

Oft passiert es, dass viele Menschen viele bunte Aktionen machen und am Ende wenige Menschen mit bekannten Gesichtern im Namen aller AktivistInnen reden. Bei dem Versuch die Vielfalt auf einen Nenner zu bringen, werden Inhalte häufig stark verkürzt und viele Gründe, warum die Aktionen stattfanden, werden gar nicht erst erwähnt - oft auch aus dem Willen, den realpolitischen Anschluss nicht zu verlieren. Mit unserer Aktion wollten wir auch zeigen, dass gut organisierte Kleingruppenaktionen, bei denen die AktivistInnen sich selbst um die Vermittlung kümmern, möglich sind. Wir wollten zur Diskussion darüber anregen, wie sich effektiver Widerstand außerhalb der Muster der Herrschenden am besten organisieren lässt.

Kletterblockade/Clowns

Auch an anderen Orten wurde der Castor aufgehalten, oder die Bullen genervt.

Die Aktion zeigte auch, dass es sinnvoll sein kann, den Widerstand nicht auf das Wendland zu beschränken, sondern ihn auch geografisch in die Breite zu ziehen. Wenn die Polizei mit Aktionen auf der gesamten Strecke rechnen muss, wird sie nicht mehr genügend Kräfte bereitstellen können und das Durchkommen zu den Gleisen wird wahrscheinlicher. überregionaler Widerstand ist nötig: nicht nur beim Castor, sondern auch an anderen Stellen wie bei Uran-Transporten oder auf Kraftwerksbaustellen!

Know-How ist in vielfälter Form vorhanden, lasst es uns nutzen! 2010 wird es voraussichtlich drei Castortransporte durch D-land geben.

 

Krippel

Betonpyramiede der bäuerlichen Notgemeinschaft in Krippel.


Hintergrund Atomkraft

 

Atomkraft ist durch die nach wie vor vorhandene Störfall-Gefahr, den Jahrtausende strahlenden Müll, die ungeklärte Endlagerfrage inakzeptabel. Hinzu kommen die vielen Todesfälle durch Unfälle und durch die beim Uranabbau freiwerdende Strahlung. Auch die militärische Nutzung radioaktiven Materials steht durch das bei der Wiederaufbereitung anfallende Plutonium unweigerlich in Zusammenhang mit dem Betrieb von Atomkraftwerken.
Eine Alternative ist der Aufbau einer dezentralen Stromerzeugung aus regenerativen Energien. Stromkonzerne und zentrale Stromnetze müssen durch vielfältige Einzelinitiativen und selbstorganisierte Projekte abgelöst werden.
Wobei diese Veränderungen nicht alleine durch ein "richtiges Konsumverhalten" innerhalb einer kapitalistischen Logik herbeizuführen sind, sondern im Kontext mit gesamtgesellschaftlichen Veränderungen und der überwindung des Kapitalismus und anderer Herrschaftsverhältnissen gesehen werden muss. Denn in einer kapitalistischen Logik, stehen nicht die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt des Handelns, sondern der Wachstumszwang. Die Energieproduktion steht im Kapitalismus nicht in einem Verhältniss zu menschlichen Bedürfnissen. Eine Abwägung zwischen dem Bedürfniss nach elektrischer Energie, und dem Bedürfniss nicht verstrahlt oder verpestet zu werden, kann innerhalb einer kapitalistischen Logik nicht stattfinden, sondern nur in einer Gesellschaft in der freie Individuen ihre Bedürfnisse, in flexiblen Prozessen untereinander aushandeln. Repressionsorgane, die Bauplatzbesetzungen oder Castorblockaden wegknüppeln würde es nicht geben. Eine gefährliche Technologie, die auf so viel Ablehnung stößt könnte also nicht durchgesetzt werden.

 

Atomkraftwerk

Beim Uranabbau wird Radioaktivität frei, und auch die Kraftwerke bergen die ständige Gefahr eines Gaus.

 

Fatal wäre es aber, das eigene Handeln mit der Existenz des Kapitalismus zu entschuldigen, wie es weite Teile der heutigen Linken tun. Wer das eigene Handeln aufgrund von bestehenden Herrschaftsverhältnissen als unwichtig definiert, nimmt den Individuen jede Handlungsmöglichkeit, indem er/sie sie zu Objekten bestehender Verhältnisse degradiert. Genau das Gegenteil sollte das Ziel sein: Das erobern von Handlungsspielräumen.
Wer die Allgegenwärtigkeit des Kapitalismus ständig betont, um nicht über das eigene Handeln nachdenken zu müssen, der zementiert gerde diese Allgegenwärtigkeit. Wir wollen nicht auf ein naives Gutmenschentum hinaus, welches frei einer Analyse bestehender Verhältnisse, dazu auffordert richtig zu konsumieren - aber eine gesellschaftliche Transformation muss aus einer emanzipatorischen Sicht ihren Ursprung in der Selbstermächtigung der einzelnen Menschen haben, welche dann nach und nach die bestehenden Verhältnisse zurückdrängen, ohne eigene herrschaftsförmige Strukturen zu errichten.

Jede_r einzelne ist gefordert, bewusst zu entscheiden, woher der Strom, den er oder sie nutzt, kommen soll. Jede_r einzelne kann durch einen nachhaltigeren und bewussteren Umgang mit Energie dazu beitragen, dass dieses System des maximalen Konsums, des maximalen Wachstums, der maximalen Profite für wenige nicht länger Bestand hat. Und jede_r einzelne kann Möglichkeiten entwickeln sich diesem System und seinen Symtomen direkt entgegen zu stellen.

 

Atombombe

Plutonium entsteht bei der Wiederaufbearbeitung von Brennstäben, und wird in Atombomben verwendet.


Atomkraft und Klimawandel nicht gegeneinander ausspielen

 

Die Stromkonzerne versuchen gleichzeitig die Atomkraft als die Retterin des Klimas zu propagieren und neue Kohlekraftwerke durchzuboxen mit der Behauptung, nur so könne der Atomausstieg durchgesetzt werden. Das ist der Versuch zwei Bewegungen gegeneinander auszuspielen. Doch die Konzerne sind damit nicht besonders erfolgreich, zu viele haben verstanden, dass eine gefährliche Großtechnologie nicht die andere ablösen darf. Atom- und Kohlekraft sind nur in einer herrschaftsförmigen Gesellschaft möglich, in der es möglich ist negative Auswirkungen dieser Technologien auf andere abzuwälzen. So stehen Atomkraftwerke und Endlager selten in direkter Umgebung derjenigen, die verantwortlich dafür sind. Der Staat braucht Repressionsorgane, die den aufkeimenden Widerstand gegen solche Projekte wegknüppeln.

 

Kohlekraft

Kohlekraft kann nicht die Alternative zum Atomstrom sein.

 

Weggeknüppelt werden zur Zeit auch jene AktivistInnen in Kopenhagen, die gegen die Inszenierung der Regierungen als KlimaretterInnen aktiv werden. Eine neue Dimension der Repression wurde dafür eingeleitet, tausende Menschen wurden präventiv festgenommen und Proteste somit fast gänzlich unmöglich gemacht. Unsere Solidarität gilt all jenen, die in Kopenhagen in Gewahrsam sitzen und all jenen die gegen diese Repression aktiv werden.
Jenen Menschen, die sich als "links" oder "emanzipatorische" verstehen, die aber in Atomkraft oder in der Kohlekraft keine Probleme sehen, weil es regressiv wäre, gegen neue Technologien vorzugehen, sollten sich fragen, wieweit sie einen emanzipatorischen Ansatz haben, der die Menschen und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt sieht, also auch das Bedürfnis keinen Krebs oder andere Strahlenkrankheiten zu bekommen, dass Bedürfnis nach sauberer Luft und das Bedürfnis danach auch in 50 Jahren noch auf dieser Erde leben zu können, oder ob bei ihnen der Fortschrittswahn im Mittelpunkt steht, dem sich alle unterordnen müssen.

 

 

Repression


Für ihr Engagement gegen eine Risikotechnologie, die täglich das Leben vieler Menschen weltweit gefährdet, sollen die Angeketteten nun bestraft werden. Dies soll auch andere Menschen, die Atomkraft nicht wollen und sich deshalb regelmäßig dem Castortransport in den Weg stellen, abschrecken.
Zuerst ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Nötigung, gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr, und gemeingefährliche Sachbeschädigung. Der gefährliche Eingriff und die gemeingefährliche Sachbeschädigung wurden fallen gelassen, und es kam ein Strafbefehl gegen die drei Festgeketteten wegen Nötigung, über je 80 Tagessätze a 10 Euro. Franziska und Floh legten Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Matze konnte dies nicht, weil er sich aufgrund seines Engagements gegen den Neubau der Landebahn Nordwest des Frankfurter Flughafens in Untersuchungshaft befand und deshalb den gegen ihn ausgestellten Strafbefehl nicht erhielt, sondern sofort absitzen sollte.
Gegen Franziska und Floh wird es vermutlich Mitte Januar am Amtsgericht Kandel eine öffentliche Verhandlung geben. Der Strafbefehl war rechtswidrig, da ein Richter einen Strafbefehl nur dann unterschreiben darf, wenn die Rechtslage eindeutig ist. Das ist sie in diesem Fall überhaupt nicht da hier zum einen der rechtfertigende Notstand geprüft werden müsste, und zum anderen der einzig verbliebene Vorwurf der Nötigung nicht haltbar ist.
Einen Artikel über die Strafbefehle und die Repression gibt es auch auf Indymedia Deutschland.

 

Amtsgericht/Justizmaschinerie

Amtsgericht Kandel / Fliesßbandjustiz.

Unsere Kritik gilt dabei nicht nur den Anstrengungen der Justiz gegen politisch Aktive, sondern auch dem Rechtssystem und der Justiz im Normalbetrieb. Denn deren Aufgabe ist es, unter anderem, die Besitz- und Profitinteressen der einen vor denen zu schützen, die durch diese ausgebeutet oder vom Reichtum ausgeschlossen werden, oder wie hier aufgrund der Interessen weniger radioaktiv verstrahlt werden oder mit der Gefahr eines GAUs leben müssen. Eine weitere Funktion von Rechtssystemen und Justiz ist es unter Androhung von Strafe das Verhalten der Menschen zu normieren. Auch die Atomkraft wäre einerseits ohne Repressionsstaat gar nicht möglich und legitimiert andererseits durch die von ihr ausgehenden Gefahr auch dessen Notwendigkeit.
Atomkraft und Repression sind nicht nur insofern in Zusammenhang zu sehen, dass der Staat repressiv gegen AtomkraftgegnerInnen vorgeht, sondern auch, dass die Gefahr welche durch die Atomkraft ausgeht, erst einen repressiven Staat nötig macht, um die Gefahren (wenn zum Beispiel jeder in ein Atomkraftwerk spazieren könnte) zu mindern, und so repressive Systeme legitimiert.

 

 

Cnasttor-Tage

 

Um den Prozess herum, soll es Aktionstage geben: Die Cnasttor-Tage. Drei Tage vor dem Prozess soll es losgehen und einen Tag nach dem Prozess sollen sie enden. Es soll eine Anti-Atom-Fahrradtor geben, eine Gleisbegehung, einen dezentralen Aktionstag, Vorträge, Workshops, Filme, Diskussionsrunden, Kulturprogramm und im Mittelpunkt den Prozess. Die Aktionstage leben von den Menschen die sich einbringen. Meldet euch wenn ihr mit Veranstaltungen zu dem Programm beitragen wollt (unter bloxberg@riseup.net), oder organisiert eigene Aktionen. über den genauen Termin wird auf: bloXberg.blogsport.de berichtet werden.

 

 

Unterstützung

 

Ihr könnt uns auf viele Arten bei unserem Prozess unterstützen:

  • Verlinkt unseren Blog
  • Verteilt Flyer (diese sind auf dem Blog zu finden)
  • Helft uns bei der Organisation der Cnasttor-Tage
  • Tragt Inhalte zum Programm bei
  • Und kommt vor allem selbst zum Prozess und zu den Aktionstagen!

Wenn ihr Geld habt, könnt ihr uns auch finanziell unterstützen. Wir brauchen dringend Spendengelder. Zum einen sind die 800 Euro, die für Matzes Strafbefehl aufgebracht werden mussten, noch immer nicht gedeckt, zum anderen wird es weitere Anwalts- und Gerichtskosten geben. Darüber hinaus würden wir uns freuen Gelder beispielsweise für Aktionsmaterial während der Aktionstage oder für Flyer zur Verfügung zu haben. Spenden könnt ihr an folgendes Spendenkonto:

Konto "Spenden und Aktionen"
Betreff "Gleisblockade"
KtoNr 92881806
Volksbank Mittelhessen
BLZ 5139000

Am meisten freuen wir uns aber, wenn ihr selbst den Atomstaat und seine Repressionsorgane auf vielfältige Weise angreift!

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