Eilmeldung: Gericht hat Camp-Verbot für Protest gegen G7-Gipfel aufgehoben.

Das von der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen mit dem fadenscheinigen Vorwand, die von den G7-Gegnern gemietete Wiese könne von Hochwasser bedroht werden, ist aufgehoben. Ein “Totalverbot” des Camps könne nicht gerechtfertigt werden, entschied das Verwaltungsgericht.

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Erster Erfolg für G-7-Gegner
Verwaltungsgericht München erlaubt Protestcamp in Garmisch
Von André Scheer

Die Gegner des am Wochenende auf Schloss Elmau in Bayern stattfindenden G-7-Gipfels haben einen ersten Teilerfolg errungen. Das Verwaltungsgericht München hob am Dienstag das Verbot eines Protestcamps auf einer Wiese in Garmisch-Partenkirchen auf. Es sei nicht gerechtfertigt, das Zeltlager komplett zu untersagen, so die Richter.

Mit einer Entscheidung über das praktische Verbot des Sternmarsches am Sonntag rechnet das Aktionsbündnis »Stop G7 Elmau« erst für Donnerstag. Dirk Asche, einer der Rechtsanwälte der G-7-Gegner, äußerte bei einer Pressekonferenz in München die Vermutung, dass mit der späten Zustellung der Auflagenbescheide durch das Landratsamt gezielt der juristische Weg verhindert werden sollte. Es werde schwer sein, bis Sonntag durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht eine Aufhebung der Verbote durchzusetzen. Zudem wollte Asche nicht ausschließen, dass im Vorfeld der Aktionen »Agents provocateurs« eingesetzt werden könnten, die Gewalt vom Zaun brechen, um so die Entscheidung des Verfassungsgerichts zu beeinflussen. Genau das sei 2007 in Heiligendamm geschehen, als die obersten Richter einen Eilantrag der Demonstrationsanmelder gegen die dort eingerichtete »Sicherheitszone« wegen vorheriger Krawalle abgelehnt hatten.

Auch ohne den Umweg über die Gerichte genehmigte das zuständige Landratsamt am Dienstag zwei Dauerkundgebungen. Wie der Lokalsender Radio Oberland berichtete, sollen diese am Wittelsbacher Parkplatz in Garmisch-Partenkirchen und am Karwendelbad-Parkplatz in Mittenwald stattfinden dürfen. Die Großdemonstration am Samstag in Garmisch-Partenkirchen wurde einem Bericht des Bayerischen Rundfunks zufolge nur unter Auflagen genehmigt. So dürfen nicht mehr als 10.000 Menschen am 6. Juni gegen die »G7« demonstrieren, der Einsatz von Lautsprechern und Megaphonen wird eingeschränkt.

Quelle: https://www.jungewelt.de/2015/06-03/049.php

Ein Kommentar von Björn Hengst

 

Die Behörden in Bayern haben lange versucht, ein Protestcamp für Gegner des G7-Gipfels zu verhindern. Das Münchner Verwaltungsgericht hat dieses unwürdige Vorgehen jetzt zumindest vorerst beendet - zum Glück.

 


Die Bilder, die vom G7-Gipfel am 7. und 8. Juni in Elmau ausgehen sollen, lassen sich schon jetzt nachschlagen. Im edlen Buch, das Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer Teilnehmern und Gästen des Gipfels überreichen wird, erwartet den Leser eine heile und romantische Bayern-Welt.

 

In diese Idylle passt es nicht, dass es viele Menschen gibt, die gegen eben dieses Gipfeltreffen aus welchen Gründen auch immer protestieren. Noch dazu, wenn die Demonstranten in großer Zahl gemeinsam campen. So etwas wollte man in Bayern nicht, die Gründe für diese Skepsis wurden auch ausgesprochen: Derartige Camps seien oft Ausgangspunkt für gewaltsamen Protest gewesen.

Darum haben bayerische Behörden seit Monaten versucht, ein Protestcamp zu verhindern. Zuletzt lehnte der Markt Garmisch-Partenkirchen die Errichtung eines Camps auf einer Wiese ab, die das Bündnis "Stop G7 Elmau" von einem Gastronomen gepachtet hatte, weil hier angeblich Hochwassergefahr drohte.

 

Das Verwaltungsgericht München hat jetzt einer Klage der Gipfelgegner weitgehend stattgegeben. Die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen darf zwar Auflagen verfügen, wurde aber verpflichtet, das Camp mit bis zu tausend Teilnehmern zu dulden. Zwar kann noch Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt werden - vorerst aber ist der unwürdige Versuch gescheitert, ein Übernachtungslager für Demonstranten zu verhindern.

Die bayerischen Behörden haben mit ihrem harten Vorgehen wenig Weitsicht bewiesen: Zwar gibt es berechtigte Gründe für die Annahme, dass auch solche Menschen zu dem Treffen der führenden Industrieländer anreisen wollen, denen es in erster Linie um Krawall geht. Es kann aber nicht sein, dass Demonstranten pauschal zu möglichen Straf- und Gewalttätern abgestempelt werden.

Naiv war zudem der Gedanke, die Gipfelgegner würden gar nicht erst in so großer Zahl anreisen, wenn es kein Camp gäbe. Die Leute wären trotzdem gekommen. Die Behörden hätten gut daran getan, die Demonstranten nicht als Störenfriede einzuordnen, sondern als das, was sie sind: ein selbstverständliches Element in einer Demokratie.