LeserInnenbriefe in der BZ zur KTS-Demo

Erstveröffentlicht: 
23.11.2009

Antifa-Demonstration

"Das führt in eine gedankliche Sackgasse und eine ausweglose Gewaltspirale"

 

Die am (vor-)vergangenen Samstag in Freiburg aufgebotene Polizei-Armada war dazu geeignet, die "Notwendigkeit" einer Anti-Terror-Aktion zu suggerieren. Die für den anschließend massiven und überzogenen Polizeieinsatz verantwortlichen Herren Amann und Hochuli verzichteten dabei aus freien Stücken auf jeglichen ihnen zustehenden Ermessensspielraum und setzten auf sture Paragrafenreiterei.


Mit der kompromisslosen Auslegung des Vermummungsverbotes sollte ein Machtexempel statuiert und mit den Mitteln der stundenlangen Einkesselung die pure Polizeimacht zelebriert werden. Bis zu fünf Stunden, zum Teil bei strömendem Regen, war mehreren 100 jungen Teilnehmern kein Toilettengang möglich. Wären die bedauerlichen Böller und Flaschen auch ohne die gezielten Demütigungen geflogen? Wohl kaum!

Diese Grundsatzfrage stellt sich ebenso im Zusammenhang mit bereits zurückliegenden Vorfällen, die den Polizei-Verantwortlichen u. a. als Berechtigung für den neusten Massenaufmarsch dienten.

Der Irrglaube, die linksalternative Identität junger Menschen mit brachialen Machtmethoden brechen zu können, führt in eine gedankliche Sackgasse und eine ausweglose Gewaltspirale. Das kann nicht im Interesse Freiburgs sein. Als Folge dessen muss bei der nächsten bereits angekündigten Demo leider mit weiter verhärteten Fronten und gestiegener Aggressionsbereitschaft gerechnet werden.

Es wäre sehr zu begrüßen, wenn die Demo-Organisatoren das nächste Mal die ausgestreckte Hand vom OB Salomon annehmen würden, um im respektvollen Dialog Lösungen zu finden und Freiburg eine Wiederholung eines solchen Polizei-Aufmarsches zu ersparen.

Und noch eines: Der heute heranwachsenden Generation wird häufig Mangel an politischem Interesse und fehlendes gesellschaftliches Engagement unterstellt. Kritisiert wird ihre angeblich frei von Idealen und rein am Konsum orientierte Grundausrichtung. Die in unserer Stadt lebendige linksalternative Comunity beweist tagtäglich das Gegenteil. Sie bereichert somit unsere Stadt und gehört wie viele andere Gesellschaftsschichten fest zu Freiburg. Deshalb verdient sie keine Polizeiknüppel, sondern unsere breite Unterstützung. Im Übrigen: Aus den Kreisen linker Aktivisten sind bereits verdiente StadträtInnen hervorgegangen. Einer hat es gar zum Vize-Kanzler geschafft.

 


 

"Auf Eskalation getrimmtes Vorgehen"

Als Studentin der Soziologie habe ich an der Demo für mehr autonome Zentren und gegen faschistische Strukturen teilnehmen wollen. Leider kam eine Demonstration nicht zustande, da die Polizei den Zug aufhielt und durch massives Auftreten vereitelte. Die anschließende willkürliche Brutalität im Vorgehen gegen die Demonstranten hat mich zutiefst erschüttert und ich bin froh, dass ich nicht in die Finger der Polizisten kam.

Ein derartiges auf Eskalation getrimmtes Vorgehen ist mir in dieser Form noch nie wiederfahren bei einer Demonstration. Leider wird viel zu wenig in der Berichtserstattung darauf hingewiesen, dass die Demonstration nicht nur aus jungen Leuten bestand. Unterstützt wurde die Demo von der Fachschaft Soziologie der Uni sowie zum Beispiel der Soziologin Cornelia Helfferich, Professorin an der Evangelischen Hochschule. Es tut gut zu sehen, dass in Freiburg ein linksliberales Bündnis über Parteigrenzen zu funktionieren scheint.

Ob die Polizei aus dem unverhältnismäßigen Auftreten und Niederknüppeln der Demonstrierwilligen lernt bleibt zu hoffen.

 


 

"Will Herr Amann sich profilieren?"

Warum muss ich das Katz- und Mausspiel der Polizeidirektion Freiburg (Herr Amann) mit meinen Steuergeldern finanzieren? Will Herr A. sich damit etwa profilieren? Wie hoch die Kosten seines Einsatzes waren und wieviele Beamte ihre Freizeit opfern mussten, erfährt die Öffentlichkeit leider nicht. Ich finde es blamabel für eine Demokratie, wenn die freie Meinungsäußerung ohne Grund derartig eingeschränkt wird! Aber leider sind Herr Amann und die CDU (Herr Kageneck) sehr unflexibel, weil sie die Ziele der Antifa nicht unterstützen möchten.

 


 

"Kann ich gut verstehen"

Ja, den martialisch vermummten Polizeieinsatz kann ich psychologisch betrachtet gut verstehen. War die Polizei nicht vor wenigen Wochen bis auf die Knochen bloßgestellt, als ihnen die Antifa die nicht nur mit Flaschen und Knallkörpern aufgerüsteten Jung-Nazis vom Oberrhein präsentierte? (Siehe den Artikel "Hatten bessere Infos als die Polizei" , BZ vom 29. August) Da muss man doch verstehen, dass sie die Autonomen auch mal entblößt sehen wollten.

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Drucksache


Konfrontationskurs

Die Grüne Alternative (GAL) Freiburg betrachten den Polizeieinsatz während der Antifa-Demonstation am Samstag, 14. November, als "gewaltsame Verhinderung der freien Meinungsäußerung". Dies teilt die GAL in einer Presseerklärung mit. "In Anbetracht der Vorgeschichte muss man zu dem Fazit kommen, dass diese Auseinandersetzung gewollt war", so GAL-Stadtrat Coinneach McCabe. Seine Stadtratskollegin Monika Stein übt Kritik an Polizei und Amt für Öffentliche Ordnung und ergänzt: "Wieder haben sich die se beiden Behörden weit von den Grundwerten unserer Gesellschaft entfernt. Diejenigen, die dafür verantwortlich sind, sollten die Konsequenzen daraus ziehen."

 

Quelle: http://www.badische-zeitung.de/freiburg/druck-sache-xxh4jljqx--23154304....