Erfahrung eines Flüchtlings mit einer Polizeikontrolle in der Dortmunder Nordstadt

Aufziehcops

Im Folgenden lest Ihr die Erfahrung eines Flüchtlings, welcher in der Dortmunder Nordstadt kontrolliert und dabei von der Polizei misshandelt wurde. Zum Schutz vor Repression wurde das Gedächtnisprotokoll weitgehend anonymisiert: Anfang Februar befand ich mich tagsüber in der Dortmunder Nordstadt. Irgendwann fuhr ein Wagen der Polizei, ein Kleinbus, vor. Die Polizei, 3 männliche Polizisten, verließen ihren Wagen und kamen auf mich zu, um nach meinem Ausweis zu fragen.

Ich holte daraufhin mein Portemonnaie aus der Hosentasche und legte es auf eine Fensterbank. Ein Polizist nahm das Portemonnaie und steckte es in seine Tasche ohne es zu öffnen. Nun fragten die Polizisten ein weiteres Mal nach meinem Ausweis, woraufhin ich antwortete er befinde sich in meinem Portemonnaie, welches sie soeben genommen hatten.


Ein Polizist sagte dann „Wir nehmen ihn im Wagen mit.“ Ein anderer Polizist griff mich am Arm und ich ließ mich widerstandslos von ihm zum Wagen führen und stieg freiwillig ein.
Im Wagen legte mir ein Polizist den Sicherheitsgurt an, woraufhin ich einen Anruf bei meinem Anwalt tätigen wollte. Als ich dies den Polizisten mitteilen wollte und mein Telefon aus der Tasche zog, wurden die Polizisten sehr aggressiv, versuchten mir das Telefon abzunehmen und antworteten dies sei nicht möglich.


Zu diesem Zeitpunkt saß jeweils zu einer meiner Seiten ein Polizist im Wagen, der dritte stand vor dem Wagen. Bei dem Versuch mir das Telefon abzunehmen hielt jeweils ein Polizist meinen Arm fest, der dritte stieg mit gezogenem Schlagstock hinzu, schlug nach meiner Hand woraufhin ich zu schreien begann. Da das Geschrei die Aufmerksamkeit vieler Passanten auf sich zog, drückte der Polizist nun seinen Schlagstock gegen meine Kehle und klemmt meinen Hals zwischen Bank und Schlagstock ein.
In diesem Augenblick ließ ich das Telefon los, der Polizist zu meiner Rechten nahm es auf und legte mir Handschellen an. Wir fuhren gemeinsam auf die Wache.


Angekommen stiegen wir aus, jeweils ein Polizist führte mich am Arm. Vor Ort befanden sich zwei weitere männliche Polizisten. Da mir sowohl die Handschellen als auch die Verletzung am Hals große Schmerzen bereiteten weinte ich hierbei die ganze Zeit sehr laut. Die beiden anderen Polizisten stießen nun zu uns hinzu.
Diese zwei neu hinzugestoßenen Polizisten bat ich darum, die Polizisten, die mich begleiteten dazu aufzufordern mir die Gründe meiner Ingewahrsamnahme zu verraten.


Der Polizist, der mich zuvor mit dem Schlagstock angegangen hatte, nahm mich nun am Jackenkragen, setze mich auf einen Stuhl und gab mir ohne weitere Anmerkung oder Aussage zwei sehr schmerzhafte Ohrfeigen vor den anderen Polizisten, welche sich dazu nicht äußerten.
Ich stand auf und sagte „Ihr werdet mich hier töten!“
Die Polizisten drückten mich daraufhin auf den Boden und hielten mich fest, bis ich mich nicht mehr rührte. Dann richteten sie mich auf, lösten auf einer Seite die Handschellen und zogen mich (in dem Büro!) vollständig aus. Währenddessen kamen 3 Frauen in zivil und mehrere Polizisten in das Büro und äußerten sich nicht zu dem Vorgehen. Hiernach erklärten die 3 Polizisten ihrem Kollegen, wie sie auf mich gestoßen waren, einer von ihnen wies daraufhin, dass ich einen Anruf bei meinem Anwalt tätigen wollte, die Antwort des anderen Polizisten war „Ist mir egal.“ Meine Personalien entnahmen sie dem Ausweis aus meinem Portemonnaie, welches der eine Polizist noch bei sich trug. Nachdem dies abgeschlossen war und nichts bei mir gefunden oder festgestellt wurde, erhielt ich Telefon und Portemonnaie zurück.
Die Polizisten erklärten mir nun unter Gelächter etwas, was ich nicht verstehen konnte und entließen mich aus der Wache. Vor der Wache rief ich direkt einen Freund an, der mich abholen kam.

Ich bekam während der ganzen Zeit kein Dokument ausgehändigt, ich wurde von keinem Beamten offiziell vernommen oder oberflächlich befragt. Es wurden keine Fingerabdrücke genommen, oder Fotos gemacht. Es wurde kein Dolmetscher hinzugezogen. Ein Arzt hat eine Kehlkopfprellung und eine Gesichtsprellung festgestellt.

Dies ist ein Vorfall, wie er häufig in Dortmund vorkommt.

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Danke, dass du hier deine Erfahrungen geteilt hast!!

Ich hoffe dir geht es den Umständen entsprechend gut, dass du korrekte Leute um dich rum hast, Freunde und rechtlichen Beistand....

Ich hoffe auch, dass viele Menschen das lesen hier und sich selber fragen, wie groß wohl die Chance ist, dass sie selber so einem krassen Bullenkontakt ausgeliefert sind. Die Cops sind natürlich nicht zu allen Menschen so respektlos und entwürdigend, wenn man(n) von den Cops als "normaler weißer Bürger" identifiziert wird, ist die Chance viel geringer, dass einem sowas passiert... 

Boar, ich bin so sauer und kann echt nur kotzen wenn ich mir diese Cops vorstelle, die natürlich von allen anderen Anwesenden auf der Wache gedeckt werden...

.... 1933 wärn die (auch) alle Nazis gewesen!!!! Scheiss auf dich Deutschland und deine scheiss-rassistische Schlägertrupps namens Polizei!!!

Das ist ja ne Horrorgeschichte. Was einem so alles passieren kann. Aber warum hat derjenige keine Anzeige erstattet?  Gerade Fesselmarken von Handschellen lassen sich doch sehr gut attestieren? Dazu die Kehlkopfgeschichte. Aber haben die Polizisten in Do nicht Teleskopschlagstöcke? Und sitzen die Festgenommenen nicht immer hinten links im Auto, also so weit wie möglich weg von der Tür. Jeder Personentransport / Einsatz ist doch bei denen in der Leitstelle vermerkt, da kann ein Anwalt doch Akteneinsicht beantragen.. oder irre ich mich.

*Gegen rassistische Polizeigewalt in der Dortmunder Nordstadt und überall!*

Übergriffe öffentlich machen!

 

Der 15. März ist der internationale Tag der Polizeibrutalität. Aus diesem Grund ruft “Refugees Welcome Dortmund” zu einer Kundgebung auf. Denn auch in Dortmund werden immer wieder Menschen mit vermeintlich „nicht-deutschem“ Aussehen Opfer von rassistischer Gewalt durch die Polizei. Gemeinsam wollen wir öffentlich machen, dass rassistische Gewalt in der Polizeiarbeit existiert, wir wollen sie kritisieren und unsere Solidarität mit den Betroffenen ausdrücken. Wir wollen unsere Stimme für eine gerechtere Gesellschaft erheben, in der Menschen ohne Angst vor einer Polizei leben können.

 

*Rassistische Polizeigewalt in Dortmund*

 

Anlass für die Kundgebung ist der vor Kurzem veröffentlichte Bericht eines geflüchteten Menschen, der von der Dortmunder Polizei stark misshandelt wurde (http://de.indymedia.org/node/3662). Ohne einen einzigen Tatvorwurf zu erheben oder einen Grund zu nennen, wurde die Person in Polizeigewahrsam genommen, wurde im Wagen und auf der Polizeiwache geschlagen, musste sich in einem offenen Büro komplett entkleiden und wurde von den Polizist_innen erniedrigt. Offensichtlich lagen der Tat rassistische Motive zu Grunde. Dass rassistische Gewalt in Dortmund zum alltäglichen Handeln der Polizei gehört, zeigen weitere Fälle, in denen Polizist_innen Menschen misshandelten, auch vor Zeug_innen. Anzeigen gegen gewalttätige Beamte wurden oft genug eingestellt, jedoch Verfahren mit fiktiven Anschuldigungen gegen Opfer und Zeug_innen eröffnet. Oft ist die Angst vor weiterer Gewalt oder Strafverfolgung anhand fiktiver Beschuldigungen - völlig zu recht - so groß, dass keine Anzeigen erstattet werden. Selten werden Fälle rassistischer Polizeigewalt daher öffentlich. Wir prangern diese Verhältnisse an.

 

*Von der rassistischen Polizeikontrolle zur rassistischen Polizeigewalt*

 

Immer wieder kommt es in Dortmund und ganz Deutschland zu rassistischen Polizeikontrollen. Die Praxis dieses sogenannten "Racial Profiling" bei der deutschen Polizei bestätigen die Gewerkschaft der Polizei, Amnesty International, sowie UN und EU. Zugleich wird von den drei Letztgenannten die Einstellung dieser Praxis gefordert. Sie verstößt gegen die UN-Menschenrechte, EU-Recht und das Grundgesetz der Bundesrepublik. Um sich dieser Kritik zu entziehen, verleugnet die Bundesregierung dreist die Existenz dieses rassistischen Handelns. Die öffentliche Personenkontrolle von Menschen auf Grund ihrer vermeintlichen Herkunft oder Hautfarbe ist jedoch alltäglich. Nicht nur, dass Opfer dieser Kontrollen rassistisch diskriminiert werden - es entsteht bei den Polizist_innen und in der Öffentlichkeit das Bild, diese Menschen wären potentiell kriminell. Aus der Idee der rassistischen Kontrolle kann bei den Polizist_innen schnell ein Rassismus entstehen oder genährt werden, der zu rassistischer Gewalt führt und diese persönlich legitimiert. Nicht ohne Grund mahnen UN und Amnesty International den mangelnden Stellenwert der Menschenrechte in der Ausbildung der deutschen Polizei an.

 

*Rassistische Polizeigewalt weltweit*

 

Bezeichnende Beispiele, wie die aus Dortmund, gibt es in ganz Deutschland. Aber noch schlimmer: Überall auf der Welt wurden und werden Menschen von Polizist_innen auf Grund ihrer Hautfarbe ermordet. Regierungen und Gerichte entscheiden dabei durch Gesetzgebung oder Urteil mit über die weitere Legitimation des rassistischen Handelns der Polizei. Die rassistische Praxis der Polizei ist somit auch immer ein Spiegel der Gesellschaft, die sie beschützen soll. Das bekannteste Beispiel in Deutschland ist wohl der Mord an Oury Jalloh in Dessau im Jahr 2005. Gedenkt mit uns und anderen Menschen weltweit den Opfern rassistischer Polizeigewalt und setzt ein Zeichen gegen Rassismus.

 

15.03.2015 – 15 Uhr – Dortmund, Freiherr-vom-Stein-Platz (Nähe Polizeiwache Nord)

 

Aktuelle Infos auf http://refugeeswelcomedo.noblogs.org/