Spontandemo lässt Partystimmung am Connewitzer Kreuz kippen

Erstveröffentlicht: 
02.01.2015

Gewaltsame Zwischenfälle bei Antifa-Aufzug stören den ansonsten friedlichen Jahreswechsel im Szeneviertel

 

Von frank Döring
Die von Linksextremisten angedrohte Anschlagsserie ist zumindest in der Silvesternacht ausgeblieben. Im Szeneviertel Connewitz wurden Polizeibeamte von Autonomen angegriffen, zu den befürchteten größeren Ausschreitungen kam es jedoch nicht.


Die Anspannung und Ungewissheit war groß, nachdem Unbekannte am 17. Dezember auf der von Linksextremisten genutzten Internetplattform Indymedia damit gedroht hatten, 50 konkret benannte Ziele in der Silvesternacht angreifen zu wollen. Aus diesem Grund hatte das sächsische Innenministerium auch weite Teile des Stadtgebiets zum Kontrollbereich für anlassunabhängige Fahrzeug- und Personenüberprüfungen erklärt.


Zumindest im Leipziger Süden kam es Anwohnern zufolge schon am Nachmittag des Silvestertages zu verstärkten Personenkontrollen. Abends hingegen hielt sich die Polizei erneut auffällig zurück. "Wir halten an unserem Einsatzkonzept der Deeskalation fest", sagte Polizeipräsident Bernd Merbitz, der gemeinsam mit Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) den Jahreswechsel am Connewitzer Kreuz erlebte, gegenüber der LVZ.


Um Mitternacht versammelten sich hier rund 1000 Menschen, Raketen zischten in den Himmel, Bengalos wurden entzündet, ansonsten brannte nichts an. Der Platz, auf dem noch am Montagabend 250 Chaoten eine Schneeballschlacht angezettelt, Polizisten angegriffen und Mülltonnen abgefackelt hatten, war ein ganz normaler Ort zum entspannten Feiern.


Doch dann kippte die Stimmung jäh. Gegen 0.40 Uhr versammelten sich unterhalb der Überwachungskamera am Kreuz etwa 30 Leute und entrollten ein Transparent: "Nationalismus raus aus den Köpfen". Rasch wuchs die Zahl auf rund 300 Teilnehmer, darunter etliche Vermummte. Der nicht angemeldete Antifa-Aufmarsch führte über Bornaische Straße und Biedermannstraße zum Polizeiposten in der Wiedebachpassage.


Spätestens da war es mit der friedlichen Partystimmung vorbei. Demo-Teilnehmer warfen der Polizei zufolge Flaschen gegen die Fensterscheiben der Dienststelle sowie gegen Einsatzfahrzeuge. Außerdem wurden aus dem Aufzug heraus Feuerwerkskörper abgefeuert. "Aufgrund dessen wurde der Aufzug durch die Versammlungsbehörde als gewalttätig eingestuft und aufgelöst", so Polizeisprecher Uwe Voigt.


Bereitschaftspolizisten rannten in Einsatzmontur die Wolfgang-Heinze-Straße entlang, dem Demo-Block entgegen. Einsatzfahrzeuge bahnten sich ihren Weg über die mit Scherben übersäte Fahrbahn. Im Nu war die Atmosphäre aufgeladen, teilweise auch sehr aggressiv. Beamte griffen sich einzelne mutmaßliche Randalierer aus der Menge, was wiederum andere anstachelte. Nach etwa 20 Minuten hatte sich die Lage jedoch wieder etwas entspannt. Dafür griffen nun Vermummte eine Handvoll Polizisten an, die in der Selnecker Straße standen. Wütend schleuderten sie leere Bierflaschen auf die Beamten und warfen mit Steinen. Und sie hörten auch nicht auf, als die Einsatzkräfte etwas Schutz an einem Hauseingang suchten. "Die ganze Welt hasst die Polizei", skandierten einige Chaoten. Minutenlang ging das so, ohne dass sich die Polizei provozieren ließ und reagierte. Erst später rückten weitere Einsatzkräfte auf das Kreuz vor und nahmen gezielt mutmaßliche Flaschenwerfer fest. Drei Tatverdächtige (31, 33, 33) kamen nach der Identitätsfeststellung wieder auf freien Fuß. Währenddessen rollten schon die ersten Kehrmaschinen der Stadtreinigung über das Connewitzer Kreuz, ab 2.35 Uhr war es wieder passierbar.


Und die angedrohte Serie von Anschlägen? "In der Silvesternacht wurden im gesamten Stadtgebiet keine Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit dem Aufruf zur Gewalt bekannt", konstatierte Polizeisprecher Uwe Voigt. Allerdings, so hieß es gestern aus Sicherheitskreisen, könne das in einer der nächsten Nächte schon ganz anders aussehen. Deshalb hält die Polizei an ihrer erhöhten Präsenz vorläufig fest. Wie lange der vor Silvester eingerichtete Kontrollbereich noch gilt, bleibt aus einsatztaktischen Gründen geheim.