Uno di noi – eine Auswertung des gleichnamigen Films und blogs

Bochum - work in process

Am 24. August 2009 setzten wir unseren Film „uno di noi“ zusammen mit einer Internetpräsentation online. Jetzt möchten wir eine kurze Auswertung des Projekts machen.


[Beschreibung des Projekts:]

Der Film handelt über ein Graffiti, dass wir hier im Dezember 2008 in Bochum für sieben ermordete Antifaschisten in Europa gemacht haben. Antifaschisten aus Russland, Tschechien, Italien, Spanien und Deutschland. Der Titel des Graffitis ist „In unseren Träumen und Kämpfen leben sie weiter“. Das „making of“ des Graffitis stellt in dem fast 30minütigen Film den Bezugsrahmen dar, in dem die sieben Antifaschisten porträtiert und über die Hintergründe der Morde aufgeklärt wird. In unseren Wortbeiträgen ziehen wir als Teil einer internationalen antifaschistischen Bewegung politisch Stellung. So betitelten wir den Film mit dem italienischen „uno di noi“, was „Eine/r von uns“ heißt. Jeder der Ermordeten waren „einer von uns“.

Jede und jeder Antifaschist ist eine oder einer von uns!

 

Der Film ist auf der Internet-Präsenz in italienischer, französischer, spanischer, englischer, russischer und deutscher Sprache zu sehen. In der jeweiligen Sprache gibt es einen kurzen Einleitungs- und den Filmtext. In Deutsch findet man viele Interviews, Redebeiträge von Demonstrationen und politische Texte, sowie eine Fotogalerie mit mehr als 400 Fotos über Solidaritätsaktionen von uns für AntifaschistInnen in anderen Ländern. In der Rubrik „media“ können Interessierte den Film in den jeweiligen Sprachen und Formaten beziehen. Auch die Musik, die dem Film unterlegt war, stellten die KünstlerInnen zum Nachhören auf unserer Präsenz zur Verfügung.

Wir gaben der Website eine Kommentarfunktion bei, damit BesucherInnen uns Kritik, Lob und Anregungen mitteilen können. Vor allem aber, damit sie über diese Funktion miteinander in Kontakt treten. Eine link-Liste sollte den BesucherInnen den Zugang zu AntifaschistInnen in den Ländern, woher die Opfer stammen, erleichtern. Die Auswahl an Homepages beschränkte sich auf solche von Gruppen, die sich um das Gedenken ihrer jeweiligen Genossen kümmern, und auf regionale/lokale Gruppen, die uns von unseren Kontakten als zuverlässig beschrieben wurden.

 

[„statistische“ Auswertung]

Zunächst einmal gab es da eine ganze Reihe von Filmvorführungen in der BRD. Wir wollten den direkten Kontakt zu AntifaschistInnen. Nicht über das anonyme Internet, sondern im direkten Austausch wollten wir erfahren, was die Leute zu dem Film zu sagen haben. So zeigten wir ihn in Dortmund, Bochum, Freiburg, auf dem Antifa-Camp in Schwarzwald, Stuttgart, in Köln, Berlin, Hamburg, im Sauerland, etc.p.p.

Bevor der Film also auf dem blog zu sehen war, hatten ihn schon ca 300Personen auf Veranstaltungen gesehen und mit uns diskutieren können.

Aus dem Counter auf der Web-Präsenz ist leider nur sehr unzuverlässig (aufgrund von zwischenzeitigen Abstürzen) zu entnehmen, wieviele Leute tatsächlich auf die Seite und den Film zugegriffen haben. Die Zahl der BesucherInnen in den letzten zwei Monaten dürfte aber in etwa zwischen 15. und 20.000 liegen. Der Download-Counter von archive.org zeigt an, dass der Film in allen verschiedenen Sprachversionen etwa 7400 mal gezogen wurde. Dazu kommen die Veranstaltungen, die noch in den letzten Monaten durchgeführt wurden. Nicht nur die, die wir persönlich machten, sondern die andere machten und von denen sie berichteten. Und natürlich die vielen anderen Blogger, die unseren Film auch bei sich eingestellt haben. Irgendjemand stellte den Film auch auf youtube.. Wir schätzen, dass ca. 25000 Personen bisher den Film gesehen haben.

 

[Zur (internationalen) Verbreitung]

Abgesehen davon, dass wir den Film persönlich im fernen Havanna/Cuba und in Moskau gezeigt haben, die CNT ihn in Brest und die spanischen Genossen ihn in Madrid zeigten, etc,p.p., sagt uns der Site-Explorer von Yahoo, dass der Film auf über 160 Seiten Erwähnung fand bzw. verlinkt wurde. Rückmeldungen gab es von vielen GenossInnen aus Spanien, Italien, Israel, Deutschland, Griechenland, Slovenien, Schweiz, Österreich, Holland, Frankreich, Belgien, USA, Schottland, Irland, England, Baskenland und Russland.

In der französischen RASH-Skinhead Zeitschrift „Barricada“ erschien ein Interview mit uns. Und in diversen internationalen blogs, auf Plakaten und Flyern im Ausland wurden Fotos des Graffitis wieder verwandt. Auch fanden sich auf diversen Indymedia-sites und Foren Bewerbungen und Kurzbesprechungen des Films wieder.

 

[Zur Umsetzung]

Viele der Ideen und der Art der Umsetzung sind erst innerhalb der Arbeitsprozesse entstanden. Niemand von uns hatte sich am Anfang der Graffiti-Initiative vorgestellt, was einmal aus dieser Idee wird. Auch was das Ausmaß der Arbeit angeht, die notwendig war, unsere Ideen umzusetzen.

Am Anfang stand die Idee eines antifaschistischen Graffitis. Nach unserem ersten Probe-Graffiti, dem „Zona Antifascista“entstand bei einer nachmittaglichen Kaffeerunde die Idee, der filmischen Dokumentation. Das aber noch ohne direktem Konzept. Als alles im Kasten war und wir uns an das Schneiden des Films setzten, kamen zwei AJBler und rapten uns den Schmuddel-Song vor. Wir waren platt und beschlossen, den umgehend einzubauen. Das die Beiden noch nie vor einer Kamera gerapt und wir so etwas noch nie gefilmt haben, sieht man dem Ganzen ja an. Außer einem Kollegen haben wir sowieso noch nie im Leben gefilmt. Der Film war noch nicht fertig, da entstand die Idee der Übersetzung in fünf weitere Sprachen. Sechs Tage vor der Erstaufführung in Dortmund killte der Computer uns die Rohfassung. Als Alles zu Ende war, waren wir es auch.

Wir wollten nun den Film nicht nur in den einzelnen Ländern publik machen, sondern auch die Antifaschistinnen aus der ganzen Welt miteinander verbinden. Wir dachten ein blog, auf dem sich alle den Film in vielen Sprachen ansehen und auch über die Kommentarfunktion niederschwellig kommunizieren könnten, würde die Menschen virituell näherbringen und einen zusätzlichen synergistischen Effekt des Filmes auslösen. Und so entstand der blog: http://unodinoi.blogsport.de.

All das war ein work in process. Wir sind mir einem kleinen Schritt angefangen und haben einen großen Weg zurückgelegt. Es gab keinen Masterplan und keine roadmap für eine Kampagne. Es gab viel Ideen und Engagement, viele FreundInnen und GenossInnen, die geholfen haben und Disziplin. Und es war ein learning by doing. Wir haben eine Menge gelernt.

 

[Zur Annahme des blogs und des Films]

Wir haben jede Menge Lob bekommen. Das hat uns gefreut und uns gut getan.

Viele Kommentare und mails haben sich darum gedreht, dass sich Leute

für die Informationen bedankt haben;

sich bestätigt und ermutigt fühlten, vor allem, wenn sie aus Gebieten und Ländern kamen, in dem die Bedrohung durch Nazis und Staat weit höher als hier ist;

sich gefreut haben, dass über den Film und die Reaktionen ein Gemeinsamkeitsgefühl von Antifas über Grenzen hinweg entstand oder vertieft wurde.

 

Was uns irritierte, war der Mangel an Kritik.

Nun, es ist nicht gerade so, dass wir danach schreien. Aber wir waren verblüfft.

Denn dieser Film ist zwar 100% Antifa, da hier AntifaschistInnen für Antifaschistinnen einen Film gemacht haben. Hier war kein Geld und kein Sponsor da, hier wurde kein Geld verdient. Keine Werbung, keine Partei war involviert. Alles wurde von aktiven Antifaschistinnen selber gemacht. Die Idee, die Ausführung, die Umsetzung, die Texte, Übersetzungen, einfach alles. Von der Bewegung, für die Bewegung!

Aber etwas Kritik haben wir schon erwartet und auch selbst angedacht.

So bezogen wir uns in den Veranstaltungen, darauf, dass wir keine MigrantInnen und andere Gruppen, die von Nazis angefeindet werden, porträtiert hatten. Unser Gesichtspunkt war es, dass wir einen Film über AntifaschistInnen machen wollten. Den Fokus auf uns selber richten wollten. Das war dabei nicht als Nabelschau, sondern als Porträtierung einer politischen Bewegung, ihren Gefallenen und der Erinnerungsarbeit zu diesen gemeint.

Das Gleiche galt dem Umstand, dass nur Männer porträtiert waren. Dies war der Tatsache geschuldet, dass tödliche Angriffe von Nazis gegen AntifaschistInnen oft gegen junge männliche Antifaschisten geführt werden. Gewalttätige Auseinandersetzungen bei denen Frauen involviert sind, sind unseres Wissens nach seltener oder werden anders geführt. Deswegen kannten wir nur ein russisches Mädchen, dass angeblich ermordet wurde. Sie wollten wir porträtieren. Unsere russischen Freunde aber meinten, die Information zu dem Mord sei eine Fehlinformation.

Mit der Porträtierung von nur männlichen Angehörigen der antifaschistischen Bewegung wollten wir keinerlei Gewichtung, Bewertung oder Interpretation nachkommen.

Aber wie schon gesagt, waren diese Gedanken Selbstkritiken, bzw. spielten bei der Entstehungsgeschichte und Konzeption des Graffitis eine Rolle.

 

[Danksagungen]

Das Graffiti wäre nicht entstanden, wenn uns nicht Leute aus der Graffiti-Szene so großartig unterstützt hätten. Ohne ihr Fachwissen und Können, ohne ihre Nachsicht und Geduld für uns Anfänger, wäre weder das „Zona Antifascista“ noch das „In unseren Träumen...“ entstanden.

Merci!

Auch einen herzlichen Dank an den „Herrn der Mauer“. Er weiß schon...

Ein riesiges „muchas gracias“ an unseren Filmcutter, der uns unermüdlich beim Schneiden des Films half und auch keinen Nervenzusammenbruch bekam, als wir ankamen und noch fünf Fassungen in anderen Sprachen erstellen wollten. Ohne ihn wäre das Filmprojekt nicht möglich gewesen.

Dank an die Bands für ihre musikalische Unterstützung

Ein großer Dank und Lob an das Azzoncao-Mitglied, dass diesen blog so phantastisch hin bekommen hat.

Des weiteren liebe Grüße an unsere italienischen, französischen, spanischen, russischen und englischen ÜbersetzerInnen: gracie, merci, gracias, spaziva und thanks!

Danke, dass ihr uns so begeistert geholfen habt. Das gilt auch unseren SprecherInnen!

 

Alles in allem sind wir froh über die positiven Resonanzen und hoffen, dass wir einen Beitrag zur Internationalisierung linker und antifaschistischer Bestrebungen und Politik geleistet haben.

 

 

Von der Bewegung, für die Bewegung! - Antifa Global.

Todos juntos venceremos! Gemeinsam werden wir siegen!

 

 

Azzoncao, ein Polit-Cafè

Antifaschistische Jugend Bochum

 

(Bochum, den 8.11.2009)