1500 Dresdner stoppen Pegida-Demo – Rangeleien auf beiden Seiten

Erstveröffentlicht: 
01.12.2014

Dresden. Rund 1500 Dresdner haben am Montag gegen die sogenannten Pegida-Demos demonstriert und dabei erstmals verhindert, dass die Sympathisanten der Bewegung „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) ihr geplantes Ziel erreichen. Mit einer Sitzblockade auf dem Terrassenufer stoppten mehrere hundert friedliche Gegendemonstranten den Zug. Rund 500 Polizisten waren im Einsatz.

 

Unter dem Motto „Für grenzenlose Solidarität statt begrenztem Horizont und Nationalismus“ liefen rund 1500 Teilnehmer, die Polizei sprach von rund 1200, zunächst vom Neustädter Bahnhof durch die Altstadt bis zur Lingnerallee. Dort trennte die Polizei die Gegendemonstranten von der Pegida-Demo, die sich dort ab 18.30 Uhr versammelte. „Es war deutlich hitziger als in den letzten Wochen“, sagte ein Polizeisprecher.

Das Bündnis „Nazifrei! Dresden stellt sich quer“ hatte im Vorfeld zu der Gegendemonstration aufgerufen, die von der Leipziger Linken-Abgeordneten Juliane Nagel angemeldet worden war. Der Bündnissprecher von Dresden Nazifrei, Silvio Lang, sagte: „Es ist erschreckend zu sehen, wie jede Woche mehr Menschen an der Pegida-Demo in Dresden teilnehmen. Einer Demonstration, auf der entgegen aller Fakten so getan wird, als ob über das Asylrecht massenweise Kriminelle und Terroristen nach Deutschland einreisen würden“. Umso wichtiger sei es, dass viele Einwohner der Stadt zeigten, wie viele Menschen sich für ein weltoffenes Miteinander und für Verständigung einsetzen. „Deshalb rufen wir die Menschen dazu auf, an der Demonstration 'Für grenzenlose Solidarität statt begrenztem Horizont und Nationalismus' teilzunehmen“, so Lang.

 

Als die Pegida-Anhänger - laut Polizei bis zu 7500 - in Richtung Elbe startete, versuchten einige Gegendemonstranten vor den Demo-Zug zu gelangen. Das Vorhaben wurde von Seiten der Polizei mit harten Bandagen verhindert, mindestens ein Gegendemonstrant wurde verletzt. Dabei versuchten auch mehrere Pegida-Teilnehmer zu den Gegendemonstranten durchzubrechen, konnten aber von den Ordnern zurückgehalten werden. Während die Polizei einen Großteil der Gegendemonstranten schließlich am Rathenauplatz festhielt, lief der Pegida-Zug über die Steinstraße zum Terrassenufer. Dabei kam es zu massiven Staus im Feierabendverkehr.

In Höhe der Kunstakademie musste der Zug stoppen: Einige hundert Gegendemonstranten hatten die Straße blockiert. Die Polizei trennte beide Lager, hatte aber mit den Pegida-Teilnehmern einige Probleme, da diese trotz Polizeikette Meter um Meter nach vorn rückten. Doch auch, als aus dem Pegida-Zug ein Böller in Richtung der Beamten flog, blieben diese ruhig.

Am Ende musste Pegida umdrehen. Lutz Bachmann, der zu Beginn einmal mehr Ängste gegen eine vermeintliche Islamisierung schürte und ein Ende des Weihnachtsfestes beschwor, führte seine Demo-Teilnehmer zurück zur Lingnerallee. Dabei lösten sich jedoch einige Grüppchen, die teils Jagd auf Gegendemonstranten machten. Unter anderem an der Synagoge kam es zu Handgemengen, bei denen die Polizei eingreifen musste. Laut Bundespolizei kam es anschließend auch im Regionalzug in Richtung Leipzig zu einem Schlagabtausch zwischen Pegida-Teilnehmern und gegendemonstranten, bei dem die Polizei eingreifen musste. Die Beamten ermitteln hier wegen Landfriedensbruch.


Bereits im Vorfeld hatten aufgrund des erneuten Aufmarsches von Pegida zahlreiche Politiker und Institutionen dazu aufgerufen, Zeichen für ein weltoffenes Dresden zu setzen. So hatten unter anderem Staatsschauspiel, Hygienemuseum und Semperoper Aktionen initiiert, um Pegida mit Fakten zu begegnen. An der Semperoper hing ein Plakat, das zu Weltoffenheit aufforderte. Am Schauspielhaus zeigte ein Beamer Fakten zum Asylrecht und zu Ausländern in Sachsen.

Auch der Rektor der Technischen Universität Dresden, Hans Müller-Steinhagen, äußerte sich am Montag zu den Pegida-Demonstrationen. "Was man derzeit in Dresden beobachten muss, ist äußerst beunruhigend. Tausende Menschen finden sich in der Innenstadt zusammen, um gegen die 'Islamisierung des Abendlandes' zu demonstrieren. Natürlich sind wir alle von den Gräueltaten des Islamischen Staates (IS) entsetzt und abgestoßen. Aber davon auf das Verhalten aller Muslime, aller Flüchtlinge und Asylbewerber zu schließen, ist falsch und gefährlich und spielt rechtsradikalen Gruppierungen in die Hände.“ Unsicherheiten und latente Angst vor dem Unbekannten und Fremden würden missbraucht, um Abneigung und Widerstand gegen Flüchtlinge zu schüren.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) mahnte angesichts steigender Flüchtlingszahlen Unterstützung und Menschlichkeit für die Betroffenen an. „Alle diejenigen, die zu uns kommen, weil sie vor Krieg und Verfolgung flüchten, sollen hier Schutz oder auch eine neue Heimat finden können“, sagte er der „Sächsischen Zeitung“.