Nach Protest: Studentenwerk entfernt Kamera-Attrappen an Mensa

Erstveröffentlicht: 
28.10.2014

Protest

 

Jurastudenten der Uni Freiburg haben bekannt gemacht, dass die Kameras an der Mensa Attrappen sind. Darauf hat das Studierendenwerk sie abgebaut. Sie seien nun nutzlos, heißt es.

 

Von Martin Herceg

 

Seit mehr als zwei Jahren setzt das Studierendenwerk Freiburg zum Schutz vor Vandalismus auf dem Gelände der Mensa an der Rempartstraße und der Studentensiedlung am Seepark auf Überwachungskameras. Wie Studenten des Arbeitskreises kritischer Juristen (AKJ) jetzt herausgefunden haben, handelt es sich dabei jedoch nicht um echte Kameras, sondern um Attrappen. Weil das jetzt bekannt wurde, reagierte das Studierendenwerk – und entfernte die falschen Kameras.

 

Um Kameras in der Innenstadt hat es in Freiburg schon öfter Streit gegeben. So hatte etwa die Freiburger Verkehrs-AG ihre Kameras an Haltestellen nachrüsten müssen – Datenschutz. Nun haben der 25-jährige Jurastudent David Werdermann, der AKJ und das Asta-Datenschutzreferat am Montagmittag auf die scheinbare Überwachung der Studierenden an Mensa und Studentensiedlung aufmerksam gemacht.

 

"Kameraattrappen sind ein Riesenproblem, weil es keine explizite Regelung für sie gibt."

Jörg Klingbeil, Landesbeauftragter für Datenschutz

 

"Wir wollten unsere Kommilitonen darüber aufklären, dass die Kameraattrappen des Studierendenwerks rechtswidrig sind", so Werdermann: Die Attrappen seien eine gefährliche Täuschung, die Schutz suggerieren, wo keiner ist – und die einen immensen Überwachungsdruck hervorrufen. "Wir sind gegen jede Form von Überwachung – einen nachweisbaren Schutz an Mensa und Stusie, bringen weder falsche noch echte Kameras ", so Werdermann.

 

Dem Jurastudenten war die Überwachungsanlage im Mensainnenhof bereits vor einem Jahr aufgefallen. Er kontaktierte daraufhin den Landesbeauftragten für Datenschutz und erhielt die Auskunft, dass es sich um Attrappen handelt. "Die Kameras täuschen hier eine Überwachung vor, die es gar nicht gibt", so Werdermann. Studenten könnten beispielsweise im vermeintlich überwachten Bereich Schutz vor Übergriffen suchen – und gerade das könnte gefährlich werden.

 

Kameraattrappen kann jeder aufstellen

 

Auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz in Baden-Württemberg, Jörg Klingbeil, steht Kameraattrappen skeptisch gegenüber: "Die sind ein Riesenproblem, weil es keine explizite Regelung für sie gibt." Echte Kameras dürfen nur da angebracht werden, wo sie wirklich nötig sind. Vorher muss man ihre Notwendigkeit nachweisen und eine behördliche Genehmigung beantragen – was nicht einfach ist.

 

Kameraattrappen dagegen dürfte theoretisch jeder Hausbesitzer an die Wand schrauben – ganz ohne Genehmigung. "Hier kann das Datenschutzrecht, das Kameraaufzeichnungen im öffentlichen Raum regelt, nicht greifen, da mit Schein-Kameras ja keine Daten aufgezeichnet werden – da beißt sich die Katze in den Schwanz."

 

Das Studentenwerk will die Schein-Kameras nicht kommentieren.

 

Mehrmals hat Klingbeil die Landesregierung auf den Missstand aufmerksam gemacht, bisher passierte nichts. Das Beispiel aus Freiburg zeige jedoch, dass eine entsprechende Gesetzesklausel überfällig sei, sagt Klingbeil: "Obwohl dort keine Daten aufgezeichnet wurden, können die falschen Kameras das Verhalten der Studenten beeinflussen." Wer eine Kameraattrappe anbringt, muss außerdem vorher nachweisen, dass sie Vandalismus eindämmen könnte. "Die beste Lösung wäre es, solche Attrappen rechtlich mit echten Überwachungskameras gleichzusetzen. Dann würden auch nur dort Kameras und Attrappen zum Einsatz kommen, wo sie wirklich nötig sind", so der Datenschutzbeauftragte.

 

Das Studentenwerk wollte die Schein-Kameras nicht kommentieren. Erst am Montagabend hieß es auf BZ-Anfrage, dass alle sofort entfernt würden – jetzt, da bekannt sei, dass es sich um Attrappen handle, seien sie nicht mehr sinnvoll.

 


 

Was tun, wenn’s filmt?

 

Wer sich von Überwachungskameras belästigt fühlt, kann sich beim Landesbeauftragten für Datenschutz über die jeweilige Kamera informieren. Weil damit jedoch ein hoher Rechercheaufwand verbunden ist, empfiehlt dieser zuerst den direkten Kontakt mit dem Hausbesitzer aufzunehmen, an dessen Gebäude die Kameras installiert sind. Bei öffentlichen Gebäuden lässt sich zudem überprüfen, ob ein Antrag für die Anlage gestellt wurde. Überwachungsanlagen, die Bild- oder Tonaufnahmen machen, müssen außerdem durch ein Hinweisschild gekennzeichnet werden. Ist kein Schild vorhanden, handelt es sich entweder um eine Attrappe oder der Anlagenbetreiber macht sich strafbar.

 

Weitere Infos und Kontakt zum Landesbeauftragten für Datenschutz unter mehr.bz/datenschutz