Polizei dementiert, LKA weicht aus

    Filmt da jemand? Die autonome Antifa ist sich sicher, dass es sich bei dem Gerät im linken Fenster um eine Kamera auf einem Stativ handelt. Foto: antifa
Erstveröffentlicht: 
22.02.2014

Das autonome Kulturzentrum KTS an der Basler Straße soll von einem nahe gelegenen Hochhaus aus videoüberwacht worden sein.

 

Von Frank Zimmermann

 

15 Stadträtinnen und Stadträte der Grünen, SPD und Unabhängigen Listen (UL) haben in einem Schreiben an Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) protestiert, weil das autonome Kulturzentrum KTS an der Basler Straße von einem nahe gelegenen Hochhaus aus mit einer Filmkamera beobachtet worden sein soll. Es sei inakzeptabel, wenn Besucher der KTS von der Polizei "überwacht und ohne erkennbaren Anlass und höchst willkürlich auf Filmmaterial festgehalten werden".


Die Unterzeichner des Schreibens wollen von Minister Gall wissen, ob und warum eine solche Überwachung der KTS-Besucher am letzten Januarwochenende (24. bis 26. Januar) tatsächlich stattgefunden hat und auf welcher Rechtsgrundlage. Die Stadträte fragen außerdem, ob es in der jüngeren Vergangenheit weitere Observierungen der KTS in der Basler Straße 103 gegeben hat. Unterzeichner des Briefes sind die Grünen-Stadträte Pia Federer, Gerhard Frey, Maria Hehn, Adelheid Hepp, Timothy Simms, Eckart Friebis und Fraktionssprecherin Maria Viethen, von der SPD Karin Seebacher und von den UL Hendrijk Guzzoni, Atai Keller, Ulrike Schubert, Lothar Schuchmann, Irene Vogel, Michael Wiedemann sowie der UL-Fraktionsvorsitzende Michael Moos.

Die Kamera soll in Räumen unterm Dach gestanden haben

Am Samstag, 25. Januar, hielt der Tübinger Historiker und Publizist Lucius Teidelbaum in der KTS einen Vortrag über "Rechtspopulismus in Deutschland und Europa". Am Vortrag und einer anschließenden Party mit Konzert zum fünfjährigen Bestehen der Internetseite "Indymedia" sollen an jenem Abend insgesamt etwa 100 Personen teilgenommen haben. Das Hochhaus, von dem aus gefilmt worden sein soll, befindet zirka 250 Meter entfernt in der Schönbergstraße 1. Laut einem Informanten der autonomen Antifa, mit dem sich die BZ getroffen hat, soll die Kamera in einem den Hausbewohnern nicht zugänglichen Funktionsraum im zwölften Stockwerk des Hochhauses auf einem Stativ installiert gewesen sein. Sie sei so aufgestellt gewesen, dass sie über das gekippte Fenster direkt auf die Nordwestseite der KTS gerichtet war.

In dem Schreiben an den Innenminister, das auch an die Landtagsfraktionen der Grünen und der SPD ging, behaupten die Stadträte, die Hausverwaltung habe in einer ersten Anfrage die beschriebene Nutzung der Räume bestätigt. Auf spätere Nachfragen habe sie die Angaben aber nicht mehr wiederholt.

Für die BZ war der Hausverwalter nicht zu erreichen, mehrere Anfragen ließ er schon Anfang Februar unbeantwortet. Die BZ hat sich bislang bei der Berichterstattung zurückgehalten, weil die Informationen zu vage schienen und das Material mit Aufnahmen des betreffenden Hochhauses an der Schönbergstraße keinen Aufschluss brachte; Profifotografen hatten es ausgiebig analysiert.

Tatsächlich haben auch die Stadträte ihre Informationen nicht von der Hausverwaltung selbst erhalten, sagt Grünen-Stadtrat Gerhard Frey, sondern von einer anderen Quelle. Diese will Frey aber nicht öffentlich nennen.

Laut Polizeisprecherin Laura Riske hat das Polizeipräsidium Freiburg keine Überwachung im besagten Gebäude veranlasst. Könnte das Landeskriminalamt damit zu tun haben? Dessen Sprecher Ulrich Heffner gab sich gegenüber der BZ zugeknöpft: "Wir äußern uns dazu nicht."

Der Fall ist auch Thema in den Landtagsfraktionen

"Wir können das überhaupt nicht nachvollziehen und finden das höchst bedenklich", lautet der Kommentar von Grünen-Stadtrat Gerhard Frey. Er geht davon aus, dass die Überwachung der KTS tatsächlich stattgefunden hat. Sollte es sich nicht um Kameras der Polizei handeln, sei es Aufgabe der Ermittler, herauszufinden, wer die KTS gefilmt haben könnte. "Wir wollen in jedem Fall den Sachverhalt kennen", sagt Frey. Auch die grüne Landtagsfraktion beschäftige sich inzwischen mit dem Fall.