[Sinsheim] Nazi-Strukturen und rassistische Hetze bekämpfen!

Immer feste druff!

Kein Jahr vergeht, ohne dass Nazis Kundgebungen, Demonstrationen und Flugblattaktionen in Sinsheim und Umgebung durchführen. Bedrohungen gegen Andersdenkende von Seiten rechter Gruppierungen sind an der Tagesordnung. Mehrere körperliche Angriffe auf politische GegnerInnen waren in den vergangenen Jahren ebenfalls zu verzeichnen.


Ende 2013 haben AnhängerInnen von NPD und so genannter freier Kameradschaften angekündigt, verstärkt Propaganda gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in Sinsheim zu betreiben. Die NPD Rhein-Neckar sieht in Sinsheim mittlerweile sogar die „Hauptstadt des Kreisverbandes“ und hat sich zum Ziel gesetzt, bei den Kommunalwahlen im Mai 2014 ins Stadtparlament einzuziehen.

 

 

Die Situation in Sinsheim und Umgebung

 

Seit 2009 nahmen die Aktivitäten organisierter Nazis im Kraichgau kontinuierlich zu. Neben unzähligen Propagandaaktionen von NPD und so genannten freien NationalistInnen kam es ab 2010 auch vermehrt zu Kundgebungen und Demonstrationen rechter Gruppierungen in Sinsheim. Zuvor hatten sich die Nazis nicht ganz so öffentlichkeitswirksam gezeigt. Die NPD und ihr Umfeld wie beispielsweise die Skinhead-Gruppierung „Sturm Baden“ oder der „Nationale Freundeskreis Kurpfalz“ beschränkten sich eher auf Feiern, den Besuch von Dorffesten und Hinterzimmerveranstaltungen.

 

Organisierte aus der extremen Rechten sehen in der Region offenbar zunehmend ein lukratives Betätigungsfeld, hatten sie bisher doch kaum mit antifaschistischer Gegenwehr oder Repression von Seiten der Behörden zu rechnen. Nazis aus Sinsheim schwadronieren im Internet offen über Sinsheim als „ihre Stadt“. Der Kreisvorsitzende der NPD Rhein-Neckar, Jan Jaeschke, hat die Kraichgau-Metropole im September 2013 auf einer Kundgebung großspurig zur „Hauptstadt des Kreisverbandes“ erklärt.

 

 

Aufschwung in der Nazi-Szene seit 2009

 

Als Auftakt für die jüngsten Nazi-Aktivitäten im Kraichgau kann die Demonstration für die Todesstrafe in Mauer am 4. Juli 2009 gewertet werden, die von jungen Rechten aus dem Rhein-Neckar-Kreis mit Unterstützung durch die regionale NPD organisiert wurde. Die Demo fand unter Beteiligung von AktivistInnen aus NPD und dem „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ statt.

 

Seit dieser Zeit führen Nazis jährliche „Mahnwachen“ für die Todesstrafe in Sinsheim durch. Zuletzt kamen im März 2013 rund 80 AnhängerInnen der rechten Szene, überwiegend aus der NPD/JN und den „Freien Nationalisten Kraichgau“ (FN), zu der Kundgebung.

 

 

Die „Freien Nationalisten Kraichgau“ - gewaltbereit und menschenverachtend

 

Diese „FN Kraichgau“ existieren etwa seit Herbst 2010 und gingen aus den Nazi-Gruppierungen „Anti-Antifa Rhein-Neckar“ beziehungsweise „Freie Bewegung Section Baden“ hervor. Die aktivistisch orientierte Gruppe setzt sich zusammen aus langjährigen Szene-AktivistInnen und jungen Nazis aus dem Kraichgau, die eine besondere Nähe zum NPD-Kreisverband Rhein-Neckar pflegen.

 

Reinhard Schätz, langjähriger Nazi und Aktivist der FN, kandidierte beispielsweise bei der Bundestagswahl 2013 für die NPD im Wahlkreis Rhein-Neckar. Der Faschist aus Rauenberg-Malschenberg ist bereits seit Mitte der 1970er Jahre in der extremen Rechten aktiv, tummelte sich im Umfeld von Wehrsportgruppen und trat bereits bei Kommunalwahlen für die NPD an. Aus seiner Verehrung für Größen des NS-Regimes macht Schätz keinen Hehl. So nahm er unter anderem an Gedenkmärschen für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß teil.

 

Andere FN-Mitglieder, wie die Sinsheimer Brüder Johannes und Manuel Bachmann, unterstützen die NPD immer wieder bei Propagandaaktionen wie Flugblattaktionen und im Wahlkampf. Thematisch hängen die „FN Kraichgau“ ganz deutlich am Tropf der NPD und anderer Nazi-Organisationen. Nur sehr selten können die Rechten aus dem Kraichgau mit eigenen Inhalten in Texten oder Aufrufen „glänzen“.

 

 

NPD - Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus im Partei-Gewand

 

Bereits seit 2004 finden im Kraichgau immer wieder Veranstaltungen von NPD und deren Umfeld statt, vor allem in der Region um Sinsheim, Waibstadt und Eppingen. Neben „Kameradschaftsabenden“ und „politischen Gesprächskreisen“ gibt es hin und wieder auch Konzerte mit rechten Liedermachern sowie Vortragsveranstaltungen und Feiern.

 

Im Oktober 2013 hat die NPD in Sinsheim einen Ortsverband gegründet, der eng mit den offen neonazistischen „Freien Nationalisten Kraichgau“ verzahnt ist. Als Ansprechpartner der extrem rechten Partei vor Ort trat in der Vergangenheit immer wieder der Sinsheimer Augenarzt Dr. Albert Baumgärtner (Sinsheim-Dühren) in Erscheinung. Baumgärtner ist seit Jahren in der rechten Szene aktiv. Auf seinem Anwesen ist unter anderem auch der Aktivist der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ), Torolf Naumann, gemeldet.

 

Inzwischen haben die Funktionen in der lokalen Parteistruktur jüngere AktivistInnen wie beispielsweise der Dorfnazi Johannes Bachmann (Sinsheim-Dühren) übernommen.

 

Enge Kontakte der Sinsheimer Nazis und NPD-AnhängerInnen bestehen zu den NPD-Kreisverbänden Heilbronn und Stuttgart sowie zu AktivistInnen der Kameradschaftsszene der gesamten Rhein-Neckar-Region und des Kreises Heilbronn.

 

 

„Völkischer Nationalismus“ - in Sinsheim völlig ungestört

 

Die verbotene, aber weiterhin aktive neonazistische Gruppierung „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) führte mindestens zwei Treffen in Sinsheim durch.

 

Am 21. und 22. Juli 2007 fand ein Wochenendlager der HDJ auf einem Grundstück in Sinsheim-Dühren statt. Das Ganze konnte ohne jegliche Intervention von Seiten der Stadt oder der Polizei von den Nazis durchgeführt werden.

 

Zur Feier des Geburtstages von Adolf Hitler lud die HDJ am 19. April 2008 auf dasselbe Grundstück in Dühren ein, bei dem es sich sehr wahrscheinlich um das Anwesen des o.g. Dr. Albert Baumgärtner handelt. Im Sommer 2012 feierten die „FN Kraichgau“ dort zusammen mit den JN Heilbronn-Hohenlohe ihr „Sommerfest“, an dem rund 60 Personen aus der rechten Szene teilnahmen.

 

In Sinsheim können sich also seit Jahren die extremsten Spielarten des rechten Spektrums tummeln - wie dies bei der HDJ und den „FN Kraichgau“ der Fall ist, welche offen den Nationalsozialismus glorifizieren und dessen Führung verehren. Auch wenn das Oberbürgermeister, Stadtverwaltung, manche KommunalpolitikerInnen und die Repressionsorgane nicht glauben können oder wollen.

 

 

Was tun die offiziellen Stellen?

 

Stadt, Gemeinderat und bürgerliche Öffentlichkeit setzen dem rechten Treiben wenig bis gar nichts entgegen. Bei manchen Kundgebungen der Nazis blieben die „aufrechten Demokraten“ aus Sinsheim im Vergleich zu den anwesenden Rechten deutlich in der Minderheit. Zwar haben sich die Parteien des Gemeinderats auf Anregung des „Bündnis für Toleranz“ auf eine „Resolution gegen Rechtsextremismus“ geeinigt, bislang blieb es jedoch beim bloßen Lippenbekenntnis. In der Resolution heißt es unter anderem, die Unterzeichnenden wollten „alles dafür tun, dass in Sinsheim rechtsextremistisches Gedankengut keinen Raum bekommt und für extremistisches Handeln erst recht kein Platz besteht“. Diese Vorgabe scheint bei manchen Parteien offenbar noch nicht angekommen zu sein. Was muss denn noch geschehen, dass sich die breite Masse der Bevölkerung entschlossen gegen Nazis wendet und sich dem Widerstand gegen rechte Kundgebungen und Demonstrationen anschließt?

 

Wenn der Sinsheimer Oberbürgermeister Jörg Albrecht Aufmärsche der Nazis im Vorfeld geheim hält, macht er sich jedenfalls mitschuldig. Es kann nicht angehen, dass ein Stadtoberhaupt der rechten Szene Beihilfe leistet, indem es versucht, den Widerstand gegen Nazi-Umtriebe klein zu halten. Und wenn DemonstrantInnen dann doch mal entschlossener gegen NPD und Konsorten vorgehen, gibt es ja noch die Prügeleinheiten und Reiterstaffeln der Polizei.

 

Wie so oft reagieren die offiziellen Stellen fast reflexartig und (vermeintlich) entsetzt auf Nazi-Umtriebe, als ob das Problem ganz plötzlich wie ein Geist aus der Flasche auftaucht. Die rechten Strukturen in Sinsheim und Umgebung aber sind seit Jahren gewachsen, und die AktivistInnen konnten ungestört und unbeobachtet ihre menschenverachtende und rassistische Ideologie zelebrieren.

 

 

Die antifaschistische Selbsthilfe organisieren!

 

Der Umgang der lokalen Parteien sowie bürgerlicher und offizieller Stellen mit dem Nazi-Problem in Sinsheim und dem Kraichgau zeigt, wie wichtig es ist, sich dort als GegnerInnen faschistischer Strukturen selbst zu organisieren und zu positionieren.

 

Es müssen verbindliche und kontinuierlich arbeitende Strukturen vor Ort entstehen, um dem rassistischen, nationalistischen und menschenverachtenden Treiben dauerhaft konsequenten Widerstand entgegensetzen zu können.
Zudem ist es unerlässlich, linke politisch-kulturelle Werte in der Region zu verankern, linke Treffpunkte vor Ort zu schaffen sowie durch permanente Durchführung kultureller und politischer Veranstaltungen, den Nazis öffentlichen wie auch privaten Raum zu nehmen.

 

Gleichzeitig darf die rechte Szene in Sinsheim und dem Kraichgau nie aus dem Blickfeld antifaschistischer Arbeit rücken. Sie muss dauerhaft und umfassend beobachtet, analysiert und thematisiert werden. Ihre ProtagonistInnen müssen immer wieder ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden.

 

Nur auf diese Weise ist es möglich, den Nazis ihre Rückzugsgebiete zu nehmen, ihre Infrastruktur anzugehen und ihnen damit die Grundlagen der politischen Propaganda zu nehmen.

 

 

Für eine Welt ohne Ausgrenzung und Menschenverachtung!
 

Keine Straße, keine Räume, keinen Fußbreit den Faschisten!

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Hier findet ihr eine (unvollständige) Übersicht über die AKtiviäten von Nazis zwischen Wiesloch, Sinsheim und Eppingen.