Akademikerball: Schwere Krawalle nach Demo

Erstveröffentlicht: 
25.01.2014

Der Wiener Verfassungsschutzchef Erich Zwettler hatte leider recht mit seiner düsteren Prognose, wonach diesmal besonders gewaltbereite Demonstranten gegen den Akademikerball der FPÖ Wien zu erwarten seien. Freitag zogen unter anderem deutsche Anarchos eine Spur der Verwüstung durch die Wiener City und attackierten Polizisten in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Der Schaden geht laut Polizei "in die 100.000 Euros".

 

6000 Personen waren ab 17 Uhr auf der Straße, während in der Hofburg Rechte aus ganz Europa das Tanzbein schwangen. Der erste Brennpunkt war gegen 19 Uhr der Stephansplatz. Demonstranten in schwarzer Kluft demolierten mit ausgerissenen Mistkübeln Auslagen, warfen sie auf Polizisten.

Es gingen zahlreiche Auslagen zu Bruch. Eine wurde geplündert. Unter den Opfern waren prominente Adressen wie das „Schwarze Kameel“: Während Gäste dinierten, barsten die Fenster. Und selbst bei der Bundespolizeidirektion am Schottenring schlugen vorerst Unbekannte Fenster ein, zerstörten zumindest ein Polizeiauto. 

 

Polizisten gerieten zwischen die Fronten, und wurden plötzlich von beiden Seiten angegriffen. Die Verletztenbilanz: 17 auf Seiten der Demonstranten und fünf bei der Polizei.

 

Die Anarchos splitterten sich nach der Auseinandersetzung am Stephansplatz rund um die Hofburg auf. Bei der Albertina durchbrachen sie eine Straßensperre, vor dem Parlament veranstalteten sie ein illegales Feuerwerk. Vor dem Burgtheater versuchten sie, eine Sperre zu durchbrechen. Aber hier schaltete die Polizei auf stur: Denn die offizielle Demo-Zeit war längst abgelaufen. Nach dem Paragrafen „Landfriedensbruch“ kesselten Beamte die Demonstranten ein. Per Lautsprecher wurden sie aufgefordert, die Versammlung zu verlassen. Polizei-Kräfte kreisten auch vor der dem Parlament rund hundert Personen ein, kontrollierten dann ihre Ausweise. 


Angriffsziel

Es gab auch den Einsatz von Pfefferspray und insgesamt 14 Festnahmen. Ebenso wird erst später eine kriminalpolizeiliche Analyse zeigen, wie viele der 6000 Demonstranten gewaltbereit waren.

 

Ans eigentliche „Angriffsziel“ kamen sie diesmal wegen der weitläufigen Absperrungen nicht heran. Aber an allen Schauplätzen kam es zu Sachbeschädigungen laut Polizeisprecher Roman Hahslinger in einem „noch nie dagewesenen Ausmaß“.

Gegen 22 Uhr zog sich der harte Kern in die Akademie der Bildenden Künste am Schillerpark zur „after party“ zurück. Doch gerade unter diesen Teilnehmern ortete die Polizei aufgrund ihrer Erkenntnisse der Doku-Trupps die meisten der erkannte Gewalttäter. Daher wurde die Akademie von Sondereinheiten umstellt und die Teilnehmer wurden zum Herauskommen aufgefordert – andernfalls würden die Polizisten hineingehen. Etwa zehn Teilnehmer der Party ließen sich freiwillig festnehmen.


Einsatz kostet eine Mio. Euro, kaum Prominenz

Die Kosten für den Polizei-Einsatz belaufen sich laut Insidern auf rund eine Million Euro – das ist jener Betrag, den auch der Einsatz beim zweitägigen Besuch des ehemaligen US-Präsidenten Georg W. Bush gekostet hat. Pro Beamten sind durchschnittlich 300 Euro für Überstunden zu berechnen, heißt es.

 

Einen Teilerfolg scheinen die Proteste zu erzielen. In diesem Jahr war laut EU-Parlamentarier Andreas Mölzer (FPÖ) keine internationale Prominenz zu Gast. In den vergangenen Jahren besuchte etwa die bekannte französische Rechts-außen-Politikerin Marine Le Pen den Burschenschafterball. Prominentester Besucher war diesmal FP-Chef Heinz-Christian Strache, der frischgebräunt von den Malediven anreiste und sich auch mit einer Videobotschaft vom Ball zu Wort meldete. Es sei bedenklich, dass "Linke und Linksextremisten" gegen einen Wiener "Traditionsball" mobilisierten, kritisierte er. Den Ball werde man auch in Zukunft "mit Sicherheit nicht" aufgeben.

 

"Ende der Pressefreiheit"

Das Platzverbot galt auch für Journalisten, was harsche Kritik zur Folge hatte. Der ORF-Redakteursrat wandte sich am Freitag mit einem offenen Brief an den Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl. Darin wurde gefordert, die Berichterstattung nicht zu behindern und "Journalisten den ungehinderten Zutritt zu ermöglichen". Ähnlich äußerte sich der Redakteursrat der Privatsender Puls 4, ProSieben Austria und Sat1 Österreich. Die Polizei begründet edas Platzverbot mit "der potenziellen Gefährdungslage".

Auch Reporter ohne Grenzen (ROG) übt escharfe Kritik an der Polizei. "Das ist das Ende der Pressefreiheit", erklärt ROG Österreich-Präsidentin Rubina Möhring. Akkreditierte Medienvertreter durften den abgesperrten Bereich nur von 20.15 bis 20.45 Uhr und in Begleitung eines Pressesprechers der Polizei betreten.

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