[S/DD] Verdacht auf Randale-Tourismus

Erstveröffentlicht: 
08.01.2014

Anklage. Ein 23-jähriger Stuttgarter soll bei einer Anti-Nazi-Demo in Dresden 2011 Polizisten beschossen haben. Von Kathrin Wesely

 

Drei Jahre nach den Krawallen bei einer der bundesweit größten Anti-Nazi-Demonstration in Dresden hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart nun einen heute 23-Jährigen aus Stuttgart angeklagt. Bei der Demonstration anlässlich des Jahrestags der Bombardierung Dresdens vom 13. Februar 1945 war es zu ungewöhnlich schweren Ausschreitungen gekommen. 3000 Rechtsextreme waren aufmarschiert, um der Bombardierung zu gedenken. Nach Angaben des Gewerkschaftsbunds stellten sich ihnen mehr als 21 000 Menschen in den Weg, die Polizei sprach damals von 12 000. Unter ihnen der nun angeklagte Stuttgarter.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann versuchten Totschlag in zwei Fällen vor. Während der schweren Ausschreitungen soll der Beschuldigte Polizisten mit Leuchtmunition beschossen haben. Die Anklage werde nun von der Jugendkammer geprüft, so der Sprecher des Landgerichts, Florian Bollacher. Wird das Verfahren eröffnet, ist schon bald mit einem Prozess zu rechnen. Nach der Dresdener Demonstration wurden zahlreiche Demonstranten angeklagt, wobei etwa 70 Fälle nach dem 'Wohnort-Prinzip' an die Landgerichte nahe den Wohnadressen der Beschuldigten verwiesen wurden.

Neben versuchtem Totschlag werden dem 23-Jährigen schwerer Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Wie die 'Sächsische Zeitung' berichtet, soll der Mann 'an zwei Brennpunkten in der Dresdner Südvorstadt nahe dem Hauptbahnhof Signalmunition gezielt auf Uniformierte abgefeuert haben - ganz in der Nähe der Kreuzung, an der Hunderte Demonstranten eine Sitzblockade errichteten, um einen Nazi-Aufmarsch zu verhindern'. In Dresden wurden mehr als 100 Beamte bei den Auseinandersetzungen mit Demonstranten aus dem links- und rechtsextremen Lager verletzt. Nach Presseberichten ist der Beschuldigte der linksautonomen Szene zuzurechnen und soll früher schon Polizisten angegriffen haben.

Die Dresdner Anti-Nazi-Proteste beschäftigen auch andernorts noch immer die Justiz.