Feuer den Knästen! - Knast-Spaziergang in München

Knast

Silvester: Während sich die ganze Stadt besäuft und in Feierlaune gerät um schließlich ein paar Stunden ausgelassen herumzuknallen, sich zu beglückwünschen und durch die Straßen zu torkeln, gibt es an jedem Tag und so auch an Silvester immer einige Individuen, die sich nicht an Vorschriften, Gesetze und den von den herrschenden diktierten Rahmen des Erlaubten halten. So geschah es dieses Jahr – so wie es international in etlichen Städten seit vielen Jahrzehnten Gang und Gebe ist - dass sich eine kleine Zusammenrottung von knapp zwanzig Leuten im allgemeinen Neujahrstaumel an die riesigen Gefängnismauern Stadelheims in Giesing wagte.

 

Die Architektur dieses 1500 Menschen einsperrenden Monstrums verhindert von vorneherein fast jede Kontaktaufnahme mit Gefangenen, da kein Sicht- oder Rufkontakt möglich ist. Der neben dem von Kameras umringten und fast nicht als Knast erkennbaren Frauen- und Jugendknast gelegene Männer- und Untersuchungshafttrakt wird von hohen Wachtürmen umgeben, deren panoptische Wirkung einem das Gefühl gibt immer gesehen zu werden. Um kurz vor Zwölf am Gefängnis angelangt, machte sich der Mob sogleich daran einen der Wachtürme ins Visier zu nehmen und so sah sich das im Turm trohnende Schwein mit etlichen auf sich zurasenden Raketen und Böllersalven konfrontiert. Einige Parolen für die Freiheit aller Gefangenen rufend und Knaller über die hohen Mauern werfend, konnte so mächtig Lärm geschlagen werden und Raum für eine gewisse Unübersichtlichkeit und Spontaneität geschaffen werden. Inmitten dieses Tohuwabohus wurden großflächige Parolen wie „Feuer den Knästen!“ an die Knastmauern gesprüht und schließlich dutzende Farbbeutel an die Mauern und den Wachtturm geschleudert, die dem Wärterarsch ganz schön die Sicht verdorben haben müssen. Nach einigen Minuten löste sich die wilde Versammlung auf und der kleine Haufen von Knastgegnern verschwand im Dunkeln der Nacht und im Chaos der Straßen in den ersten Minuten des neuen Jahres. Bevor die in den Giesinger Polizeikatakomben hockenden Bullen anrücken konnten, waren nur noch Spuren des kleinen Angriffs zu sehen. Um so höher die Mauern, um so schärfer der Stacheldraht, desto lautere und geschicktere Wege müssen gewählt werden, damit der Versuch an Isolation, Unterdrückung und Einsperrung zu rütteln und diese zu durchbrechen auch Gehör findet. Egal wie schnell sie bereinigt werden oder wie klein sie sind, die Spuren betonen für jeden ersichtlich und keiner weiteren Erklärung bedürftig die Dringlichkeit und Notwendigkeit des Angriffs auf die Knastgesellschaft und ihre Fundamente, sie ermutigen jeden gegen diejenigen zu rebellieren, die einem die Freiheit rauben oder es versuchen. Doch um an den Gitterstäben dieser Stadt zu feilen und den eigenen Unmut gegenüber jeglicher Autorität sichtbar zu machen, gibt es tagtäglich und überall Möglichkeiten und Gründe sich mit zerstörerischen Absichten zusammenzutun. Auch wenn es Vorteile haben mag im Schatten eines Festes wie Silvester zu handeln, haben wir uns an keine Tradition, an keinen Zeitplan und keine Vorschrift zu halten, wenn wir zuschlagen wollen. Und die Tentakel der Knaststruktur und ihrer Erhalter und Betreiber erstreckt sich über die Straßen der ganzen Stadt und sicherlich sind sie auch dort verwundbarer als da, wo sie sich hinter Panzerglas und Stacheldraht verstecken. Angefangen bei den Architekten und Baufirmen die im Inneren des Stadelheimer Knastes bald einen neuen Hochsicherheitsgerichtsaal errichten bis zu den Profiteuren der Zwangsarbeit im Knast gibt es viele Leute, die Geld daran verdienen oder die es sogar erfüllt, Leute einzusperren und jeglicher Selbstbestimmung und Würde zu berauben. Auch wenn es in dieser Nacht nur wenige Minuten waren, hat diese nächtliche Zusammenrottung nicht nur Spaß und Mut gemacht, sondern auch einigen Bütteln und Beschützern des Knastes klar gemacht, dass es nicht nur in den Mauern einen Haufen Leute gibt, die eins für sie übrig haben: Wurf- und Fluggeschosse.


Ja, auch hier draußen tummeln sich etliche entschlossene Feinde der Autorität, die nur nach passenden Momenten suchen um ihre angriffslustigen Leidenschaften zu entfesseln.

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