Jalloh wurde vermutlich angezündet

Erstveröffentlicht: 
12.11.2013

Vor knapp neun Jahren starb Oury Jalloh in einer Zelle der Dessauer Polizeiwache. Ein plötzlich ausgebrochenes Feuer tötete ihn. Seine Freunde sprechen seitdem von Mord. Eine Nachstellung der Ereignisse wirft nun neue Fragen auf.

 

Ein neues Gutachten zum Fall des Asylbewerbers Oury Jalloh, der in einer brennenden Polizeizelle starb, verweist auf die Beteiligung unbekannter Täter. Eine Nachstellung der Ereignisse habe gezeigt, dass Jalloh das Feuer in der Zelle in Dessau nicht selber gelegt habe, sondern etwa mit Benzin übergossen und angezündet wurde, sagten Vertreter der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ am Dienstag in Berlin. Sie beschuldigen die Polizei, Jalloh umgebracht zu haben. Die Staatsanwaltschaft kündigte neue Untersuchungen an.

 

Zusammen mit dem Brandgutachter Maksim Smirnou aus Irland hatte die Initiative die Polizeizelle teilweise nachgebaut und in mehreren Brandversuchen Matratzen und Schweinekadaver angezündet und die Ergebnisse gefilmt.

 

Die Zerstörung deutet auf Brandbeschleuniger hin

 

In der Auswertung ihrer Versuche kommen sie zu dem Schluss, die relativ schnelle und völlige Zerstörung der Matratze, das Ausmaß und die Intensität des Feuers und die Verkohlung des Körpers bis in tiefe Hautschichten seien nur durch fünf Liter eines Brandbeschleunigers, also etwa Benzin, möglich.

 

In Versuchen ohne oder nur mit zwei Litern Benzin sei die Matratze deutlich geringer verbrannt worden und der Tierkörper habe nur oberflächliche Verbrennungsspuren davongetragen.


Der Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann sprach von „sehr ernsten, überraschenden und zum Teil erschreckenden Informationen“. Jetzt müsse man sehr genau prüfen, wie man weiter vorgehe, weil einige Punkte früheren Gutachten in Deutschland widersprechen würden. Bittmann sagte: „Das kann nicht einfach weggewischt werden.“ Voraussichtlich müsse jetzt ein neues Gutachten durch die Ermittlungsbehörden erstellt werden. Er wies Vorwürfe zurück, dass die Ermittler absichtlich Erkenntnisse ignoriert hätten.

 

Die Justiz hatte in mehreren Prozessen keine Anhaltspunkte für eine Fremdbeteiligung am Tod des Asylbewerbers im Januar 2005 gefunden.

 

Strafanzeige wegen Mordes

 

Die Initiative stellte Strafanzeige wegen Mordes bei der Generalbundesanwaltschaft. In der Anzeige beschuldigen sie die Vertreter der Exekutive des Landes Sachsen-Anhalt, den Tod Jallohs verursacht zu haben.

 

Das Landgericht Dessau sowie das Landgericht Magdeburg waren zu dem Schluss gekommen, dass der Asylbewerber aus dem westafrikanischen Sierra Leone am 7. Januar 2005 das Feuer selbst gelegt hatte. Jalloh war sehr betrunken und hatte Kokain genommen. Die Polizisten hatten ihn an Händen und Füßen an die Liege gefesselt. Die genauen Umstände des Feuers konnten nie zweifelfrei festgestellt werden.

 

Bei dem Prozess in Magdeburg war im Dezember 2012 ein Polizist wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10 800 Euro verurteilt worden, weil er die Zelle nicht ausreichend überwacht hatte.