Neue Massentierhaltungsanlagen genehmigt

Schweinemastanlage ist genehmigt
Das Landesverwaltungsamt Halle hat den Aufbau und den Betrieb erlaubt

VON FRANK GROMMISCH, 12.08.09, 20:27h, aktualisiert 12.08.09, 22:30h

GERBISBACH/MZ. Die geplante Schweinemastanlage kann gebaut werden. Die
Genehmigung zum Errichten und zum Betrieb sei erteilt, informierte
Mittwochnachmittag Denise Vopel, Pressesprecherin des Landesverwaltungsamtes
Halle. Nach ihren Auskünften ist die Entscheidung bereits am Dienstag
gefallen. Da sie erst den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt werden sollte,
sei Mittwoch dann der Schritt an die Öffentlichkeit erfolgt.

Mit "umfangreichen Auflagen"

Das vom niederländischen Investor Harrie van Gennip geplante Objekt (eine
ehemalige Jungrinderanlage, die viele Jahre leer stand) kann demnach für 21
000 Schweine und 8 000 Ferkel genutzt werden. Die Genehmigung sei mit
"umfangreichen Auflagen" verbunden. Das betreffe insbesondere Immissionen
und Lärm. In dem Genehmigungsverfahren hätten sich keine Gründe ergeben, das
Errichten zu verweigern. Dass die Nachricht "keine Begeisterungsstürme" in
Gerbisbach und Umgebung auslösen werde, sei dem Landesverwaltungsamt
bewusst. Um den Anwohnern Belastungen zu ersparen, gebe es die "strengen
Auflagen". Die Genehmigung der Anlage werde voraussichtlich im September im
Amtsblatt des Landesverwaltungsamtes erscheinen. Danach bleibe einen Monat
Zeit, um Einwände vorzubringen. Auch würden die Unterlagen in der Jessener
Stadtverwaltung ausgelegt. Hierzu seien noch Absprachen zu treffen, so
Denise Vopel.

Projektmanager Helmut Rehhahn, der im Auftrag des niederländischen Investors
tätig ist, sieht mit der Entscheidung seinen Standpunkt bestätigt, dass "an
diesem Standort Schweineproduktion unter den heutigen technischen
Gegebenheiten gut möglich ist". Mit dem Bau werde nicht in den nächsten
Wochen, wohl aber in den nächsten Monaten begonnen. Dieses Jahr soll nach
dem jetzt laufenden Abriss auf jeden Fall noch etwas geschehen.

Gabriele Wolf, Sprecherin des Initiativkreises gegen die geplante
Schweinefabrik und Jessener Stadträtin (BBP - Bürgerinitiative Jessen), war
entrüstet, als sie von der in Halle getroffenen Entscheidung erfuhr. Sie
hatte noch am Morgen mit dem Landesverwaltungsamt telefoniert, ohne etwas
Konkretes zu erfahren. Auch bei den Naturschutzverbänden, mit denen die
Gerbisbacher zusammenarbeiten, war nichts bekannt. Von einer Information der
Verfahrensbeteiligten, wie es aus Halle hieß, könne somit keine Rede sein.
Der Initiativkreis werde in seiner Arbeit nicht nachlassen, sondern weiter
sachlich Unterlagen prüfen und Argumente vorbringen. Erst jüngst wurden von
den Schweinemastgegnern neue Berechnungen zur möglichen Stickstoffimmission
eingereicht. Die dabei ermittelten Werte seien höher gewesen, als die vom
Investor angegebenen. "Wir wollten damit den Behörden deutlich machen, dass
nach wie vor Überprüfungsbedarf besteht", sagte Gabriele Wolf entschieden.
Die in der jüngsten Vergangenheit gegenüber der Genehmigungsbehörde
vorgebrachten Analysen bezeichnete sie als Grundlage der weiteren Arbeit.
"Wenn sie nicht berücksichtigt wurden, wird das natürlich schwierig für das
Landesverwaltungsamt." Die Gerbisbacher hätten ohnehin den Eindruck gehabt,
dass dieses Verfahren investorenfreundlich geführt wurde. So habe Harrie van
Gennip fünf Anträge zur wasserrechtlichen Genehmigung einreichen können.
Undurchsichtig bleibe, warum Abbrucharbeiten aus dem Genehmigungsantrag
herausgelöst und ab Mai ausgeführt werden konnten, obwohl laut einer
Fauna-Flora-Habitat-Verträglichkeitsprüfung bis Ende Juli keinerlei
Bautätigkeit stattfinden sollte.

Forderung an die Politik

Hauptkritikpunkt der Gegner ist, dass die Investorenseite immer wieder
Unterlagen nachreichen, ihren Genehmigungsantrag nachbessern konnte. Nach
Meinung des Initiativkreises sei die Politik gefordert, die gesetzlichen
Regelungen für solche Genehmigungsverfahren endlich zu ändern. "Es muss
klarere Richtlinien geben."

Für den Initiativkreis ist nach der Nachricht aus Halle das weitere Vorgehen
deutlich abgesteckt: "Wir werden das von den Naturschutzverbänden rechtlich
überprüfen lassen." Absprachen mit dem BUND und dem Naturschutzbund hat es
bereits gegeben.

Wer ist eigentlich Helmut Rehhahn? Wir erinnern uns:

Hamburger Abendblatt 2008-03-31

 

Schweinezucht in der Ex-DDR - es riecht nach Korruption

 

Hamburger Abendblatt 2008-03-31 Schweinezucht in der Ex-DDR - es riecht nach
Korruption

 

Holländer wollen in riesigen Stallungen aus DDR-Zeiten Zehntausende Tiere
mästen. Die Firma wird unterstützt von einem Polit-Lobbyisten.
Bürgerinitiativen sprechen von "Schweine-KZ".

 

Von Barbara Möller

 

Wolmirstedt / Gerbisbach -

 

Rechtsanwalt Thomas schlägt vor Gericht einen munteren Ton an. Ja, meint der
eigens aus Krefeld angereiste Jurist jovial, sein Mandant habe damals halt
versucht, die Sache etwas zu beschleunigen. Es könne auch sein, dass in
Mahlwinkel über Geld gesprochen worden sei, und dem Gefühl nach sei das
natürlich unschön. Aber strafbar habe sich der Herr Rehhahn damit nicht
gemacht. Schließlich versehe die Frau Bürgermeisterin, der sein Mandant
möglicherweise 20 000 Euro angeboten habe, ihr Amt ja nur ehrenamtlich!

Nach dieser Pointe lächelt Rechtsanwalt Thomas die Richterin sonnig an. Die
sitzt sprachlos da. Dafür schwillt dem Staatsanwalt der Kamm: Nach Paragraf
57 Absatz 2 der Gemeindeordnung, donnert er, könne es nicht den geringsten
Zweifel daran geben, dass eine Amtsträgerschaft vorgelegen habe!

Der Herr Rehhahn ist nicht irgendwer. Er ist mal Landwirtschaftsminister im
Magdeburger Kabinett von Reinhard Höppner gewesen. Allerdings nicht lange.
Als bekannt wurde, dass Helmut Rehhahn Fördermittel in Höhe von 323 000 Mark
für seinen eigenen Hof kassiert hatte, hat der gelernte Landwirt im Mai 1996
nach knapp zweijähriger Amtszeit zurücktreten müssen.

Als SPD-Landtagsabgeordneter fiel Rehhahn anschließend nicht weiter auf,
erst 2004 brachte er sich der Allgemeinheit wieder kräftig in Erinnerung:
als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Unternehmensberatung
Magdeburg (UBM), die im Auftrag niederländischer Investoren Ländereien im
Osten Deutschlands akquirierte. Mit Vorliebe solche, auf denen noch alte
LPG-Gebäude standen. Riesige Stallungen aus DDR-Zeiten. Denn die Holländer
hatten vor, in den neuen Ländern das zu tun, was zu Hause nicht mehr
lukrativ war: Schweine in ganz großem Stil zu mästen.

Ein "Schweine-KZ" nennt Dieter Roloff von der Bürgerinitiative Mahlwinkel
das, was Harrie van Gennip mit Rehhahns Hilfe auch in seinem Dorf einrichten
will. Wie es in einem solchen "Schweine-KZ" aussieht, wurde den deutschen
Fernsehzuschauern vor einem Jahr im ARD-Magazin "Brisant" vorgeführt:
Schweine in Kästen, die so eng sind, dass die Tiere sich nicht mal umdrehen
können - auf einem sogenannten Spaltboden stehend, der das Ausmisten
überflüssig macht. Die Sonne sehen diese Tiere nur ein einziges Mal: Wenn
sie per Lastwagen in die Schlachtfabrik abtransportiert werden.

Sandbeiendorf in der Altmark, dreißig Kilometer nördlich von Magdeburg. Im
Gewerbegebiet am Rande des Dorfes hat sich nur ein einziger Investor
angesiedelt: die "Van Gennip Tierzuchtanlagen GmbH & Co. KG". Die Zufahrt
ist eine kaputte Betonpiste aus DDR-Zeiten, das Pförtnerhäuschen eine Ruine.
Ein Schild hinter der schmutzigen Fensterscheibe verspricht
"Qualitätssicherung im Land Sachsen-Anhalt", "Tierschutz" und "Transparenz".

Die Transparenz reicht allerdings nicht so weit, dass man Journalisten
Zugang zu den Stallungen gewähren würde. Erst sagt die junge Dame im
Verwaltungsgebäude, der Betriebsleiter komme gleich. Aber nach einem kurzen
Telefonat muss sie zu ihrer eigenen Überraschung bekannt geben, dass der
Betriebsleiter heute gar nicht mehr kommen kann.

In Sandbeiendorf, meint Helmut Rehhahn etwas herablassend, habe er "dem
Harrie geholfen, in die Spur zu kommen". Denn hier, in Sandbeiendorf, steht
die zurzeit größte Schweinemastanlage Deutschlands. Dort werden 65 000 Tiere
gemästet. Mahlwinkel ist von Sandbeiendorf gerade mal sieben Kilometer
Luftlinie entfernt. In dem 280-Seelen-Dorf will man van Gennip nicht auch
noch haben. Um die Pläne des Holländers zunichte zu machen, hat die Gemeinde
Anfang 2005 das Vorkaufsrecht auf ihren Anteil an dem Gelände ausgeübt, das
die Sowjets zu DDR-Zeiten als Flugplatz genutzt haben. Van Gennips Klage
gegen dieses Vorkaufsrecht wurde in zwei Instanzen stattgegeben. Als sich
der Gemeinderat weiter querstellte, soll es am 6. Dezember 2005 zu der
versuchten Bestechung gekommen sein, die zurzeit vor dem Wolmirstedter
Schöffengericht verhandelt wird. Mahlwinkels ehrenamtliche Bürgermeisterin
Karin Osterland, FDP, hat Helmut Rehhahn damals angezeigt. Der Minister a.
D. habe ihr 20 000 Euro dafür angeboten, dass sie die Gemeinderäte
"umstimme", gab die Gymnasiallehrerin zu Protokoll.

 

Rehhahn streitet nicht ab, irgendwann gesagt zu haben, dass er für die
Einstellung des Verfahrens eine Geldstrafe auf sich nehmen würde. Ein
Schuldbekenntnis kann er darin nicht erkennen, aber heute gibt er sich
kämpferischer. "Irgendwann", sagt der Sechzigjährige, "werde ich den
Freispruch kriegen!" Wenn nicht in Wolmirstedt, dann in der nächsten
Instanz. Und selbstverständlich wird ihn dann auch wieder Hans-Hein Thomas
vertreten, der Rechtsanwalt aus dem fernen Krefeld, der sich auch sonst um
die Angelegenheiten Harrie van Gennips kümmert.

Helmut Rehhahn sagt, in Mahlwinkel sei man angesichts der Lage jetzt zu
"Plan B" übergegangen. Plan B bedeute, dass man die Schweinemastanlage jetzt
in Cobbel baue. Den Cobbelern gehört auch ein Teil des ehemaligen
Militärflughafens. Wenn die Anlage auf deren Grund und Boden gebaut wird,
kriegen die Mahlwinkeler den Güllegestank und den Krach, den die vielen
Lastwagen machen werden, genauso ab.

Und deshalb haben die Mahlwinkeler kürzlich in Gerbisbach mitdemonstriert.
Da, wo van Gennip auch eine Schweinemastanlage einrichten will. Auf dem
alten LPG-Gelände am Rande des Dorfes, wo es dank der Schweine zu DDR-Zeiten
gestunken hat wie die Pest. Drei Kreuze hat man gemacht, als das vorbei war.
Und dann tauchte im Juni 2006 Helmut Rehhahn auf ...

Gerbisbach liegt dreißig Kilometer östlich der Lutherstadt Wittenberg. Auch
Gerbisbach ist umgeben von den riesigen Feldern einer ehemaligen
Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, auf denen man die Gülle, die
bei der Züchtung von Industrieschweinen tonnenweise anfällt, bequem
ausbringen könnte. Diese Gülle werde übrigens dringend gebraucht, behauptet
Helmut Rehhahn. Er erhalte ständig Anrufe von Landwirten, die wissen
wollten: "Wann kommt endlich die Gülle?" Schweinegülle, so Rehhahn sei der
beste Dünger der Welt. Und es werde garantiert nicht mehr lange dauern, bis
man sie den Bauern verkaufen werde, anstatt sie darum bitten zu müssen, sie
auf den Feldern ausbringen zu dürfen!

Für Thomas Rühmann ist Rehhahn deshalb ein Mann, "der lügt, dass sich die
Balken biegen". Der aus der ARD-Serie "In aller Freundschaft" bekannte
Schauspieler war einer von 600 Demonstranten, die in Gerbisbach gegen van
Gennip demonstriert haben. Rühmann kämpft seit Jahren gegen die Errichtung
von Tierfabriken in den neuen Ländern. Er spielt das Theaterstück "Mitten in
Amerika" überall da, wo sich die Holländer ankündigen; ein Stück nach dem
gleichnamigen Roman von Annie Proulx, in dem es um elend verreckende
Schweine, um atemberaubende Renditen und um die Zerstörung der Landschaft
geht.

Die erbitterten Proteste in Gerbisbach und Mahlwinkel, in Medow und
Heinersdorf, in Allstedt und Hassleben, in Grabow und in Pömmelte scheinen
die Holländer allerdings nicht sonderlich zu beeindrucken. Wie sagt
Ex-Minister Helmut Rehhahn, der nicht nur für Harrie van Gennip arbeitet,
sondern auch für die Schweinezüchter Mari van Genugten und die Gebrüder
Nooren? "Wenn die Anlage erst mal da ist, gewöhnen sich die Leute schon
dran."

Der Prozess gegen Helmut Rehhahn wird am Mittwoch vor dem Schöffengericht in
Wolmirstedt fortgesetzt. Das Strafmaß für Bestechung reicht von drei Monaten
bis zu fünf Jahren.

erschienen am 31. März 2008

 

Mittlerweile wurde Rehhahn verurteilt. Vermutlich ist er in Revision
gegangen. Ob es da schon ein Ergebnis gibt, ist mir unbekannt.

Auch aus MV gibt es wenig erfreuliches zu berichten, als wenn nicht die
Schweine-Pläne schon übel genug wären:

 

Nordkurier, Artikel vom 13.08.2009

Geflügelmast bei Lindenhof?

von thoralf plath

Demmin/Lindenhof. Bei Lindenhof ist offenbar ein weiteres Projekt der
Massentierhaltung geplant. Das geht aus einem Schreiben hervor, das das
Staatliche Amt für Umwelt und Natur (StAUN) Neubrandenburg an die
betroffenen Gemeinden des Amtes Demmin-Land verschickt hat. Demzufolge
beabsichtigen zwei Firmen, die Lindenhofer Hähnchenproduktion GmbH & Co. KG
sowie die Demminer Hähnchenproduktion GmbH & Co. KG, in der Feldflur
zwischen Lindenhof und Trittelwitz „den Bau zweier benachbarter Anlagen zur
Intensivhaltung von Mastgeflügel für insgesamt 300 000 Tierplätze“. Grund
des StAUN-Schreibens, datiert 8. Juli, ist die Unterrichtung über das
immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren für das Projekt. Für den
10. September hat die Umweltbehörde einen ersten Beratungstermin angesetzt,
in dem es vor allem um den Umfang des Untersuchungsrahmens für die
Umweltverträglichkeitsstudie gehen soll. Darum sind die Gemeinden
aufgerufen, ihre eventuellen Ergänzungen im Vorfeld des Scoping-Termins
einzureichen. Die Frist läuft am 21. August ab, doch noch hat sich keine
Gemeindevertretung mit dem Thema befasst. Lediglich der Meesiger Abgeordnete
Hartwig Woting schrieb, nachdem er Kenntnis von den Plänen bekam, dem StAUN
einen vorerst privat abgefassten Brief, in dem er „im Falle eines für die
Betreiber der Anlage positiven Prüfungsbescheides“ eine öffentliche
Protestwelle voraussagt: Massentierhaltung schaffe nur wenige Jobs, schade
dem Tourismus, verursache Umweltschäden. Mit solchen Anlagen werde „der Ruf
einer Region als Landschaftsschutzgebiet ruiniert.“

Das meinen auch die Kreistagsabgeordneten Heike Irmer und Jana Schäfer
(Bündnis 90/Die Grünen) in einer Pressemitteilung. Sie halten ein solches
Projekt der Massentierhaltung für „ein Unding“ – noch dazu innerhalb eines
ausgewiesenen Naturparkes. „So eine Landwirtschaft wollen wir nicht.“ Es sei
dringend geboten, dass sich die Gemeindevertretungen mit dem Thema befassen
und sich gegenüber dem StAUN positionieren. „Den Gemeinden kommt bei dem
Scoping-Termin eine ganz große Bedeutung zu.“