Berlin: Opposition klagt gegen polizeiliche Videoüberwachung bei Demos

Kamera im Anschlag. Demonstration werden grundsätzlich gefilmt, wenn die Polizei konkrete Straftaten erwartet. Der Berliner Senat hat im April 2013 auch Übersichtsaufnahmen ohne Verdacht auf Auseinandersetzungen erlaubt. FOTO: DPA
Erstveröffentlicht: 
24.09.2013

In seltener Eintracht machen Linke, Grüne und Piraten Ernst im Kampf gegen die Videoüberwachung von Demos: Sie klagen vor dem Landesverfassungsgericht in Berlin. Die Opposition hält die Videoüberwachung nämlich für verfassungswidrig.

 

Die Berliner Opposition klagt gegen das im April vom SPD-CDU-Senat verabschiedete Gesetz zum Filmen von Demonstrationen vor dem Landesverfassungsgericht. Dies erklärten Grüne, Linke und Piraten. "Das Gesetz ist verfassungswidrig, es schränkt das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ein", sagte Linke-Fraktionschef Udo Wolf am Dienstag. Es bringe selbst der Polizei wenig Vorteile, "schreckt aber sehr viele Demonstranten ab", sagte Grünen-Innenexperte Benedikt Lux. Das Gesetz erlaubt Übersichtsaufnahmen von Veranstaltungen, "wenn dies wegen der Größe oder Unübersichtlichkeit (...) zur Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes" nötig sei.

 

Grüne: Demonstranten durch Videoüberwachung unter Generalverdacht

 

Das Gesetz war vor dem 1. Mai 2013 verabschiedet und bei den Großveranstaltungen am Tag der Arbeit umgehend angewandt worden. Dies sei ohne erkennbaren Nutzen erfolgt - außer Demonstranten unter Generalverdacht zu stellen, sagte Lux am Dienstag. Bei Straftaten filme die Polizei ohnehin seit Jahren, und friedliche Massendemonstration hätte sie bislang ohne Kamera lenken können. Zudem sei kaum auszuschließen, dass Aufnahmen gespeichert und Teilnehmer herangezoomt würden, was verboten ist. Die Polizei, sagte Christopher Lauer (Piraten), treffe dahingehend "technisch und organisatorisch" keine Maßnahmen.

 

Piraten: Kriterien im Gesetz zur Videoüberwachung sind schwammig

 

Immer wieder hatten auch Juristen bemängelt, dass das Gesetz in der Praxis darauf hinauslaufe, dass man den Polizeiführern vor Ort nur vertrauen könne. Kontrollmöglichkeiten gebe es während eines Einsatzes kaum.

 

Der Piraten-Abgeordnete Lauer sprach am Dienstag auch davon, dass "Größe oder Unübersichtlichkeit" schwammige und rechtlich kaum definierte Kriterien seien. Schließlich entscheide wieder ein Polizeiführer mehr oder weniger eigenmächtig, ob eine friedliche Demonstration gefilmt werden solle.

 

Innensenator: Man sieht Klage zuversichtlich entgegen

 

Ein Sprecher von Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte: "Grundsätzlich sehen wir einer Klage zuversichtlich entgegen und gehen davon aus, dass das von der Koalition beschlossene Gesetz Bestand haben wird."

 

Ärger brachte das Gesetz schon im März dieses Jahres: Bei einer Anhörung im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses wies ausgerechnet auch ein vom Senat eingeladener Rechtsexperte darauf hin, dass der Entwurf die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes und des Landes zum Versammlungsrecht nicht klar voneinander abgrenze. Urteile diverser Gerichte hätten zudem klargestellt, "dass Übersichtsaufnahmen ein Grundrechtseingriff" seien, das Gesetz in der Vorbereitung also viel Sorgfalt verlange.