Dortmund: „SS-Siggi“ für den Stadtrat

Dortmund: „SS-Siggi“ für den Stadtrat
Erstveröffentlicht: 
09.09.2013

Die Neonazi-Partei „Die Rechte“ (DR) hat ihren „Spitzenkandidaten“ für die im Mai 2014 stattfindende Stadtratswahl in Dortmund gekürt: Siegfried Borchardt.

 

Als „bekannten, langjährigen Aktivisten der nationalen Bewegung“ präsentiert der Dortmunder Kreisverband der Worch-Partei den 59-jährigen Siegfried Borchardt („SS-Siggi“). Eine DR-Mitgliederversammlung wählte ihn am Sonntag an die Spitze der Reserveliste. Borchardt war in den letzten drei Jahrzehnten regelmäßig mit dabei, wenn Neonazis neue Organisationen aufbauten. „Die Rechte“ selbst nannte unlängst einige seiner Stationen in der tiefbraunen Szene: die „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“, die „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“, die „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“, die „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige“, die „Kameradschaft Dortmund“ oder der „Nationale Widerstand Dortmund“. Gemeinsam ist diesen Organisationen, dass sie allesamt mittlerweile verboten sind.

 

Vollständig ist die Aufzählung seiner Aktivitäten damit noch nicht: In den 80er Jahren machte der unter anderem wegen Körperverletzungsdelikten vorbestrafte Borchardt vor allem als Anführer der neonazistischen Hooligan-Truppe „Borussenfront“ Schlagzeilen. Insbesondere an diesen Teil seiner Biographie will „Die Rechte“, für die „SS-Siggi“ im Oktober vergangenen Jahres den Dortmunder Kreisvorsitz übernahm, offenbar anknüpfen: Mit Schwarz und Gelb – den Vereinsfarben von Borussia Dortmund – hinterlegt, findet sich auf einem Bild, womöglich einem Plakatentwurf, der Slogan „Von der Südtribüne in den Stadtrat!“

 

„Kandidaten aus den verschiedensten Spektren der nationalen Bewegung“

 

Glaubt man der „Rechten“, hat sie Kandidaten für alle 40 Dortmunder Stadtrats-Wahlbezirke gefunden. Außerdem will Christan Worchs Partei mit einer zehnköpfigen Reserveliste antreten und bei der Wahl der Bezirksvertretungen mitmischen. Wer außer Borchardt für die „Rechte“ auf den Stimmzetteln stehen soll, wurde nicht mitgeteilt. Es sei gelungen, „Kandidaten aus den verschiedensten Spektren, Parteien und Freundeskreisen der nationalen Bewegung in unserer Stadt zu vereinen“, hieß es lediglich: neben DR-„Aktivisten“ auch „zahlreiche parteifreie Nationalisten“, außerdem „konstruktive Mitglieder der NPD“ sowie „rechtsgerichtete Fußballanhänger von Borussia Dortmund“.

Insbesondere die NPD dürfte unter der Kandidatur der „Rechten“ leiden. Sie war bei der Ratswahl im August 2012 auf 1,9 Prozent gekommen und verfügt seither über eine zweiköpfige Gruppe im Stadtparlament. Finanziell eröffnete ihr das ganz neue Möglichkeiten: Die Arbeit der NPD-Gruppe wird mit jährlich knapp 40 000 Euro aus städtischen Mitteln bezuschusst. Sie muss befürchten, dass die neue Konkurrenz in „ihrem“ Wählerreservoir wildert und der Gruppenstatus verloren geht. Wie berichtet, wird die Auseinandersetzung zwischen der „Rechten“ und der NPD in der Ruhrgebietsstadt besonders rabiat ausgetragen. In ihrem Bericht über Borchardts Nominierung tituliert die DR den NPD-Kreisvorsitzenden Matthias Wächter aktuell einen „politisch isolierten Polizeizuträger“.

 

Brauner „Antikriegstag“ soll überleben

 

„Bis zum Wahltag am 25. Mai wird Dortmund nationale Werbung und politische Aufklärung in bisher nicht gekanntem Ausmaß erleben“, kündigt „Die Rechte“ schon einmal an. Vergleichsweise unspektakulär lief hingegen eine kleinere Demonstration der Partei am Samstag ab. Rund 50 Neonazis nahmen an der etwas mehr als einstündigen Veranstaltung teil, für die zuvor nicht öffentlich geworben worden war. Der Aufmarsch dürfte als „Testballon“ gedacht gewesen sein. Man habe ihn angemeldet, „um auch den Rechtsstatus einer antiimperialistischen Demonstration in Dortmund zu klären“, die durch „Die Rechte“ veranstaltet werde, hieß es.

Seit Mitte des vorigen Jahrzehnts hatte der „Nationale Widerstand Dortmund“ (NWDO) jeweils am ersten Samstag im September zum „Nationalen Antikriegstag“ ins Ruhrgebiet gerufen. Der NWDO ist nun verboten. Das braune „Antikriegstag“ soll aber überleben – nun unter dem Label „Rechter Antikriegstag“ und unter dem Schutz des Parteienprivilegs.