Türkei: Demonstranten wegen Tweets festgenommen

In Izmir, der drittgrößten Stadt der Türkei, sind im Rahmen der andauernden Proteste gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan 24 Menschen festgenommen worden, weil sie über Twitter zu Krawallen aufgerufen haben sollen. Das berichtet die Hürriyet Daily News am heutigen Mittwoch. Nach 14 weiteren Personen wird demnach noch gesucht. Es wurde nicht berichtet, wie die Identitäten festgestellt wurden.

 

Der lokale Vorsitzende der größten Oppositionspartei CHP habe sich noch in der Nacht nach den Vorwürfen erkundigt. Er habe erklärt, die Festgenommen würden lediglich eine Bewegung für ein gerechtes und freies Land unterstützen: "Wenn das ein Verbrechen ist, dann haben wir alle ein Verbrechen begangen." Ein weiterer CHP-Politiker habe nach dem Studium der Akten erklärt, er habe darin nichts gefunden, was "die Bevölkerung provozieren" würde. Einige Angehörige hätten dann sogar versichert, ihre festgenommenen Verwandten hätten überhaupt keinen Twitter- oder Facebook-Account.

 

Während der Demonstrationen, die sich ursprünglich gegen das Ende eines Parks in Istanbul richteten, ist Twitter in der Türkei zu einer wichtigen Informationsplattform geworden. Nutzer berichten unter Hashtags wie #direngeziparki, #geziparki oder #occupygezi auch von der Härte der Polizeieinsätze. Ministerpräsident Erdoğan gegen den sich die Proteste mehr und mehr richten, hatte Twitter am Sonntag als Plage bezeichnet. In einem Interview sagte er, "für mich sind die sozialen Medien die schlimmste Bedrohung von Gesellschaften".

 

Die Proteste haben laut dpa inzwischen 77 der 81 türkischen Provinzen erfasst, es gibt zwei Todesopfer zu beklagen. Am Dienstag habe sich dann aber Vizeregierungschef Arinç für die Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten entschuldigt. Staatspräsident Gül wiederum stellte die Proteste laut der Hürriyet Daily News in eine Linie mit der Occupy-Bewegung im Westen und wies Vergleiche zu den Aufständen in der Arabischen Welt zurück. "Vor zwei Jahren brannten Autos und Geschäfte in den USA, während der Revolten in Spanien füllten die Menschen Plätze und Occupy Wall Street dauerte Monate. Was in der Türkei passiert, ist das gleiche."
(mho)