Diskussionsveranstaltung zum DGB und 1. Mai

Diskussionsveranstaltung zum DGB und 1. Mai

Wann: Montag, 6. Mai, 19.30 Uhr
Wo: Karlsruhe, Planwirtschaft, Werderstr. 28

Kapital-Lesekreis Karlsruhe

 

Warum fordert der DGB am 1. Mai 2013
schon wieder dasselbe wie in den letzten Jahren?

„Gute Arbeit“ – „sichere Rente “ – …

Warum werden derart selbstverständliche Ansprüche ans Leben in diesem reichen Land immerzu gefordert und doch nicht verwirklicht? Warum ist eine Arbeit, die einen nicht gleich auffrisst und deren Entgelt ein schönes Leben samt Wohlstand im Alter ermöglicht, für Arbeitnehmer nicht oder nur in Ausnahmefällen zu haben?

Arbeit gibt es in diesem Wirtschaftssystem nur, wenn und nur solange Kapitaleigner einen Gewinn aus ihr herauswirtschaften. Deshalb ist „gute Arbeit“ nicht im Angebot: Der Lohn muss knapp sein, damit er sich rentiert; Leistungsdruck und Arbeitshetze sind im Sinn des Arbeitgebers „vernünftig“. Bleibt der Gewinn aber aus, werden Arbeitsplätze und Einkommen der Beschäftigten gestrichen. Und im Alter stellt sich heraus, dass – egal ob die Rente privat, betrieblich oder über Sozialkassen organisiert ist – die meisten Arbeitnehmer im Leben nicht genug haben verdienen und einzahlen können, um als Rentner „ein gutes Auskommen“ zu haben.

Es gibt also allen Grund, daran etwas zu ändern. Aber dafür müsste man sich gegen die „wirtschaftliche Vernunft“ des Kapitalismus aufstellen. Der DGB aber will diese Vernunft offensichtlich nicht bekämpfen, sondern am Jahrestag der Arbeit über ihre Folgen klagen. Und weil die alle Jahre die gleichen sind, braucht er seine Sätze aus dem Aufruf vom letzten Jahr heuer bloß geringfügig umzuformulieren: „Aus sicheren Arbeitsplätzen wurden oft unsichere Jobs … im Niedriglohnsektor. Immer mehr Beschäftigte leiden unter schlechten Arbeitsbedingungen und Stress…“

 

So wünscht sich der DGB wieder einmal:

„Gute Arbeit für alle“ und meint damit einen Mindestlohn von 8,50 Euro. – Ist es „gutes Geld für gute Arbeit“, wenn ein Vollzeit-Arbeiter sein Leben von ca. 1400 € brutto im Monat bestreiten muss?
„Gleiches Geld für gleiche Arbeit in der Leiharbeit“: Damit akzeptiert der DGB Leih-arbeit als Normalzustand. Ist die Welt voll guter Arbeit, wenn Leute, die täglich gefeuert werden können, für die Tage/Wochen/Monate, die sie in einer Firma sind, „equal pay“ erhalten?
• Der DGB fordert „eine Rente, die zum Leben reicht. Deshalb: Sofortiges Ende der Rentenkürzungen“. Die schon längst radikal gekürzten Renten sollen ein „gutes Auskommen im Alter“ sichern, wenn sie nicht weiter gekürzt werden? Kann man von diesen Renten wohl dann gut im Alter auskommen, wenn die nächste Verschlechterung unterbleibt?

Mit solchen Forderungen rufen die Gewerkschaften seit Jahren am 1. Mai zu Demos und Kundgebungen auf, ohne dass sich etwas daran ändert, dass die Unternehmer die Arbeitshetze verschärfen und Löhne senken und der Staat die Renten kürzt. Jeder Verschlechterung der Lebenslage der Lohnabhängigen läuft man mit dem Antrag hinterher, dass es doch bitte möglichst nicht noch schlechter werden soll.

Warum ist das so und warum bleibt es so?

 

Berthold Huber, der Hauptredner der Stuttgarter Maikundgebung und IG-Metall-Vorsitzender, erklärt, warum die Gewerkschaften nichts Entscheidendes dagegen tun wollen. Er kennt Situationen, in denen sich Gewerkschaften nicht gegen Verschlechterungen wehren sollten: Spanischen Gewerkschaften warf er im TV-Sender Phoenix am 16. September letzten Jahres als eine „Fehlentwicklung“ vor, dass sie für die Verteidigung der nicht gerade üppigen spanischen Reallöhne gegen Inflationsverluste gekämpft haben:

„Die spanischen Metallgewerkschaften haben in erster Linie den Reallohnausgleich als Sinn und Zweck ihrer Tarifpolitik gesehen. Weil wir hatten in Spanien ja in der Tat zwischen 4–7 % Inflationsraten. Damit haben die spanischen Gewerkschaften ihren Vorteil verspielt, dass sie nämlich billiger als die deutsche Industrie waren.“

Die spanischen Kollegen hätten mit ihrem Beharren auf Inflationsausgleich eine schöne Chance zur automatischen Lohnsenkung durch die relativ hohe Inflation in Spanien verpasst. Dabei hätten sie die Lohnkosten für ihre Kapitalisten im internationalen Vergleich erheblich verbilligen können, wenn sie einfach die Inflationsverluste hingenommen hätten. Eine erstaunliche Kritik eines Gewerkschaftsvorsitzenden an ande-ren Gewerkschaften! Seit wann haben es denn die Arbeiter so dick, dass sie für den Erfolg ihrer Kapitalisten großzügig auf einen Teil ihres Lebensstandards verzichten können? Den Gürtel können sie wohl beliebig enger schnallen?!

Wozu bekennt sich Huber damit? Zu Löhnen, die offenbar nicht in erster Linie dazu da sind, dass die Beschäftigten damit bezahlen können, was sie zum Leben brauchen. Sondern vor allem dazu, dass sie die Konkurrenzerfolge der Kapitalisten sicherstellen – auf Kosten ihrer Arbeitskräfte. Zugleich gibt er damit an, wie „klug“ die IGM unter seiner Führung ihre Chance genutzt hat. Sie hat die Inflationsrate in Deutschland seit der Finanzkrise mit ihren Lohnabschlüssen nicht ausgeglichen und damit eine Verbilligung ihrer Leute bewirkt, die für die deutschen Konzerne und den deutschen Standort äußerst vorteilhaft ist.

Am deutschen Lohnsenkungs-Vorbild sollen sich die europäischen Kollegen nun ein Beispiel nehmen! Was aber kommt heraus, wenn alle Gewerkschaften in Spanien und in ganz Europa Hubers Rezept befolgen? Nicht genug damit, dass die „Arbeitgeber“ seit Jahren die Lohnspirale durch die Erpressung ihrer Belegschaften mit Arbeitsplatzverlust nach unten drehen: Sollen die Gewerkschaften zusätzlich von sich aus den Kapitalisten ihres Standorts niedrigere Löhne zugestehen und ihre europäischen Nachbarn unterbieten, damit ihre nationalen Kapitale ihre europäischen Konkurrenten mit geringeren Lohnkosten fertig machen können? Haben denn die Arbeiter die Gewerkschaften nicht einmal für den umgekehrten Zweck erfunden? Wollten sie nicht einstmals durch ihren Zusammenschluss den Kapitalisten Löhne und Arbeitsbedingungen aufzwingen, an die sich alle Unternehmer halten müssen, damit die nicht reihum ihre Belegschaften mit dem Hinweis auf niedrigere Löhne bei Konkurrenten zu Lohnsenkungen erpressen können? – Der heutige IGM-Vorsitzende und der DGB sehen das anders: Sie wissen zwar, dass sich das kapitalistische System mit den Lebensnotwendigkeiten von Lohnabhängigen nicht verträgt.

Wenn aber für die Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen, also deren Gewinninteresse, auf Arbeiterseite Verzicht nötig ist, ist der für die IGM alternativlos. Daher tut sie nichts dagegen, wenn die Kapitalisten Lohnsenkungen usw. mit „Konkurrenzfähigkeit“ begründen. Sie steuert sogar noch etwas dazu bei, wie Huber die spanischen Kollegen belehrt. Es ist also kein Wunder, dass der DGB die Folgen, den Schaden für die Lohnabhängigen, seit Jahren anprangern kann. Wie immer am 1. Mai, deshalb praktisch folgenlos…

Damit ist auch klar, was die IG Metall in der anlaufenden Tarifrunde anstrebt. Der „faire Anteil am Aufschwung“ darf den erfolgreichen deutschen Unternehmen nicht die „Konkurrenzvorteile“ gegen die ausländische Konkurrenz wegnehmen, die sie sich mit der Senkung der deutschen Lohnstückkosten verschafft haben. So hilft die IG Metall, Arbeitslosigkeit in die anderen Länder Europas zu „exportieren“.

Das weiß der IGM-Vorsitzende auch. Deshalb wünscht er sich

 

… „ein soziales Europa“

Auch das passt zum 1. Mai: Vom 2. Mai bis zum 30. April müssen sich die Beschäftigten in die nationale Konkurrenz um europäische Standortvorteile einspannen lassen. Und am Jahrestag der Arbeit beschwört der DGB wegen der schädlichen Folgen dieser Konkurrenz soziale Korrekturen. Die Staaten Europas sollen ihren Werktätigen ein bisschen soziales Europa schenken, damit die weiter ihre Konkurrenz um Standortvorteile gegeneinander aushalten. Warum aber sollten das in dieser Konkurrenz erfolgreiche Staaten wie Deutschland tun? So wie diese die Konkurrenz ihrer Völker betreiben, fahren sie doch bestens!

 

Was wäre zu tun, statt „gute Arbeit, sichere Rente und ein soziales Europa“ zu beschwören?

Warum ist es ein Fehler, die Überschuldung der €-Länder im Süden den angeblich „faulen Griechen“ oder der „unflexiblen Tarifpolitik der spanischen Gewerkschaften“ anzulasten, für die vermeintlich „der deutsche Steuerzahler“ aufzukommen habe?

 

Darüber wollen wir am 6. Mai mit euch diskutieren.