[CH] Sauvage in Aarau

Nächtliches Tantvergnügen

Am 23. September 2013 wurde die leer stehende Liegenschaft an der Buchserstrasse 15 in Aarau für eine Nacht von insgesamt etwa 300 Tanz- und Feierfreudigen besetzt und zu neuem Leben erweckt. Auf zwei verschiedenen Floors wurde bis in die frühen Morgenstunden getanzt, die Stimmung war ausnahmslos gut und die Menschen haben es genossen, eine Party frei von herkömmlichen Regelungen und Zwängen zu verbringen. Diese Besetzung ist gleichzeitig auch den Startschuss für eine mehrmonatige Freiraumkampagne mit dem klaren Ziel, ein Autonomes Zentrum in Aarau zu eröffnen, die mit einem erneuten Nächtlichen Tanzvergnügen am 8. Juni enden wird.

 

Dass die unbewohnt leerstehenden Häuser an der Buchserstrasse und der geplante Abriss auf Vorrat blanker Hohn ist, in Zeiten, in denen die Mieten in die Höhe schiessen und vorwiegend Luxuswohnungen gebaut werden, ist bereits seit längerem Thema in Aarau. Doch auch die von mehreren Einwohnerräten lancierte Sammeleinsprache im Jahr 2012 konnte nichts an der momentanen Situation und der vorsätzlichen Zerstörung von dringend benötigtem Wohn- und Freiraum ändern.

 

So haben wir für einen Abend leere Räume zum Leben erweckt, sie mit Musik, Tanz und Beisammensein gefüllt und einen kleinen Ausschnitt dessen gezeigt, was anstelle einem sinnlosen Abriss auf Vorrat in intakten Häusern möglich ist. Doch diese Aktion steht nicht für sich alleine: Seit Jahren gibt es Aktionen gegen die Zerstörung von bezahlbarem Wohnraum und für ein Autonomes Zentrum. Und ein Ende der Aktionen ist nicht in Sicht...

 

Was wir uns zu erkämpfen versuchen ist nicht ein nur temporärer Freiraum, den wir uns unter Repression erkämpfen müssen, sondern einen langfristiger Ort in Form eines Autonomen Zentrums, in dem kontinuierlich etwas wachsen und entstehen kann. Wir wollen uns nicht durch fadenscheinige Floskeln seitens der Stadt ruhigstellen lassen, die besagen, dass Aarau durch seine Kultur- und Jugendräume schon genügend Möglichkeiten bietet, wie sich «die Jungen» verwirklichen und vom Alltag abschalten können. Denn wer in Aarau Alternativen nebst städtischen und konsumorientierter Kulturangeboten sucht, geht leer aus und muss zu allem dazu noch mit ansehen, wie intakte Häuser abgerissen werden und stattdessen mehrjährig andauernde Baubrachen das Stadtbild prägen.

 

Wir setzen unsere Hoffnung jedoch nicht in Behörden, sondern es liegt an uns, selbstverwaltete Freiräume zu schaffen. Wir kämpfen für einen selbstverwalteten Freiraum, in dem neue Gesellschafts- und Lebensformen gelebt werden können, in dem alle Beteiligten die gleichen Rechte und Pflichten sowie auch die gleiche Verantwortung haben. Ein Ort, der nicht für kapitalistische und staatliche Zwecke instrumentalisiert werden kann, sondern einen Gegenpol zum tagtäglichen Konsum darstellt. Während ständig Kritik über herumlungernde Jugendliche laut wird und verstärkte Repression in Form von Videoüberwachung und erhöhter Polizeipräsenz gefordert wird, bleibt die zugrundeliegende Perspektivlosigkeit aussen vor gelassen. Eine Perspektivlosigkeit, die wir alle nur zu gut kennen und der wir mit einem Autonomen Zentrum etwas entgegenhalten wollen.

Wir haben keine Lust auf Konsumzwang, Mackertum und (Party-)Patriotismus und bemühen uns deshalb um Freiräume, die auf Solidarität und gegenseitiger Hilfe basieren. Die eine Perspektive bieten, fernab von normierenden und ruhigstellenden Strukturen.

 

Um unseren Bestrebungen nach einem solchen Zentrum Nachdruck zu verleihen und um die Zeit bis zum nächsten Nächtlichen Tanzvergnügen nicht tatenlos wartend verstreichen zu lassen, werden verschiedene Aktionen unter dem Thema «Freiraum» in ganz Aarau stattfinden. Dass überall und auf verschiedenste Art und Weise um ein Stückchen Freiraum gekämpft wird, zeigt auch ein Farben-Flashmob im stillgelegten Torfeld-Süd-Areal. Etwa 20 mehrheitlich junge Menschen haben sich da für einen Moment ihren persönlichen Freiraum genommen um sich zu entfalten und mit Wasserfarben-Ballons etwas Farbe in den grauen Alltag zu bringen.

 

Wir betrachten die temporäre Besetzung der Buchserstrasse 15 auch als Teil des «Schwarzen Februar», eine Kampagne für den Erhalt und die Verteidigung autonomer und sozialer Freiräume weltweit. Solidarische Grüsse gehen daher an die ehemaligen Bewohner_innen des Squats «Lelas Karagiannis», der «Villa Amalias» und des «Skaramanga» in Athen, sowie den ehemaligen Bewohner_innen der von der Polizei zerstörten «Villa Rosenau» in Basel, die an die Nutzer_innen des räumungsbedrohten «Institut für vergleichende Irrelevanz» in Frankfurt am Main. Und auch in Zürich brodelt es gewaltig. Die seit 2006 bestehende und etablierte Autonome Zone Binz soll am 1. Juni zwangsgeräumt werden. Wir hoffen, dass dies mit grosser Solidarität und schlagkräftig-kreativen Aktionen verhindert werden kann!

 

 

Kein Abriss auf Vorrat!

(Zwangs-)Räumungen sabotieren!

Autonome Freiräume erkämpfen und verteidigen!