Sandburg'12 - Lasst das Träumen Sein

Sandburg

Sandburg’12: Lasst das Träumen Sein

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-> “Erziehungswidersprüche in der bürgerlichen Gesellschaft”

-> “Kritische politische Bildung und Pädagogik bei Antonio Gramsci”

-> „Utopienbildungsutopien“

-> “Konkrete Utopie und Bilderverbot in der Kritischen Theorie”

 

Hier unser kleiner Flyer: plakat a4-klein

 

Die Veranstaltungen im Detail:

 

“Erziehungswidersprüche in der bürgerlichen Gesellschaft”

Di, 19.06. UNI KN – H307, 13:30-16 Uhr


Mit mit prof. dr. morus markard (fu berlin, Arbeitsbereich Subjektforschung und Kritische Psychologie)

 

Erziehung ist eine Sonderform von Beziehung, in der allen gesellschaftlichen Widersprüchen zum Trotz Kinder zu nützlichen Gesellschaftsmitgliedern gemacht werden sollen, die nicht resignieren, die fleißig sind, die nicht gewalttätig werden, die nicht aus dem Ruder laufen. In Debatten um Erziehung geht es u.a. darum, gesellschaftliche Strukturprobleme pädagogisch, wenn nicht zu lösen, so doch in den Griff zu kriegen. Allerdings gibt es auch Erziehungsvorstellungen, Kinder darin unterstützen zu wollen, sich gegen derartige Zumutungen zu wehren.
Was bedeutet es nun, Kinder als Subjekte ernst zu nehmen? Grundsätzlich gilt aus subjektwissenschaftlicher Sicht: ErzieherInnen können nicht besser wissen, was gut für Kinder ist. Und: Wir können den Widersprüchen in unserer Gesellschaft nicht einfach und bruchlos eine fortschrittliche Intention, Haltung oder Praxis, also auch keine bruchlose Unterstützung von Kindern entgegensetzen. Das wäre die Illusion eines richtigen Lebens im falschen. Eine Vorbereitung auf eine selbständige (nicht: illusionär selbstbestimmte) Existenz ist immer auch Vorbereitung auf Verwertbarkeit, auf Anpassung, auf Unterwerfung, die möglicherweise als im Interesse des Kindes liegend ausgegeben wird.
Im Vortrag soll es darum gehen, mit welchen Fallstricken wir es zu tun kriegen, wenn wir versuchen, mit Kindern solidarisch zusammen zu leben, und darum, welche Möglichkeiten sich in dieser Perspektive bieten, die auch eine zur Veränderung der Gesellschaft ist.
Zwei vorbereitende Texte können auf asta.uni-konstanz.de gelesen werden.

 


 

Kritische politische Bildung und Pädagogik bei Antonio Gramsci

Vortrag: Do, 21.06. UNI KN – D436, 20:30 Uhr

Leseworkshop: Fr, 22.06. RadioRaum im Keller des DGB-Hauses (Beyerlestr. 1 beim Zähringerplatz), 10 Uhr


mit Andreas Merkens (Universität Hamburg, Zentrum für Ökonomische und Soziologische Studien)

 

Antonio Gramsci (1891-1937) war politischer Journalist, Aktivist der Turiner Rätebewegung und Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens. Seine postum veröffentlichten Gefängnishefte nehmen mittlerweile den Rang eines politischen und philosophischen Klassikers ein, der die internationale Debatte bis in die Gegenwart hinein prägt.
Der Workshop zielt nicht auf eine allgemeine Einführung in Gramscis Werk, vielmehr soll ein zentraler Aspekt seines Theoriegebäudes herausgegriffen werden: Die Bestimmung von Hegemonie als ein pädagogisches Verhältnis. Pädagogische Interaktionen lassen sich nicht auf die personelle Erzieher-Kind-Beziehung reduzieren, sondern sind als ein Strukturverhältnis auszumachen, das in Macht- und Herrschaftsbeziehungen eingelassen ist. In gemeinsamer Lesearbeit wird es dabei vor allem um die dialogische Aneignung der Kategorien und Denkansätze Gramscis gehen, seiner Entwürfe zur pädagogisch vermittelten Binnenstruktur hegemonialer Herrschaft.
Weiterhin sollen folgende Diskussionsfragen aufgegriffen werden: Welchen Beitrag können Gramscis Analysen für ein eingreifendes Verständnis gegenwärtiger Hegemonieprozesse leisten? Wie sind die Vielzahl von pädagogischen Diskursen, Konzepten und Anrufungen, mit denen wir alltäglich konfrontiert sind, in herrschende Politiken und Regierungsweisen eingebunden? Welche Anknüpfungspunkte eröffnen Gramscis Kategorien für eine emanzipatorische politische Bildung, in der das pädagogische Verhältnis, statt auf die Festschreibung von Entmündigung, auf die Überwindung von Herrschaftsverhältnissen ausgerichtet ist?
Vortrag und Leseworkshop können unabhängig voneinander besucht werden.

 


 

„Utopienbildungsutopien“

Film & Texte & Musik mit dem Sandburg-Team
Fr, 22.06. RadioRaum (DGB-Haus Beyerlestr. 1), 20Uhr



 

Konkrete Utopie und Bilderverbot in der Kritischen Theorie

Sa, 23.06. Astoria-Saal im Kulturzentrum am Münster/ vhs; Katzgasse 7, 20:30 Uhr


mit Roger Behrens (Lehrbeauftragter und Autor zur kritischen Theorie der Massenkultur, Popmusik und Sozialphilosophie)

 

Utopien bezeichnen eigentlich Nicht-Orte, also noch unentdeckte, unbekannte Städte, Länder, ganze Kontinente: sie heißen Atlantis, ›Nova Atlantis‹, ›Der Sonnenstaat‹, ›Stadt der Frauen‹ oder, berühmt und begriffsprägend, ›Utopia‹ …
Mit der Eroberung Amerikas verschwinden diese Utopien, beziehungsweise verlagern sich: vom Raum in die Zeit, vom begrenzen Raum (Planet Erde) in den unendlichen Raum (Weltall) und in das Reich der Phantasie – was schließlich dem Utopischen selbst einen Missklang einbringt, den Verdacht der weltvergessenen Realitätsferne, im Gegensatz zur Wissenschaft.
Utopien sind zu Wunschbildern geworden, populär, das heißt Teil des kulturellen Unterhaltungsprogramms, Spektakel und Sensation – und verlieren damit an kritischer Schärfe. Ist die Gesellschaft soweit fortgeschritten, dass eigentlich jede Utopie schon durch die Wirklichkeit überholt ist (oder überholt werden könnte)? Macht der Fortschritt die Welt zu einem unbewohnbaren Ort und zerstört somit jede Möglichkeit der Utopie? Oder ist es gerade jetzt wieder an der Zeit, die konkreten Utopien stark zu machen?