Der folgende Text ist eine Chronik der Dessauer Verhältnissse seit 1989.
Hier wird der rassitischen Faden deutlich der sich seit Jahren durch Dessau zieht:
Am 17.09.1989 belagern hunderte „Fussballfans“ ein Wohnheim für
Vertragsarbeiter aus Angola. Unter Parolen wie „Neger raus!“ fliegen
Steine. Die Polizei sperrt die Straße vor dem Wohnheim „wegen
Fußballspiel SG 89 – Chemie Leipzig“. SG 89 war der damalige Name des
späteren „FC Anhalt Dessau“, als dessen Nachfolgeverein die „ASG
Vorwärts Dessau“ sich sieht.
Am 02.03.1991 wird ein Brandanschlag auf ein Aussiedlerheim in Dessau verübt.
Im
selben Jahr, am 21.09., wird ein Asylbewerberheim in Dessau von
Jugendlichen angegriffen. Sie sind mit Steinen, Baseballschlägern und
Molotowcocktails bewaffnet.
Nur 7 Tage später dringen 5 Jugendliche,
wieder mit Steinen, Schlägern und Molotowcocktails bewaffnet, in das
selbe Wohnheim ein und rufen volksverhetztende Sprüche: „Ausländer raus“
Am
28.11.1991 greifen Dessauer Nazis eine Veranstaltung der jährlichen
„Friedensdekade“in der Johanniskirche in Dessau an. Die Teilnehmer
werden angepöbelt und körperlich attackiert.
Der „Rote Keller“,
ein PDS Treffpunkt, wird am 28.11.1991 von von ca. 20 Personen
angegriffen, darunter die selben, welche schon die Veranstaltung in der
Johanniskirche gestört hatten. Dabei werden 3 Antifaschisten verletzt,
einige Möbel zerstört und Autoreifen zerstochen.
Zur Jahreswende
91/92 werden auf dem Friedhof 3 das Mahnmal für die Opfer des
Alliierten Luftangriffs vom 07.03.1945 und das Denkmal für den Flieger
des 1. Weltkriegs mit Hakenkreuzen und Sprüchen wie:“ Die Juden sind
unser Unglück“ besudelt.
Am 17.07.1992 werfen ca. 20 Nazis Scheiben
eines Zuges am Hbf in Dessau ein und bedrohen zwei Asylbewerber aus
Afrika. Diese werden von der Polizei „aus Sicherheitsgründen im
Polizeirevier untergebracht“.
Auch im folgenden Fall sind wieder
Asylbewerber das Ziel von Angriffen: 40-50 Neonazis versuchen am
29.08.1992 das Asylbewerberheim in Dessau-Alten zu überfallen, werden
aber von der Polizei und ca. 20 Antifas daran gehindert.
Im Sommer 1993 werden 8 junge Neonazis aus dem AJZ gejagt, ihre mitgebrachten Baseballschläger lassen sie bei der Flucht zurück.
Am 09.07.1993 wird ein Brandsatz auf das Dach eines Asylbewerberheims geworfen. Er kann allerdings rechtzeitig gelöscht werden.
Das AJZ ist am 22.07.1993 Ziel einer Gruppe Neonazis, welche aber von der Polizei auf ihrem Weg aufgehalten werden.
Zwei
Tage später gelingt es den Nazis dann doch, das AJZ anzugreifen. Es
werden Fenster von Wohnräumen und des Cafés mit Steinen eingeworfen
sowie ein Fahrzeug demoliert.
Am 31.05.1994 wird im
Berufsschulzentrum ein deutschstämmiger Aussiedler von zwei Mitschülern
mit Sprüchen wie:“ Ausländer raus, Russen raus“ beleidigt und dann
geschlagen.
Im Juni 95 werden zwei Antifas von Neonazis zusammengeschlagen.
Anfang
Mai 1996 stürmen Neonazis die Wohnung eines Punks, schlagen den
Bewohner zusammen und werfen mehrere Menschen aus dem 2. Stock. Einer
entgeht nur knapp einer Querschnittslähmung.
Am Männertag 1996
werden Antifas von Nazis am Landhaus mit „Sieg Heil“ provoziert und
angegriffen. Die Nazis können mit Hilfe der Wirtin vertrieben werden.
Der damalige Oberbürgermeister Otto, welcher die Szene beobachten
konnte, zog es, vor das Landhaus zu verlassen. Im Stadtrat gab er dann
später an, nichts von alledem mitbekommen zu haben.
Das Jahr 1997
beginnt mit einer grausamen Tat: Vier Neonazis überfallen einen
alternativen Jugendlichen und übergießen diesen mit Benzin. Der Versuch
ihn anzuzünden, misslingt und er kann entkommen.
Am 31.01.1997
pöbelt eine Gruppe Nazis im Hbf und schlägt scheinbar wahllos
Jugendliche und Erwachsene zusammen. Es gibt mind. drei Verletzte.
In
der Nacht zum 09.02.1997 versuchen zwei Nazis, eine 16 jährige in ihr
Auto zu zerren und beschimpfen sie als „Zecke“. Sie wehrt sich und kann
entkommen.
Am 26.06.1997 greifen Nazis wieder am Hbf an. Diesmal
ist ihr Opfer ein Antifaschist, welchen sie treten und mit einer
Schreckschusspistole bedrohen.
Auch der Beginn des Jahres 1998
hat nichts Gutes zu bedeuten, da direkt vor einem Fenster des Cafes im
AJZ ein selbst gebastelter Sprengkörper detoniert.
Nach einem
Fussballspiel zwischen Dessau 05( linke Fans) und dem FC Anhalt
(Vorgängerverein der heutigen ASG Vorwärts) ziehen die Fans des FC
Anhalt am 11.10.1998 durch Dessau-Nord und rufen:„ Hier marschiert der
nationale Widerstand“.
Drei Tage Später gehen wieder Scheiben des AJZ zu Bruch und Autos von dortigen Cafegästen werden beschädigt.
Am 15.05.1999 verprügeln Nazis mehrere Jugendliche.
Zwei linke Jugendliche werden am 18.03.2000 von Nazis angegriffen und zusammengeschlagen.
Gegen
5:50 Uhr am 27.05.2000 werden ein Hakenkreuz und die Zahl 88 an das AJZ
gesprüht, leider können die Täter auch in diesem Fall entkommen.
Am 08.06.2000 wird wieder ein linker Jugendlicher von mehreren Nazis attackiert und verletzt.
Im Stadtpark wird am 11.06.2000 Alberto Adriano von 3 Nazis zusammengeschlagen und erliegt später seinen Verletzungen.
Wenige Tage später verprügeln Jugendliche einen Freund von Adriano im Rathaus-Center.
Am Hauptbahnhof wird am 20.06.2000 ein Afrikaner mit dem Messer angegriffen.
Wieder wenige Tage später werden zwei Punks vor einem rechten Szenelokal zusammengeschlagen.
In
Dessau-Nord werden am 29.10.2000 eine Frau und drei Männer aus der
linksalternativen Szene von drei Neonazis angegriffen. Zwei Männer
werden brutal zusammengeschlagen und einer wird von einem Kampfhund
angegriffen. Die beiden Schwerverletzten müssen mehrfach operiert
werden, wobei einer eine Gesichtslähmung und einen Sehverlust auf einem
Auge davon trägt. Einer der Täter war Ronny Besch, welcher vor kurzem
wieder in Erscheinung getreten ist, als er eine Spontandemo in Dessau
angemeldet hat.
Ende Oktober 2000 überfallen zwei Neonazis (sich
als Kriminalbeamte ausgebend) im Fürst-Leopold-Carre zwei Afrikaner,
fesseln diese und zwingen sie, in ihr Auto einzusteigen. Ein paar
Straßen weiter werden sie freigelassen, allerdings erst nachdem sie
beraubt worden sind.
Am 17.3.2001 überfallen mehrere Neonazis zwei linke Jugendliche am Wörlitzer Bahnhof. Ihnen werden Geld und Handys abgenommen.
Im
Oktober des selben Jahres wird ein junger Syrer auf offener Straße
angepöbelt und geschlagen. Die Angreifer versuchen ihn mit Aussagen wie:
„Wir sind Deutsche“, einzuschüchtern.
Nur wenige Tage später ist
wieder ein syrischer Mitmensch das Ziel von fremdenfeindlichen
Attacken. Die Täter schlagen grundlos auf ihr Opfer ein.
Im Hbf
vertreibt ein Gastwirt am 10.02.2002 zwei Linke aus seiner Kneipe, indem
er laut Rechtsrock spielt und deutlich macht, dass er „Nationalist“ sei
und „Zecken“ hassen würde.
Am 26.02.2002 werden drei Marokkaner am Hbf von Nazis angegriffen.
Am
02.03.2002 machen Nazi-Hools (Fans des FC Anhalt) Jagd auf Linke,
welche am Bahnhof mit einer Flugblattaktion auf den Vorfall vom 10.2. in
der Bahnhofskneipe aufmerksam machen wollen.
Das AJZ ist am 15.03.2002 Angriffsziel von rechten Steinwerfern, welche allerdings schnell vertrieben werden können.
Im
November 2002 wird der Obdachlose Mario Bichtemann von der Polizei in
Gewahrsam genommen. Nach 15 Stunden Inhaftierung in der Zelle Fünf des
Polizeireviers in der Wolfgangstraße verstirbt er an den Folgen eines
Schädeldachbruch. Die Ermittlungen gegen die verantwortlichen Beamten
werden eingestellt.
Am 16.05.2003 wird ein alternativer
Jugendlicher von einem amerikanischen Austauschschüler, welcher sich mit
Mitgliedern der „Freien Nationalisten Dessau“ angefreundet hatte, vor
dem AJZ mit einem Messer in den Rücken gestochen und musste daraufhin
operiert werden.
Im Stadtpark wird am 30.06.2003 ein
afrikanischer Flüchtling von zwei Polizeibeamten tätlich angegriffen,
geschlagen und zu Boden geworfen, bevor sie sich zu erkennen geben und
ihn verhaften. Das Opfer kann sich ausweisen und muss sowohl vor Ort als
auch im Präsidium Leibesvisitationen über sich ergehen lassen.
Am 21.07.2003 wird ein alternativer Jugendlicher von stadtbekannten Nazis auf offener Straße zusammengeschlagen und -getreten.
Bierflaschen fliegen 02.11.2003 auf das AJZ, wobei die Täter unerkannt fliehen können.
Am
15.01.2004 wird ein alternativ aussehender Mann am Bahnhof von Nazis
angegriffen und in das Gesicht geschlagen. Noch am selben Tag trifft es
dort einen alternativen Jugendlichen. Er wird von ca. 7 Nazis
attackiert.
Der Hauptbahnhof ist auch am 01.02.2004 wieder
Schauplatz eines rechten Gewaltaktes. Neun linke Jugendliche werden von
Nazis mit Reizgas und Baseballschlägern angegriffen. Die Opfer erleiden
zum Teil schwere Verletzungen.
Am 07.01.2005 verbrennt Oury Jalloh in einer Zelle im Polizeipräsidium. Der Fall ist bis heute nicht geklärt
Im Juli 2005 werden zwei Afrikaner am Hbf angegriffen. Sie setzen sich zur Wehr und verjagen die Angreifer.
Am 24.12.2006 versuchen Nazis, in das AJZ zu gelangen. Eine Scheibe der Eingangstür geht dabei zu Bruch.
Vor dem Café „Alpha“ werden 21.01.2007 zwei alternative Jugendliche von Nazis überfallen und brutal zusammen geschlagen.
Zwei alternative Jugendliche werden am 19.04.2007 von mehreren Nazis an einer Kaufhalle zu Boden geschlagen und getreten.
Das Zyklon B-Mahnmal wurde in der Nacht vom 19/20.04.2007 mit schwarzer Farbe besprüht.
Im
September 2007 greifen rechte Jugendliche einen afrikanischen
Asylbewerber in der Nähe des Hbfs an. Sie ziehen ihn vom Fahrrad und
beleidigen ihn.
Am 03.02.2008 verprügelt ein Nazi einen
linksalternativ Aussehenden auf dem Marktplatz. Als dieser auf dem Boden
liegt, wird ihm noch ein paar Mal in das Gesicht getreten.
Das AJZ wird am 26.07.2008 mit Pflastersteinen beworfen. Die Täter können unerkannt flüchten.
In der Nacht zum 1. August 2008 wird der 50 jähriger Obdachlose Hans-Joachim Sbrzesny aus Halle von zwei Nazis am Hbf ermordet.
Im
Dezember des selben Jahres greifen vermummte Nazis eine Gruppe
Jugendlicher mit alternativem Aussehen an und verletzten diese mit
Schlägen, Tritten und Reizgas.
Zwanzig Vermummte greifen am
19.01.2009 das AJZ an, stemmen die Tür auf und können von einem
reaktionsschnellen Vereinsmitglied zurückgedrängt werden, welcher dann
die Tür schließen kann.
Am 08.05.2009 werden innerhalb weniger Minuten zwei alternative Gruppen von Nazis angegriffen und mit Flaschen beworfen.
Am
12.03.2011 räumen Polizisten brutal eine Sitzblockade junger
Antifaschisten in der Zerbster Straße, welche sich dem jährlichen
Naziaufmarsch in Dessau entgegen stellten. Es gibt zum Glück nur leichte
Verletzungen. Der Naziaufmarsch fndet in Dessau jährlich seit 2005
statt und wurde bereits im Vorfeld bis 2014 angemeldet.
Im Jahr
2011 versuchen Nazis und Hools, das Sommer- und das Herbstfest des AJZ
zu stören und provozieren die anwesenden Personen. Sie werden des
Platzes verwiesen.
Am 07.01.2012 greifen Polizisten am Hbf in die
friedliche Gedenkdemo für Oury Jalloh ein und versuchen Transparente zu
entreißen. Dabei kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und
Demonstranten. Zwei Personen werden zu Boden geschlagen, darunter der
Anmelder der Demo.
Am 21.2.2012 soll ein Nichtweißer einen Weißen
– ausgerechnet Spieler des rechtslastigen Fußballvereins ASG Vorwärts
Dessau – niedergestochen haben, weil dieser sich in einen vermeintlichen
Raub eingemischt hätte.
Was folgte waren zwei Demonstrationen mit
bis zu 400 Teilnehmer_innen, bei denen sich unter Sprechchören wie
„Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ und „Hier marschiert der
nationale Widerstand“ klare Neonazis mit rechten Hools,
Stammtischrassist_innen und sich ihres Rassismus` nicht einmal bewussten
Wutbürgern mischten. Auch das Ordnungsamt der Stadt als
Versammlungsbehörde hatte kein Problem mit den Anmeldern, die beide als
rechts bekannt sind, und machte sich auf diese Weise zum
Erfüllungsgehilfen des rassistischen Mobs.
Angesichts dieser Dimension des rassistischen Normalzustandes
ist eine klare, antifaschistische und antirassistische Intervention in
der Stadt von Bauhaus und Zyklon B bitter nötig.
Zeigen wir, dass wir solche Verhältnisse nicht widerspruchslos hinnehmen! Ob in Dessau, Plauen, Velbert oder sonstwo!
Auch wenn dies nur ein Anfang sein kann: kommt am 25. Februar zur überregionalen, antirassistischen Demonstration nach Dessau!
Den rassistischen Konsens brechen – Dessauer Verhältnisse angreifen!
Oury Jalloh – das war Mord!
dessauerverhaeltnisse@riseup.net
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